Der Arbeitsprozess der Herstellung eines Comics lässt sich als Handwerk betrachten und in verschiedene Arbeitsschritte unterteilen – von der Idee bis zum gedruckten Produkt. Die Schritte sind bei großen Verlagen und Selbstverlegern ähnlich. Allerdings werden bei Verlagen oder kommerziellen Comic-Produktionen die Aufgaben an verschiedene Personen verteilt, während ein Selbstverleger in der Regel alle Aufgaben allein bewältigen muss.

In Deutschland haben oft Comic-Zeichner selbst eine Idee für ein Comic und setzen diese unabhängig von Auftraggebern um. Bei kommerziellen Comics, wie z. B. Werbe-Comics oder sehr populären Comic-Serien, kommen die Ideen von Redakteuren oder Vertriebsleitern der Verlage. Trends, Leserwünsche und Produkte, die man teuer verkaufen kann, spielen hier eine große Rolle. Die Zielgruppe sind Comic- und Manga-Sammler, die für eine Sammleredition 100 bis 200 Euro zahlen.

Die Zeiten, in denen Comics zwei Mark kosteten, sind vorbei. Kaum ein Buchhändler würde ein Zwei-Euro-Comic ins Sortiment aufnehmen. Die Gewinnmarge ist zu niedrig und ein Zwei-Euro-Comic würde nur für teurere Comics Platz verschwenden.

Zum Glück betrachten sich noch einige Comic-Zeichner hierzulande als echte Kreative, die nicht in erster Linie ans Geldverdienen denken, sondern ihre Idee oder Vision, egal ob gut oder schlecht, als Comic umsetzen wollen.

Der Weg von der Idee zum Skript, dem Drehbuch für einen Comic, ist für viele Comic-Zeichner die erste große Hürde. Nur wenige Comic-Zeichner sind gute Dramaturgen oder Dialogschreiber. Wenn man diese Hürde überwunden hat, wird das Skript bei einem Verlag von der Redaktion überprüft. Beim Selbstverleger findet die Qualitätsprüfung beim Selbstverleger selbst statt.

Oft entstehen während des Schreibens des Skripts Skizzen und Charakterdesigns. Das Schreiben und Zeichnen gehen bei vielen Comic-Zeichnern oft Hand in Hand. Da Comics ein visuelles Medium sind, spielen die Skizzen und Charakterdesigns im Anfangsstadium eines Comic-Projekts eine wichtige Rolle, besonders bei Bewerbungen bei Verlagen. Hier müssen nicht nur die Idee und das Skript überzeugen, sondern auch die Zeichnungen. Oft gibt es fertige Probe-Comic-Seiten zu bewundern. Als Nächstes folgt die Herstellung der Thumbnails, skizzenhafte Miniatur-Comic-Seiten, die an Storyboard-Zeichnungen erinnern. Aus dem Text des Skripts wird in der Regel kapitelweise oder der gesamte Comic als Thumbnails gezeichnet. Hier können Zeichner, Redakteure und jeder, der etwas zu sagen hat, sehen, wie der Comic ungefähr aussehen wird und was verbessert werden muss.

Wenn es um kommerzielle Produktionen und Verlage geht, gibt es präzise Vorgaben bezüglich Umfang, Format und Layout. Der finanzielle Aspekt spielt hierbei eine zentrale Rolle, da jede weitere Comic-Seite die Produktionskosten steigert. Je bunter, größer oder hochwertiger ein Comic ist, desto teurer wird der Druck, und desto länger dauert es.

Sobald die Thumbnails fertig sind, beginnt der Zeichner mit den Reinzeichnungen in hoher Auflösung. Erfahrene Comic-Zeichner fertigen sehr genaue und saubere Thumbnails an, die sie dann vergrößern und als Blaupause verwenden. Man könnte sagen, dass sie die Skizzen akkurat nachzeichnen.

Der Zeichner hat heutzutage die Wahl, ob er seine Reinzeichnungen digital oder traditionell mit Bleistift auf Papier anfertigt. Allerdings entstehen die meisten Comics mittlerweile am digitalen Zeichentablett in Grafikprogrammen wie Clip Studio, Procreate oder Fresco, da die Möglichkeit besteht, digitale Zeichnungen schnell zu verändern und zu verbessern, was in der Medienbranche weit verbreitet ist.

Wenn man traditionell zeichnet, kann es bei Veränderungen nötig sein, ganze Panels oder Comic-Seiten komplett neu zu zeichnen oder zu kolorieren. Auch die Erstellung einer Druckvorlage aus Comic-Seiten auf Papier ist sehr aufwendig und teuer, insbesondere bei großformatigen und farbigen Comics.

Nach dem Fertigstellen der Reinzeichnungen geht es oft ans Tuschen. Dabei werden die Bleistiftzeichnungen mit schwarzer Tinte nachgezeichnet und die Schwarzflächen gefüllt.

Erfahrene Comic-Zeichner platzieren die Sprechblasen bereits in der Thumbnail-Phase. Überall, wo eine Sprechblase vorgesehen ist, muss keine Zeichnung mehr angefertigt werden, was Zeit und Arbeit spart. Nach dem Tuschen kommen gegebenenfalls Grauflächen, Rastereffekte und Farben hinzu. Besonders das Kolorieren ist eine sehr aufwendige Aufgabe, weshalb die meisten Zeichner heute digitale Werkzeuge verwenden.

Zum Schluss werden die Sprechblasen mit Text gefüllt. Verlage beauftragen oft einen Letterer, da sie ihre eigenen Regeln für das Setzen von Schriften und Soundwords besitzen. Hier entsteht oft auch direkt die Druckvorlage als PDF-Dokument, die an die Druckerei gesendet wird. Diese macht dann einen Probedruck einiger Comic-Seiten.

Während des gesamten Entstehungsprozesses der Comic-Zeichnungen wird am Cover und Logo gearbeitet. Der Comic-Zeichner macht in der Regel verschiedene Covermotive nach den Wünschen der Redaktion. Das Logo des Comic-Titels wird oft von einem Grafiker umgesetzt.

Ob ein Titel noch frei nutzbar ist, kann für viel Kopfzerbrechen sorgen, da schon fast alle guten Titel vergeben sind.

Während der Comic gedruckt wird, arbeiten die Redaktion und der Vertrieb auf Hochtouren, um den Comic in der Presse und in den Buchläden unterzubringen. Heutzutage hängt der Erfolg eines Comics vom Vertrieb ab. Die Comics müssen in den Buchläden populär vor der Konkurrenz platziert werden, und der Buchhändler muss überzeugt werden, den Comic zu bewerben. Das Vermarkten eines Comics passiert meistens in der Fachpresse und im Internet. Verlage und Selbstverleger träumen von einer positiven Berichterstattung oder Erwähnung im Fernsehen.

Die Entstehung eines Comics erfordert Zeit. Oft arbeitet ein Zeichner mehrere Jahre an einem einzigen Comic. Bei kommerziellen Comic-Produktionen geht es schneller voran, da man dank eines höheren Budgets die Aufgaben auf mehrere Kreative verteilen kann.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 05/2023.