Die »Numismatische Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland« (NK) vertritt die Interessen der Numismatiker in der Landesarchäologie, an Museen, Universitäten und anderen öffentlichen Einrichtungen. Sie besteht derzeit aus 20 Landes- und 19 Fachgebietsvertretern. Die kulturelle Vielfalt in Deutschland, das aus vielen kleineren Herrschaften hervorgegangen ist, spiegelt sich auch in Form Hunderter Münzstätten wider, die hier seit der Antike tätig waren. In ihnen wurden etwa keltische und römische Münzen, mittelalterliche Prägungen, die vielen Heckenmünzen der Kipper- und Wipperzeit im 17. Jahrhundert und, bis zu Reichsgründung 1871, verschiedene Münzen von Geistlichen, weltlichen Herrschern und Städten geprägt.

Numismatik ist eine Grundlagenwissenschaft. Puristen möchten das Fach Numismatik gerne auf die Wissenschaft von Münzen als offizielle Zahlungsmittel beschränkt sehen. In der 2018 verfassten Stellungnahme der Kommission werden jedoch neben Münzen auch Papiergeld, Medaillen, Ersatzgeld, Marken und Zeichen sowie deren Herstellungswerkzeuge als numismatische Objekte bezeichnet, da es Überschneidungen und Berührungspunkte bei den Herstellungstechniken sowie den beteiligten Personen und Funktionen gibt. Hinsichtlich der wissenschaftlichen Bedeutung stellte die Kommission fest, dass nicht jede Münze als ein serieller Gegenstand wissenschaftliche Relevanz besitzen muss. Der numismatische Wert eines Objektes ist von verschiedenen Faktoren abhängig: Je weniger weitere Quellen zur Verfügung stehen, je älter und seltener eine Münze ist, desto höher ist ihr wissenschaftlicher Wert. Daneben spielt auch der Forschungsstand eine Rolle. Je besser eine Gruppe von Münzen erforscht und publiziert ist, desto geringer ist ihr numismatischer Wert. Unabhängig von diesen Kriterien kann eine einzelne Münze oder Medaille einen objektgeschichtlichen Wert haben, etwa durch ihre individuelle Veränderung (Überprägung, Gegenstempel, Graffito, Umarbeitung o. a.) oder ihre Herkunft.

Als die Numismatische Kommission vor 75 Jahren im Jahre 1950 in München gegründet wurde, ging es darum, die numismatische Arbeit in den einzelnen Bundesländern zu koordinieren. Die Numismatik erhielt so als sogenanntes Kleines Fach eine Stimme im Verbund der Geisteswissenschaften. Es ging aber auch immer um den Austausch mit der interessierten Öffentlichkeit und der Wirtschaft. Im Falle der Numismatik sind dies die Sammlerschaft, die modernen Prägestätten, Künstlerinnen und Künstler sowie der Münzenhandel. In der DDR gab es keine Parallelorganisation, die neu geschaffenen Bundesländer wurden im Jahr 1991 Mitglieder.

Seit Beginn ist die Münzfundpflege eine der Kernaufgaben der Numismatischen Kommission. Die Analyse von Münzfunden ist eine wichtige Methode zur Rekonstruktion zeitlicher Zusammenhänge, von Wirtschaftsräumen und Kontaktzonen. Während die Forschungen zu den Fundmünzen der Antike langjährig durch die Universität Frankfurt betreut wurden, verblieben die nachantiken Fundmünzen in der Obhut weitgehend ehrenamtlicher Betreuung durch die Numismatische Kommission. Die Münzfundkartei, die seit 1950 aufgebaut wird, wurde zunächst im Jahr 2000 in eine Datenbank überführt und ist seit 2021 über eine interaktive Webseite der Kommission zu finden. Diese Grundlagenforschung ist besonders gut international vernetzt. Die Reihe der Römischen Fundmünzen in Deutschland, die als Akademieunternehmen im Jahr 2010 beendet wurde, findet sich nun bei Kollegen in Oxford im »Coin Hoards of the Roman Empire Project« wieder. Internationale Zusammenarbeit betrifft für die Nachantike vor allem die Länder, in denen im 10. bis 12. Jahrhundert mehr deutsche Münzen gefunden wurden als im Herkunftsland selbst: Schweden und Polen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erfolgte die Bearbeitung der deutschen Fundmünzen in Schweden durch deutsche Wissenschaftler. In den Jahren 1996 bis 2017 wurden in einer Zusammenarbeit mit der Polnischen Akademie der Wissenschaften die Münzfunde des 10. bis 12. Jahrhunderts auf dem Territorium Polens in fünf umfangreichen Bänden publiziert.

Die Medaillenkunst in Deutschland seit 1871 bildet einen zweiten Wirkungsbereich der NK. Hier verwaltet die Numismatische Kommission die Gitta-Kastner-Forschungsstiftung und ermöglicht Forschungen über Medaillenschaffende sowie deren Werke. Diese Arbeit erfolgt in enger Abstimmung mit der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst, deren Schriftenreihe »Die Kunstmedaille in Deutschland« und Webseite Forschungsergebnisse spiegeln. Die Deutsche Gesellschaft für Medaillenkunst führt Wissenschaftler, Sammler, Künstler und Händler in jährlichen Tagungen und Messen zusammen. Dem internationalen Austausch dient die alle zwei Jahre stattfindende F.I.D.E.M.-Tagung mit Medaillenschau (Fédération internationale de la médaille d’art). Sie wird in diesem Jahr in München veranstaltet. Im Jahr 2012 wurde die Nachwuchsstiftung der NK gegründet. Sie unterstützt den wissenschaftlichen Nachwuchs durch die Gewährung von Stipendien. Mit Hilfe dieser Stiftung wird der Walter-Hävernick-Preis finanziert. Er wird für exzellente numismatische Abschlussarbeiten verliehen. Seit dem Gründungsjahr erhielten 15 Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen diese Auszeichnung. Mittlerweile sind drei der früheren Preisträger selbst Mitglieder der Kommission.

Die Numismatische Kommission befasst sich mit Fragen der Provenienzforschung und des Kulturgüterschutzes, mit experimenteller Numismatik und vor allem mit der digitalen Transformation. Sie gibt sich seit einiger Zeit entsprechende Jahresthemen. Im Jahr 2023/24 war dies der Schwerpunkt Fälschungen, zu dem zunächst eine Tagung veranstaltet wurde. Anschließend wurde der Tagungsband veröffentlicht. Flankiert wurde das Ganze mit einer Ausstellung, die noch bis zum Herbst dieses Jahres im Bode-Museum auf der Berliner Museumsinsel gezeigt wird. Alle Themen werden weiterverfolgt, z. B. die angemessene Darstellung von Fälschungen in den Museumsdatenbanken.

Die digitale Transformation bietet für die Numismatik große Chancen. Seit 1998 hat sich die Computerwelt rasant verändert. Es ist ein Privileg, den Sprung vom bildarmen 19. Jahrhundert mit der alten Reproduktionstechnik des Gipsabgusses zu günstig produzierten Digitalaufnahmen mitzuerleben. Am Computerbildschirm können die kleinen Objekte mit beiden Seiten in Vergrößerungen und rund um die Uhr betrachtet werden. Wie bei Büchern führt die Serialität der Münzen dazu, dass dezentrale Zusammenarbeit gewinnbringend ist. Bereits zur Jahrtausendwende hat sich eine internationale Gruppe von Numismatikerinnen und Numismatikern gebildet, die sich um Austauschformate und Ontologien kümmern. Die wissenschaftliche Numismatik beteiligt sich an der Schaffung einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur sowie an nationalen und internationalen Portalen, die in Gemeinschaftsarbeit unser kulturelles Erbe erschließen. Wie eine Ermöglichungsstruktur im digitalen Zeitalter aussehen kann, verdeutlicht der Sammlungsverbund ikmk.net. Er hat seine Ursprünge in dem interaktiven Münzkatalog des Münzkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin, der am Internationalen Museumstag im Jahr 2007 online ging. Über die Jahre hat sich daraus ein Verbund entwickelt, an dem zurzeit 50 Sammlungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz beteiligt sind. In diesem Verbund wird die Software zentral weiterentwickelt und verteilt. Wenn ein Partner neue Features programmieren lässt, werden diese den anderen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Die beteiligten Sammlungen müssen sich nicht selbst um Aktualisierungen kümmern. Zu den Sammlungen gehören nicht nur die beiden größten Münzkabinette im deutschsprachigen Raum, Berlin und Wien, sondern u. a. auch der Verbund der Numismatischen Universitätssammlungen (s. auch den Beitrag von Johannes Wienand, S. 25). Ebenfalls zentral in Berlin verwaltet wird das Normdatenportal, das mittlerweile über 22.000 Konzepte enthält, die nicht nur ikmk.net zur Verfügung stehen, sondern auch dem zweiten größeren deutschen Portal, kenom.de (Kooperative Erschließung und Nutzung der Objektdaten von Münzsammlungen). Jede Sammlung erhält mit dem ikmk ein ständig aktualisiertes Werkzeug, mit dem sie ihre numismatischen Bestände adäquat im digitalen Raum kuratieren kann. Selbst Sammlungen ohne ständige Betreuung können so an den aktuellen internationalen Entwicklungen teilnehmen.

Alte und neue Themen kennzeichnen die Arbeit der Numismatischen Kommission: Die Verankerung der Numismatik an Universitäten bleibt prekär, so gibt es keinen Lehrstuhl für mittelalterliche Numismatik im deutschsprachigen Bereich. Für die Antike sieht es etwas besser aus. Neben Lehrstühlen in Wien, Frankfurt, Tübingen und Braunschweig wird antike Numismatik auch an Orten wie Berlin, Dresden, Halle, München und Münster gelehrt. Im Bereich der Mittelalter- und Neuzeitnumismatik übernehmen auch Kommissionsmitglieder immer wieder Lehraufträge, an der Universität Greifswald gibt es sogar eine Honorarprofessur. Noch lange sind nicht alle Münzfunde veröffentlicht, und es kommen ständig neue hinzu. Für ehrenamtliche Sondengänger wird derzeit eine App entwickelt, die bei der Erstdokumentation der Funde helfen soll. Fragen der Provenienzforschung und des Kulturgut-Erhalts sind beständige Arbeitsbereiche. Ein neues Akademievorhaben erschließt die griechische Münzprägung bildwissenschaftlich unter Erprobung von Methoden der KI. Ein neues Jahresthema werden die Gedenkmünzen bilden, denn es ist uns nicht egal, welche Münzen künftigen Generationen von unserer Zeit Zeugnis geben werden. Die neue Zeit bietet kommunikative Herausforderungen, doch ist gerade die Welt der Numismatik dafür gut gerüstet, denn wie für alle Wissenschaften gelten auch für die Numismatik keine nationalen Grenzen.

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Weitere Informationen finden sich im Internet unter: numismatische-kommission.de, medaillenkunst.de, nomisma.org, ikmk.smb.museum

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 4/2025.