Vor wenigen Wochen beging Sachsen-Anhalt den zehnten Jahrestag der so kurz nach 2002 abermals verheerenden Flut an Elbe und Saale. Seitdem schlägt das Pendel in die andere Richtung aus: Mehrere aufeinanderfolgende, fast flächendeckende Dürrejahre ließen vielerorts die Grundwasserpegel fallen und Brände bedrohen vermehrt Wälder, Siedlungen und auch unser kulturelles Erbe.
Der Klimawandel stellt unsere Gesellschaft vor enorme Herausforderungen. Auch die geopolitischen Randbedingungen mit Energieknappheit und Krieg tragen zu dieser besorgniserregenden Situation bei. Dies sind zugegebenermaßen alles keine Begriffe, mit denen man unmittelbar die reiche Kulturlandschaft Sachsen-Anhalts mit fünf Welterbestätten, über 200 Museen, bedeutsamen Denkmälern, Archiven und Bibliotheken assoziiert. Es ist aber gerade dieser kulturelle Schatz, der uns in die Pflicht nimmt und geradezu zwingt, Strategien zu entwickeln, die die Folgen von Krisen und Schadensereignissen abmildern.

Im September 2021 haben wir einen bedeutenden Schritt in diese Richtung unternommen, indem wir im Gleimhaus Halberstadt eine Landesberatungsstelle zur Bestandserhaltung für Kulturgut in Sachsen-Anhalt etabliert haben. Die Finanzierung der Beratungsstelle erfolgt durch das Land, Kultureinrichtungen können die Beratungstätigkeit kostenlos in Anspruch nehmen.
Der weitere Fokus unserer Maßnahmen zum Schutz des Kulturgutes richtet sich auf die Schaffung von Notfallverbünden. Diese Netzwerke erhöhen die Handlungsbereitschaft für den Ernstfall. Ein ressourcenübergreifendes Risikomanagement, der Aufbau von klaren Strukturen, die im Krisenfall unbürokratisch genutzt werden, und die logistische Unterstützung von kleineren Einrichtungen sollen dabei helfen, das kulturelle Erbe zu schützen.

Mit den bereits 2009 in Magdeburg und 2012 in Halle gegründeten Notfallverbünden verfügen wir in zwei Ballungszentren über solche Strukturen. In der Fläche jedoch, wo sich der ganze Reichtum der Kultur unseres Landes entfaltet, fehlten bisher verlässliche Netzwerke.

Aus diesem Grund haben wir Ende 2022 die Gründung eines Notfallverbundes für den Landkreis Harz initiiert, an dem rund 30 Einrichtungen beteiligt sind. Dieses Modell soll für das gesamte Land adaptiert werden, es spiegelt die gesamte Bandbreite der Kulturlandschaft wider: Archive, Bibliotheken, Kirchen, Schlösser, Burgen, Galerien, große Museen und kleine Sammlungen.
Doch es geht nicht nur um Notfallpläne. Es ist ebenso wichtig, das Bewusstsein der Menschen für mögliche Katastrophenfälle zu schärfen. Durch gezielte Fort- und Weiterbildungen werden die Mitarbeiter in der Notfallvorsorge und -prävention geschult.

Die Beratungsstelle Bestandserhaltung hat kürzlich damit begonnen, erste Museen im Land mit sogenannten Notfallsets auszustatten. Die darin enthaltenen Materialien und Utensilien sollen den Mitarbeitern im Ereignisfall als Hilfe zur Selbsthilfe dienen. Man kann so schnell reagieren und erste Maßnahmen bis zum Eintreffen von alarmierten Einsatzkräften ergreifen.

Der Schutz des eigenen Kulturerbes liegt zunächst bei den Einrichtungen und ihren Trägern. Dennoch betone ich als Kulturminister dieses Landes deutlich: Eine ressortübergreifende Zusammenarbeit und Vernetzung auf politischer Ebene sind dringend erforderlich. Die in Sachsen-Anhalt ansässige Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat erst kürzlich darauf hingewiesen, welche komplexen Herausforderungen der Kulturgutschutz umfasst. Den dort formulierten Aufgaben werden sich die Träger, aber auch Bund und Länder, nicht entziehen können, um eine Krisenresilienz im Kulturbereich ernsthaft zu gewährleisten.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 7-8/2023.