Die Frage könnte auch lauten: Welche Bedeutung hat Biodiversität für die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen?
Seit dem deutschen Erdüberlastungstag am 2. Mai leben wir ökologisch gesehen auf Pump. Alle nachhaltig nutzbaren Ressourcen für dieses Jahr sind seither verbraucht, obwohl da noch viel vom Jahr übrig war. Von einer Schuldenbremse zugunsten der Umwelt redet dennoch niemand. Unsere hochtechnisierte Zivilisation ist weitgehend von der Natur abgekoppelt, und ökologische Zusammenhänge als Basis unserer eigenen Existenz sind kaum bekannt. Dabei sind wir Teil eines komplexen ökologischen Netzes, das uns als Menschheit bis heute immer noch trägt, das aber beständig Fäden und Netzknoten verliert. Aber: Wir halten die Fäden in der Hand, dieses Netz zu reparieren und neu zu knüpfen: indem wir ökologische Vielfalt schützen und stärken. Biodiversität ist das Fundament für einen nachhaltigen Wohlstand. Artenvielfalt sichert dauerhaft unsere Lebensqualität und unser Überleben. Alle drängenden ökologischen Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, wie Hitze, Dürre, Hochwasser, Konflikte um Wasserressourcen, Vermüllung und Erhitzung der Meere etc., gefährden auch die Erreichung der UN-Ziele für Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG). Zehn der siebzehn SDG-Ziele sind mehr oder weniger direkt mit dem Thema Biodiversität verknüpft. Entwicklungsstrategien müssen diese Relevanz miteinbeziehen. Ohne biologische Basis, werden unsere Überlebensstrategien immer ressourcenzehrender. Nur eine ökologisch intakte Welt kann auf Dauer auch eine sozial gerechte und friedliche Welt sein!
Naturbasierte Lösungen bieten reichlich Raum für Win-Win-Situationen: Lebendige Böden mit vielfältigem Bodenleben sichern unsere Ernährung und nehmen Niederschläge besser auf. Ohne intakte Ökosysteme, wie z. B. das Vorhandensein von Bestäubern und Bienen, sind Ernten dauerhaft nicht erzielbar. Ohne genetische Vielfalt lassen sich keine widerstandfähigen Pflanzenarten züchten und Pestizide einsparen. Nur mit vielfältigen wasserspeichernden Pflanzen und Ökosystemen lässt sich Wasser ausreichend in Natur und Landwirtschaft halten. Mit einer Vielfalt an geeigneten Baumarten können wir Städte kühlen und in Wäldern Trockenheit und Borkenkäfern besser trotzen. Wiedervernässte Moore und naturnahe Wälder helfen uns das Klima zu retten. Für all das ist biologische Vielfalt eine unverzichtbare Grundvoraussetzung. Und gleichzeitig ein unglaublich hoffnungsgebendes Potenzial.
Das in dieser Legislatur erstmalig aufgelegte Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) stärkt genau deshalb das Potenzial naturbasierter Lösungen. Mit 3,5 Milliarden Euro bis 2028 ist es das größte Naturstärkungsprogramm, das es in unserem Land je gab. Umwelt- und Naturschutz sind eine unverzichtbare Investition in unsere Zukunft. Nur indem wir erhalten, was uns erhält, kann es gelingen, eine lebenswerte Erde für künftige Generationen zu bewahren. Investieren wir in diese Basis, statt unsere Schulden dort immer weiter anzuhäufen.