Akute finanzpolitische Herausforderungen machen es den Kommunen schwer, ein attraktives Kulturangebot vorzuhalten.
Barbara Haack: Was sind für die Kommunen, die der Deutsche Städte- und Gemeindebund vertritt, die großen kulturpolitischen Herausforderungen?
Marc Elxnat: Sicher ist die aktuell größte Herausforderung gar nicht originär mit der Kultur verknüpft, sondern tatsächlich mit dem Thema Finanzen und der Haushaltslage der Kommunen. Die Kommunen sind sehr daran interessiert, ein attraktives Kulturleben vor Ort vorzuhalten, weil das Teil einer lebenswerten Stadt oder einer lebenswerten Gemeinde ist. Aber die aktuellen finanzpolitischen Herausforderungen machen es den Kommunen schwer, das langfristig und dauerhaft zu unterstützen.
Wie sehen Sie den Stellenwert der Kultur in den Gemeinden, nicht nur in der Politik, sondern auch bei den Bürgerinnen und Bürgern?
Tatsächlich ist der Stellenwert der Kultur sowohl bei den Städten und Gemeinden als auch bei den Menschen hoch. Die Kommunen sind sich sehr bewusst, dass Kulturangebote zentral sind für die Lebensfähigkeit und die Attraktivität. Das gilt für Kommunen unterschiedlicher Größe. Gewisse kulturelle Angebote werden immer nachgefragt. Und es ist deswegen natürlich kommunales Anliegen, Kultur zu fördern. Gleichzeitig ist Kultur keine Pflichtaufgabe, sondern eine freiwillige Aufgabe und droht aktuell, ein bisschen von der allgemeinen Lage überrollt zu werden, da Spielräume enger und Anforderungen an die Kommunen in allen Bereichen höher werden.
Von einigen Kommunen, die wir befragen, kommt die Beobachtung, dass das Thema Publikumsgewinnung oder Publikumsverlust eine Herausforderung ist. Beobachten Sie das auch – und gibt es Konzepte, dem zu begegnen?
Im Einzelfall sehen wir das natürlich, dass Kulturangebote nicht ausreichend angenommen werden. Das ist dann eine Frage vor Ort, inwieweit die Angebote an den Bedarf angepasst werden. Da sind die Kommunen mit den jeweiligen Akteuren vor Ort im Austausch, um ein Kulturangebot zu schaffen, das auch genutzt wird.
Vor allem in einigen ostdeutschen Kommunen gibt es starke Rechtstendenzen und auch schon Forderungen von dieser Seite, Kultur zu regulieren. Nehmen Sie das wahr?
Ich will nicht ausschließen, dass es Bestrebungen von dieser Seite gibt, gewisse Kulturangebote zu regulieren oder Kultur für sich zu vereinnahmen. Das ist aber kein Phänomen in der Breite, sondern eher einzelfallbezogen. Dass die freie Kulturszene durch die gesellschaftliche Entwicklung tatsächlich bedroht ist, ist bei uns bisher nicht angekommen, und das sehen wir auch nicht.
Die Kultur lebt sehr stark von ehrenamtlichem Engagement, gerade in den Kommunen. Tendenziell nimmt die Bereitschaft zum Ehrenamt ab. Wie schätzen Sie die Entwicklung für das kulturelle Ehrenamt in den Kommunen ein?
Es wird sicher schwieriger. Wir sehen einen allgemeinen Effekt, dass ein langes Engagement im Ehrenamt durchaus nachlässt. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Gleichwohl sehen wir das Ehrenamt im Kulturbereich immer noch als sehr stark an und sehen natürlich, dass das bürgerschaftliche Engagement und die engagierten Menschen vor Ort für uns ganz wichtige Mitgestalter und Partner bei einer lokalen und regionalen Kulturlandschaft sind. Wir sind bestrebt, auch in Diskussionen auf der politischen Ebene, Ehrenamt zu erleichtern und dafür zu sorgen, dass diejenigen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, das möglichst frei von Bürokratie tun können. Da müssen Rahmenbedingungen angepasst werden. Diejenigen, die sich ehrenamtlich engagieren, sollten unserer Meinung nach ihre Zeit und Kraft in die Projekte investieren und nicht in Bürokratie.
Noch einmal zurück zum Thema Finanzierung. Gibt es Modelle oder Ideen in den Kommunen, wie man trotz der angespannten finanziellen Lage Kultur weiter ausbaut und entwickelt?
Es gibt die Möglichkeit, mit Stiftungen oder anderen Institutionen zusammenzuarbeiten und so Kultur in Kommunen zu bringen, die in Haushaltsnotlagen sind. Eine andere Möglichkeit ist die Kooperation von Städten und Gemeinden, mit wandernden Kulturangeboten, die von mehreren Schultern getragen werden.
Die kulturelle Bildung wird von vielen Kommunen als Herausforderung genannt. Wie sehen Sie das?
Das ist ein zentraler Punkt. Kulturelle Bildung muss schon in der Schule verstärkt werden. Eine bessere frühzeitige und umfassende Vermittlung von kultureller Bildung ist notwendig. Da sehen wir noch Luft nach oben.
Wie weit können die Kommu-nen sich da einbringen? Schulische Bildung ist ja vor allem Ländersache.
Die Kommunen können sich einbringen, wenn es um Nachmittagsbetreuungsangebote in den Schulen geht. Durch Zusammenarbeit mit kommunalen Kultureinrichtungen, mit kommunal geförderten Kultureinrichtungen oder auch mit freien Kultureinrichtungen, die in die Schulen gehen und mit den Schülerinnen und Schülern arbeiten, kann man Kultur nahbar machen.
Kulturelle Bildung im Zusammenhang mit der Ganztagsbetreuung ist ein Punkt, den wir schon seit einigen Jahren in unseren Positionspapieren nennen und den wir in den Umsetzungsschritten des Ganztagsanspruchs mitdenken. Der Ganztagsanspruch kann eine Chance sein, Kultur wiederzubeleben. Aktuell haben wir beim Ganztag das Problem, dass wir gar nicht die Plätze und die Fachkräfte hätten, um Betreuungsangebote in der Breite aufrechtzuerhalten. Da können Angebote, zum Beispiel aus Kultur und Sport, die Schulen beim Ganztagsanspruch unterstützen.
Vielen Dank.