Seit rund 2.700 Jahren sind Münzen in Gebrauch. Erfunden wurde diese praktische Kulturtechnik in der heutigen Türkei. Schon die ersten Münzen waren Produkte damaliger Spitzentechnologie. Sie sahen aus wie Gold, bestanden aber aus einer Legierung von Gold und Silber, dem sogenannten Elektron. Die Gewinnung des Metalls und die Herstellung der immer gleichen Legierung der Münzschrötlinge erforderte gute metallurgische Kenntnisse. Von vornherein gab es auch eine Stückelung der Münzen in bis zu neun verschiedene Werte, sogenannte Nominale, und das Gewicht jeder Münze war sehr genau.

Die ersten Jahrzehnte der Münzprägung blieben dem Elektron vorbehalten. Dies ist durchaus bemerkenswert, denn die im Elektron bestehende Mischung aus Gold und Silber eröffnete dem Herausgeber (Münzherrn) verschiedene Möglichkeiten, den Geldmarkt und das Produkt zu beeinflussen. In der Regel übersteigt der Wert, den der Münzherr der Münze zumisst, den Materialwert. Der sogenannte Schlagschatz deckt die Produktionskosten ab und bietet einen Gewinn. Die Nutzenden der Münze vertrauen dem Münzherrn, dass sie damit Produkte zu dem von diesem garantierten Wert eintauschen können. Der Materialwert der Münze bietet eine gewisse Sicherung, insbesondere, wenn die Münze das vorgesehene Umlaufgebiet verlässt. Die Nutzung einer Legierung konnte drei Gründe haben: Da die Herstellung aufwendig war, wurden Fälschungen erschwert. Umgekehrt konnte man verhindern, dass die Münze gleich wieder eingeschmolzen und zu einem goldenen Schmuckstück verarbeitet wurde. Zum dritten konnte man durch die Hinzufügung von Kupfer als drittem Element den Goldanteil verringern und das Produkt so manipulieren. Spätestens unter dem sagenhaften König Kroisos ging man um die Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. dazu über, Münzen in reinem Gold und Silber zu prägen. Mit Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. kam dann die Bronze als ein weiteres Münzmetall hinzu.

Münzen erfüllen vier Funktionen. Sie dienen der Wertaufbewahrung, sie sind Recheneinheiten, sie sind Zahlungs- und Kommunikationsmittel. Viele Gesellschaften funktionieren ohne Münzgeld. Weder die Hochkulturen des Vorderen Orients oder Ägyptens noch die Minoer oder die homerische Gesellschaft kannten das Münzgeld. Handel erfolgte als Tauschgeschäft: Fische gegen Stoffe, Getreide gegen Vieh, Vieh gegen Waffen oder Schmuck. Wertbeständiges Metall, das aufgrund seiner Haltbarkeit für den Fernhandel gut geeignet war, wurde nach Gewicht getauscht. Der Wert des Metalls richtete sich nach dem Aufwand der Gewinnung, der Seltenheit und der Metalleigenschaften. Gold ist am aufwendigsten zu gewinnen und war stets 12- bis 20-fach wertvoller als Silber. Heute liegt die Gold-/Silber-Ratio meist über 70. Beide Metalle lassen sich gut bearbeiten und eignen sich aufgrund ihrer Eigenschaften gut für Schmuck. Durch Zulegierung unedler Metalle werden die Münzen härter und haltbarer. Dadurch sinkt aber auch ihr Metallwert. Das sogenannte Greshamsche Gesetz besagt, dass im Laufe der Zeit guthaltige Münzen durch minderwertige ersetzt werden. Durch zu schnelle Münzverschlechterung kann ein Münzherr das Vertrauen in das Wertaufbewahrungsmittel beschädigen, Inflation und Staatskrisen auslösen. Das Münzgeld dient als Recheneinheit, da es Produkte oder Arbeit bepreist und so vergleichbar macht. Münzen werden dadurch zu einem Kommunikationsmedium innerhalb von Wirtschaftssystemen. Durch die immer gleichen Gewichte kann der Nutzer sich die Verwendung einer Waage ersparen und braucht nur dann den Geldwechsler als Experten, wenn Währungen zu tauschen sind oder Zweifel an der Echtheit aufkommen. Münzbesitz erhöht die Mobilität der Menschen. Nicht zuletzt sind Münzen Träger von Text- und Bildbotschaften. Sie waren das einzige Massenmedium der Antike und transportierten die gewünschten Mitteilungen bis in die entlegenen Gegenden der jeweiligen Herrschaftsgebiete und gelegentlich auch darüber hinaus.

Münzen sind sogenannte Primärquellen. Sie zeigen, wie ein Münzherr sich den Nutzenden präsentierte. Das kann zuweilen auch verstörend sein. Die Ermordung des Gaius Iulius Caesar im Jahr 44 v. Chr. durch römische Senatoren wurde in der antiken Geschichtsschreibung einhellig verurteilt. Der Attentäter Marcus Iunius Brutus ließ in seiner Feldmünzstätte jedoch Münzen prägen, auf denen er behauptete, durch die Ermordung Caesars habe er der versklavten Römischen Republik die Freiheit wiedergegeben. In dieser Überzeugung starb er 42 v. Chr. in der Schlacht bei Philippi. Der römische Bürgerkrieg ging aber weiter und brachte noch manche Münze hervor, die einen unverstellten Blick auf die Umbruchzeit zwischen der späten Republik und der Alleinherrschaft des Augustus ab 30 v. Chr. bieten. So ließ sich Marcus Antonius gemeinsam mit der ägyptischen Pharaonin Kleopatra auf Münzen darstellen, was ihm von Gegnern in Rom den Vorwurf einbrachte, selbst eine Königsherrschaft über Rom anzustreben. Von manchen Orten, die wir nur dem Namen nach kennen, zeigen deren Münzen, was den Prägeverantwortlichen wichtig war: welche Götter verehrt, welche Güter produziert wurden u. a.

Der Zeugniswert alter Münzen und ihre identitätsstiftende Funktion wurde schon in der Antike erkannt und genutzt. Das Wissen um die Haltbarkeit von Münzen führte im Jahr 536 n. Chr. zu folgender Ermahnung an den Leiter des Schatzamtes: »Du lässt Münzen schlagen, damit sie künftigen Jahrhunderten von unseren Zeiten Nachricht geben.« Im Mittelalter gehörten den Reliquien auch vielerorts die »Dreißig Silberlinge« an, für die Judas Jesus Christus verraten habe. Die Münzporträts auf Karl den Großen (um 800) und den Stauferkaiser Friedrich II. (1197–1250) sind ohne die genaue Kenntnis antiker römischer Münzbildnisse nicht vorstellbar. Seit der Renaissance werden alte Münzen gesammelt und in Systemen geordnet. Die Anlage einer Münzsammlung war auch Gelehrten und Bürgerlichen möglich, die nicht über die Geldmittel des Adels verfügten. Und bis heute ist das Sammeln alter Münzen ein weit verbreitetes Hobby: In Deutschland ist es zurzeit nach dem Sammeln von Büchern das zweitbeliebteste Sammelgebiet. Die Motive dafür sind so vielfältig wie die Sammlerpersönlichkeiten selbst. Häufig ist als Grund zu hören, Geschichte im wörtlichen Sinne begreifen zu wollen. An die Idee des Reliquienkultes etwa erinnert die Aussage, man wolle eine Münze haben, die Jesus in der Hand gehalten haben könne. Bis heute dauert auch die Aufgabe an, die Prägetätigkeiten früherer Zeiten zu rekonstruieren. Im Laufe der Zeit hat sich aus verschiedenen Fragestellungen das wissenschaftliche Fach Numismatik (von nomisma = griechisch für Münze) gebildet. Es hat eigene Methoden; ein weiteres Merkmal ist, dass sich auch interessierte Sammler am Forschungsfortschritt beteiligen. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts bietet die digitale Transformation Chancen zu neuen Erschließungswegen und Erkenntnisgewinn im Verbund der Geisteswissenschaften.

Die Medaille ist die kunstvolle Schwester der Münze. Sie unterscheidet sich von dieser vor allem durch ihre Funktion. Die Münzprägung ist ein Hoheitsrecht. Hinter jeder Münze steht eine Autorität, z. B. ein Staat, die den Wert des Zahlungsmittels festlegt und garantiert. Dagegen kann jede und jeder eine Medaille in Auftrag geben. Eine Medaille ist kein Zahlungsmittel. Dieser sehr grundsätzliche Unterschied kann gar nicht genug betont werden. Eine Medaille kann aber viele Eigenschaften der Münze aufweisen, wie ihr Material, ihre Herstellungsweise und Größe, was zu Verwirrungen führen kann. Ganze Geschäftsmodelle beruhen darauf, dass Kunden suggeriert wird, Medaillen seien mit Münzen gleichzusetzen. Wenn eine Medaille etwa einer 20-Euro-Gedenkmünze im Aussehen ähnelt und sogar von einer Staatlichen Münzprägeanstalt mit denselben Prägewerkzeugen wie eine Münze hergestellt wurde, kann geschicktes Marketing unter Verwendung von Begriffen wie »Volksmedaille« oder dem Einsatz der Deutschlandflagge suggerieren, das Stück mit sehr viel geringeren Produktionskosten sei wenigstens 20 Euro wert. Zeitschriften sind voll mit Anzeigen, die bei Kunden, die darauf hereinfallen, Enttäuschung verursachen. Denn diese erzielen beim Wiederverkauf ihrer Medaillen meist nur maximal den viel geringeren Materialwert. Manchmal wäre zu wünschen, dass wie bei Zigaretten diese Anzeigen mit dem Warnhinweis versehen werden müssten: »Achtung. Diese Medaille gefährdet Ihren Geldbeutel!«. Zur Verwirrung trägt vielleicht auch bei, dass unsere 20-Euro-Gedenkmünzen nur in Deutschland gesetzliches Zahlungsmittel sind, im übrigen Euro-Raum aber nicht.

Die Personenmedaille ist eine Erfindung der Antike. Sie ging aus der Münzprägung hervor, die zunächst Herrscher wie die persischen Großkönige, ihre Satrapen oder makedonische Könige abbildete. In der mittleren römischen Republik begannen die Münzmeister, Verdienste ihrer Familien und Vorfahren auch auf Münzen zu preisen. Bildnisse lebender Personen entstanden zuerst in den mobilen Heeresmünzstätten von Feldherren wie Sulla und Caesar. Augustus bildete ein neues Regierungssystem, das ganz auf die Herrschaft einer einzelnen Person aufgrund seiner »auctoritas« ausgerichtet war. Es wurden Porträts geschaffen, die auf die individuelle Wiedererkennbarkeit der Angehörigen des Herrscherhauses setzten. Ihre Bildnisse wurden nicht nur mit Statuen und Porträts, sondern auch millionenfach in Form von Münzporträts bis in entlegene Regionen des Römischen Reiches verbreitet. Gleichzeitig entstanden Medaillen mit den Porträts der römischen Kaiser. In Gold und Silber waren sie häufig Multipla von Gold- und Silbermünzen. Diese wurden gerne als wertvolle Geschenke (donative) genutzt. In Bronze ausgeführt, beeindruckten nicht der materielle Wert, sondern die Größe, die künstlerische Ausführung und die Wertschätzung, die der Beschenkte mit der Gabe erfuhr. Die Wiederentdeckung des Individuums in der Renaissance führte zu einer erneuten Blüte der Personenmedaille, die als Freundschaftsgabe und Erinnerungszeichen verstanden und nun auch im Bürgertum populär wurde. In den »Wahlverwandtschaften« beschreibt Johann Wolfgang von Goethe, selbst ein Medaillensammler, wie Medaillen gebildete Unterhaltungen und Gespräche flankieren konnten. Auswüchse der Diktaturen mit ihrem Personenkult und ein tiefes Misstrauen gegenüber der Überhöhung Einzelner brachten auch die Personenmedaille in Verruf. Das Medaillenporträt als Gattung der Reliefkunst wird heute von verhältnismäßig wenigen Bildhauerinnen und Bildhauern auf hohem Niveau gepflegt. Negativbeispiele wie die Personenmedaillen, die im Zusammenhang mit dem Berlinmarathon auf frühere Sieger entstehen, gibt es dagegen leider viele. Die Münzkabinette gehören aber zu den Einrichtungen, die die Medaillenkunst schätzen, und es ist ihnen nicht egal, welche Münzen und Medaillen von unserer Gegenwart Zeugnisse für zukünftige Generationen sein werden. Darin sind wir uns einig mit dem Münzmeister des 6. Jahrhunderts. Wie in anderen Kunstgattungen entscheiden aber auch bei der Kunstmedaille vor allem die Sammler aufgrund ihres individuellen Geschmacks, welche Objekte die Zeiten überdauern.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 4/2025.