Die Deutschen wollen wieder reisen – und das tun sie auch wieder. Trotz der vielen Unwägbarkeiten durch den Krieg in der Ukraine und die hohe Inflation steht Reisen auf der Konsumwunschliste der Deutschen ganz oben. Der Nachholbedarf nach mehr als zwei Jahren Corona ist groß. Die Top-3-Reiseziele im Sommer – Spanien, Türkei und Griechenland – verdeutlichen die Sehnsucht der Deutschen nach sonnigen Mittelmeerzielen. Während Spanien mit den Balearen, Kanaren und dem Festland weiterhin führend ist, liefern sich die Türkei und Griechenland ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Auch Kreuzfahrten und Fernreisen werden wieder stärker in den Reisebüros und auf den Onlinereiseportalen gebucht.

Diese positive Entwicklung spiegelt sich auch in den Buchungszahlen wider, die für den Sommer ein deutliches Umsatzplus im Vergleich zur Sommersaison 2019 verzeichnen. Die Deutschen haben ihre Reiselust wiederentdeckt und sind bereit, in ihren Urlaub zu investieren. Schon jetzt gehen zahlreiche Urlaubswünsche für die kommende Saison ein. Nach den für die Reisebranche überaus harten Coronajahren, stellt sich mehr und mehr Normalität ein. Was dabei jedoch nicht unbeachtet bleiben darf, ist die Tatsache, dass insgesamt weniger Menschen verreisen. Das muss die Reisewirtschaft im Blick haben, denn diese Entwicklung gefährdet, wenn sie sich fortsetzen sollte, die Demokratisierung des Reisens, die wir in den letzten Jahrzehnten gesehen haben. Menschen mit mittlerem Einkommen müssen sich auch in Zukunft den Urlaub leisten können.

Reisen mit schützender Hand

Bedingt durch die Coronapandemie mit großer Unsicherheit rund ums Reisen, ist eindrücklich die starke Rückkehr zur Pauschalreise zu beobachten. Besonders Familien mit Kindern, die auf die Ferienzeit angewiesen sind, haben in diesem Jahr außerdem die Vorteile von Frühbucherangeboten (wieder-)erkannt. Das bringt nicht nur finanzielle Vorteile, sondern auch Buchungssicherheit. In diesem Kontext hat sich auch das All-Inclusive-Konzept neu etabliert. Reisende schätzen die Möglichkeit, ihre Ausgaben besser planen zu können und während des Urlaubs nicht mit unerwarteten Kosten konfrontiert zu werden. Dies ist insbesondere für Familien und Reisende mit begrenztem Budget von großem Interesse.

Wichtige Faktoren in der heutigen Reisewirtschaft sind außerdem die Sicherheit und der Schutz der Reisenden, insbesondere in Krisensituationen. Veranstalterorganisierte Reisen gelten als die sicherste Reiseform, da sie im Falle von Problemen alternative Unterkünfte oder – sofern notwendig – die vorzeitige Rückreise organisieren. Die Reisenden haben somit immer eine schützende Hand dabei. Im Gegensatz dazu müssen Reisende, die individuell das Hotel oder den Flug direkt buchen, in solchen Situationen selbst für sich sorgen. Die Pauschalreise bietet somit eine bessere Absicherung, was gerade in Zeiten von Unsicherheit stark nachgefragt wird.

Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Fokus

Neben diesen positiven Entwicklungen in der Reisewirtschaft rücken auch die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit immer stärker in den Fokus. Reisende sind zunehmend sensibilisiert für die Auswirkungen ihrer Reisen auf die Umwelt. Obwohl aktuell noch keine breite Nachfrage nach nachhaltigen und klimaschonenden Reisen besteht, ist sich die Branche der Herausforderung bewusst und stellt sich klar ihrer Verantwortung. Die transparente Kommunikation eines einheitlichen CO2-Fußabdrucks der kompletten Reise kann und soll dazu beitragen, Reisende noch stärker zu sensibilisieren. Schon bald werden Klimaschutzaspekte zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor bei der Wahl des Reiseanbieters werden.

Die schrittweise Reduzierung und der Verzicht auf fossile Brennstoffe sind entscheidend für die CO2-neutrale Mobilität, denn perspektivisch ist klimaneutrale Mobilität ohne Alternative. Nur so ist die Freiheit des Reisens dauerhaft zu sichern. Erneuerbare Energien müssen verstärkt genutzt werden, um diese Ziele zu erreichen. Hier sind politische und finanzielle Unterstützung sowie internationale Zusammenarbeit notwendig. Die Politik spielt dabei eine wichtige Rolle in der Gestaltung der Rahmenbedingungen, um diese Prozesse zu unterstützen.

Verantwortungsvoller Tourismus kann viel bewegen

Die Reisewirtschaft steht jedoch auch vor der Herausforderung, Klimaschutzaspekte in Einklang mit wirtschaftlichem Wachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen in den Zielgebieten zu bringen. Denn Nachhaltigkeit ist nicht nur Klimaschutz, sondern die Balance zwischen ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten. Neben der ökologischen hat die Branche dementsprechend auch eine soziale Verantwortung. Zwei Drittel der Deutschen verbringen ihren Urlaub Jahr für Jahr im Ausland. Damit ist die Reisewirtschaft der mit Abstand schlag- und finanzkräftigste »Entwicklungshelfer«. Die wirtschaftlichen Effekte des Tourismusgeschäfts liegen weit über den von allen Staaten der westlichen Welt bereitgestellten Entwicklungshilfegeldern. Tourismus ist der Jobmotor in Schwellen- und Entwicklungsländern und gibt dort Millionen Menschen ein festes Einkommen und damit eine Perspektive.

Über zehn Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung und ca. 330 Millionen Arbeitsplätze entstehen durch den Tourismus. Gleichzeitig ist er dabei in vielen Urlaubsdestinationen Treiber für Umwelt- und Naturschutz: Die Gäste wollen eine intakte Flora und Fauna erleben. Damit ist die Reisewirtschaft ein starker Partner der Politik, und das ist ein gutes Fundament für weitere Kooperationen mit Entwicklungsministerium und Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit.

Es ist Aufgabe von Politik, Wirtschaft und den Reisenden, die Lebensgrundlage unserer Gesellschaft zu sichern und die Intaktheit der Umwelt sowie die natürlichen Ressourcen der Erde zu schützen. Gemeinsam lässt sich eine noch stärkere Wirkung erzeugen.

Reisen – so wichtig wie nie

Reisen war wohl noch nie so wichtig wie heute: Reisen verbindet Menschen und Nationen, stabilisiert sich entwickelnde Volkswirtschaften, ist Jobmotor, erweitert Horizonte und dient der Verständigung. Reisen bereichern das Leben und tun viel Gutes in der Welt. Das muss und das wird auch in Zukunft so bleiben.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 10/2023.