Münzen gibt es seit mehr als 2.500 Jahren, sie sind die erfolgreichste Form des Geldes. Über die wirtschaftliche Funktion hinaus waren die Bilder und Legenden der Münzen auch wichtige Medien der zeitgenössischen Kommunikation. Für die Geschichtswissenschaften sind sie wiederum eine wichtige Quelle zur Rekonstruktion vergangener Zeiten. Keine andere Quellengruppe ist so vollständig überliefert wie die Münzen: Von nahezu jedem ausgeprägten Bildtyp hat sich in der Regel zumindest eine Münze bis heute erhalten. Besonderes Gewicht besitzen Münzen als Quelle für Epochen ohne detaillierte schriftliche Überlieferung, wie die Antike.
Die ersten Münzen wurden um die Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. im lydischen Kleinasien hergestellt. Sie bestanden aus einer Gold-Silber-Legierung, dem Elektron, das in sorgfältig unterteilten Gewichtsstufen von 17,5 bis hinunter zu 0,15 Gramm ausgegeben wurde. Die vorgefertigten und genormten Metallstücke ersparten das Abwiegen und ermöglichten beim Tausch ein komfortables Zählen. Ein Siegel garantierte Gewicht und Substanz. Häufiges Symbol war der Löwe, der als Wappen der herrschenden Mermnadendynastie auf den lydischen König als Prägeherrn verwies.
Die Idee normierter Metallstücke wurde schon bald in der benachbarten griechischen Welt übernommen. Vorherrschendes Metall war Silber, welches dort schon zuvor für Tauschzwecke und Angabe von Werten vielfach genutzt wurde. Die Prägungen wurden von politisch selbständigen Städten, den Poleis, verantwortet. Diese gaben sich in den Münzbildern zu erkennen. Prominent ist die Eule auf den attischen Münzen. In den gewählten Motiven drückten sich Bürgeridentität und Stolz auf die eigene Stadt aus. Wichtig waren die Bilder auch im äußeren Verkehr, denn sie ermöglichten es, die jeweils verantwortende Stadt zu identifizieren und so die Vertrauenswürdigkeit der Münze abzuschätzen. Weiterhin war dem Münzbild zu entnehmen, welches der verschiedenen lokalen Gewichtssysteme der Prägung zugrunde lag und welche Formeln es beim Zählen und Berechnen der fremden Währung anzuwenden galt. Bereits um 500 v. Chr. war die Münzprägung im Mittelmeerraum breit etabliert. Die Vielzahl der Prägeherren machte es geradezu notwendig, dass die einmal eingeführten Münzmotive beibehalten wurden und sich allenfalls stilistisch weiterentwickelten.
Doch nicht jede Polis stellte eigene Münzen her, und an manchen Orten musste man auf fremde Münzen zurückgreifen. Die wenigsten Städte verfügten über eigene Edelmetallressourcen. So musste das Metall entweder zugekauft werden, oder aber man schmolz einströmende fremde Münzen ein bzw. überprägte sie. Wenn die griechischen Kolonien dabei häufig Agrarmotive und Süßwassergottheiten auf ihre Neuprägungen setzten, so drückt sich darin nicht nur üblicher städtischer Stolz aus, sondern über den Rückfluss ihrer Münzen wollten die Neusiedler fraglos die Daheimgebliebenen mit der Attraktivität der neuen Lebensumgebung beeindrucken.
Mit Einsetzen der Münzprägung waren nicht sofort alle Lebensbereiche monetarisiert – andere Austauschformen lebten fort. Für Alltagsgeschäfte war der Wert der Edelmetallmünzen zudem zu hoch und die Kleinstnominale waren unhandlich. So begannen in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. erste Städte mit der Ausprägung von Buntmetallmünzen. Diese waren zu festen Kursen an das vollwertige Silber gekoppelt. Diese fiduziären, d. h. auf rechtlichen Regelungen und mithin Vertrauen basierenden Münzen, deren Nominalwert sich nicht aus der Substanz der Münzen ableiten ließ, waren ein bedeutender Durchbruch für die Geldwirtschaft. Die von einer Polis gegebene Wertgarantie konnte zwar im äußeren Verkehr nicht mehr eingelöst werden, doch spielte Kleingeld – wie heute auch – im Fernhandel nur eine untergeordnete Rolle.
Durch den Eroberungszug Alexanders des Großen wurde am Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. die Welt der Polis durch große Territorialstaaten abgelöst. An deren Spitze stand ein König. Die Münzprägung erfolgte jetzt für gewaltige Reiche unter zentraler Regie. Die Vorderseiten trugen in der Regel das Porträt des Herrschers. Die Porträtmünze festigte seine Legitimität, zugleich verkörperte sich im Herrscher die Reichsidee. Durch das Zusammenspiel von Bild und Titulatur auf den Münzen ist es der Archäologie überhaupt erst gelungen, die zahlreichen namenlosen rundplastischen Porträts von Herrschern oder deren Angehörigen zu benennen. Auch viele bedeutende Politiker der römischen Republik wie Pompeius oder Caesar oder die römischen Kaiser sind erst über die Münzen im Bild bekannt.
Den hellenistischen Reichen folgte das Imperium Romanum nach, das sich innerhalb von zwei Jahrhunderten über den gesamten Mittelmeerraum ausdehnte. Nicht nur das Reich, sondern auch die römischen Münzen wurden im gesamten Mittelmeerraum konkurrenzlos. Im »Weltreich ohne Ende« entfiel die Funktion der Münzbilder für die Wiedererkennung im äußeren Verkehr. Dies schuf Raum für eine Kommunikation nach innen, und bald schon wechselten die Münzbilder jährlich. Dabei nutzten die für die Prägung zuständigen Beamten die Münzen des Staates zunehmend für private Repräsentation und tagespolitische Stellungsnahmen. Durch den Einsatz von Symbolen, Attributen und Schrift, durch Komposition und Abstraktion wurde innerhalb kürzester Zeit eine Bildsprache entwickelt, die in der Lage war, immer komplexere Botschaften zu formulieren. Eine derartige Dichte in Aussage und Darstellung wurde oft erst wieder in den neuzeitlichen Medaillen erreicht.
Mit dem Übergang in die Monarchie wurden die Bilder und Legenden der Münzen dann vollends in den Dienst des Herrschers gestellt. Die Zahl der Bildmotive und die Geschwindigkeit der Bildwechsel beschleunigten sich nochmals. Im Zentrum standen die Taten, Götter und Wertvorstellungen des Herrschers, dazu seine Familie. In den letzten Jahrzehnten hat die Forschung herausgearbeitet, wie die Selbstdarstellung des Herrschers in starkem Maße von den Erwartungen der Rezipienten beeinflusst war und sensibel darauf reagierte. Gleichzeitig blieben die Münzen Zeugnisse für Taten und Ereignisse: Auch für uns heute ist manche Begebenheit allein durch die Darstellung auf Münzen bekannt.
Nur eingeschränkt kümmerte sich der römische Staat um das Kleingeld. Den Städten des Reiches war es erlaubt, zur Versorgung der lokalen Märkte eigene Münzen zu prägen. Dies nutzten sie durch Abbildung von städtischen Gebäuden, heimischen Gottheiten, Kulten oder Spielen zum Ausdruck eigener Identität – lokale Details, über die wir ohne die Münzen oft nur wenig wüssten. Doch auch die Loyalität gegenüber dem Kaiser wurde in den Bildern regelmäßig zum Ausdruck gebracht.
Spätestens in der Kaiserzeit waren Wirtschaft und Gesellschaft breit monetarisiert. Schätze von mehreren 10.000 Münzen sind keine Seltenheit. Parallel zur Zunahme der Prägemenge verschlechterte sich im 3. Jahrhundert sukzessive die Substanz der Edelmetallmünzen. Metallanalytische Untersuchungen ermöglichen es, die Ressourcenstreckung detailliert nachzuzeichnen: So ist auch die Substanz der Münzen zu einer historischen Quelle geworden. Spurenelemente ermöglichen mittlerweile, selbst Herkunft und Recycling von Metallen zu bestimmen.
Von noch einmal ganz besonderem historischem Wert sind schließlich jene Münzen, für die konkrete Fundumstände bekannt sind. Nur für einen Bruchteil der heute vorliegenden Münzen ist dies der Fall. Die Fundorte zeigen Geldumlauf, Kommunikations- und Wirtschaftsräume, gelegentlich auch die Belieferung von ausgewählten Regionen mit ganz spezifischen Münzbildern und Nachrichten. Münzschätze zeigen, ob Nutzer die Münzen nach ihrem Nominalwert oder nach ihrer Substanz sparten. Münzen als Quell- oder Brückenopfer, als Grabbeigabe, als Schmuck oder Spielstein geben bunte Einblicke in den vielschichtigen Umgang mit Geld und Münze.
Aufgrund des massenhaften Vorkommens lässt sich oft erst im Einzelfall sagen, welchen Wert eine bestimmte Münze für die Geschichtswissenschaft hat. Doch gerade diese Massenhaftigkeit gibt Geschichtsinteressierten und insbesondere Lernenden die Möglichkeit, niedrigschwellig originale Quellen in ihren Händen zu halten und über die Münzen zur Geschichte zu finden.