Eine Umfrage des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim aus dem Jahr 2022 zeigt, dass der Einfluss des Englischen die am stärksten wahrgenommene Veränderung im Deutschen ist und dabei noch weit vor einem anderen stark kontrovers diskutierten Thema, dem Gendern, liegt. Die englischen Einflüsse wurden von fast einem Viertel der Befragten negativ bewertet und von wenigen sogar als sehr negativ. Die restlichen Befragten bewerteten den Einfluss des Englischen als neutral, niemand fand ihn positiv. Allerdings wurden auch die anderen am häufigsten genannten Veränderungen, an zweiter Stelle das Gendern, an dritter Stelle die Jugendsprache, nicht positiv bewertet.
Auch wenn die Anglizismen-Diskussion derzeit durch das sprachliche Aufregerthema Nummer eins, das Gendern, etwas in den Hintergrund gerückt ist, zeigen diese Ergebnisse, dass Anglizismen im Deutschen nach wie vor als die stärkste Veränderung der deutschen Sprache wahrgenommen werden. Gefühlt treten sie sehr häufig auf und nehmen eher noch zu als ab.
Die Sprache wird ständig den sich ändernden Kommunikationsbedürfnissen angepasst. Neue kulturelle, gesellschaftliche und technische Entwicklungen erfordern neue Bezeichnungen, häufig sind dies Anglizismen. Besonders deutlich wurde dies während der Coronapandemie, als »Covid«, »Lockdown«, »Social Distancing«, »Homeoffice«, »Distance Learning«, »Homeschooling« und »boostern« überall zu lesen und zu hören waren.
In vielen Lebensbereichen ist ein massiver Einfluss des Englischen festzustellen. So werden beispielsweise an den Universitäten keine Magister- und Diplomabschlüsse mehr vergeben, sondern ein Master of Arts oder Bachelor of Science. Anstelle des Doktortitels kann man auch einen Ph.D. erwerben. Man »tindert«, um ein »Date« zu bekommen, oder nimmt am »Speeddating« teil. Wenn man heiratet, dann nicht ohne »Weddingplaner«, wenn man nicht sowieso ein »Elopement« plant. Dann geht es in den »Honeymoon« und später kann ein »Babymoon« folgen. Wer sportlich ist, betreibt in seiner Freizeit vielleicht Sportarten wie »Inlineskaten«, »Bouldern« oder »Kitesurfen«. Mit der zunehmenden Bedeutung der Internetkommunikation sind Anglizismen allgegenwärtig. Fast alle Internetdienste haben englische Bezeichnungen; wir liken, mailen, chatten, twittern, whatsappen und zoomen.
Auch das aktuell kontrovers diskutierte »Gendern« wird mit einem Anglizismus bezeichnet, ebenso negativ konnotierte Phänomene wie »Blackfacing« und »Greenwashing«, In den Fachsprachen finden sich viele auf Anglizismen basierende Akronyme wie »CEO« oder »CRISPR/Cas9«. Da viele Fachbegriffe nicht mehr ins Deutsche übersetzt werden, ist in den Fachsprachen ein lexikalischer Ausbaurückstand für das Deutsche zu verzeichnen, der allerdings nicht die Ursache für den Bedeutungsverlust des Deutschen als Wissenschaftssprache ist, sondern diesen widerspiegelt.
Dass Anglizismen im Trend liegen, zeigt sich auch in der Jugendsprache deutlich. Das Jugendwort des Jahres 2023 war »goofy«, nach der bekannten Comicfigur als Bezeichnung für eine tollpatschige oder alberne Person, die andere zum Lachen bringt. In der engeren Auswahl war auch »side-eye«, auf Deutsch »Seitenblick«, das Verachtung oder Missbilligung ausdrückt. Den dritten Platz belegte das Akronym NPC für »Non-Player-Character«, eine abwertende Bezeichnung für jemanden, den man als unwichtig betrachtet. Das ursprünglich jugendsprachliche »cool« ist mittlerweile in die Alltagssprache übergegangen.
Der Wortschatz ist ein Spiegel unserer stark angloamerikanisch geprägten Kultur. Nicht zu unterschätzen ist auch, dass sich Englisch als Lingua franca in der internationalen Kommunikation etabliert hat. Ähnlich starke Einflüsse aus anderen Sprachen gab es auch schon früher, z. B. massive Entlehnungen aus dem Französischen in der Alamodezeit, als sich vornehme Kreise an der Kultur Frankreichs orientierten. Dies sind Moden, die dann auch wieder vergehen. Einen Widerstand dagegen gab es auch damals; sprachpuristische Tendenzen, wie sie sich in Vorschlägen zur Übertragung ins Deutsche manifestieren, sind keineswegs neu und waren teilweise erfolgreich, man denke an »Bahnsteig« für »Perron« oder »Torwart« für »Goalkeeper«. Aber wollen wir wirklich den »Laptop« Klapprechner oder das »Mountainbike« Bergfahrrad nennen? Anglizismen wirken modern und erleichtern die internationale Verständigung. Damit soll nicht geleugnet werden, dass sie auch zu Verständnisproblemen führen können, was nicht zuletzt Umfragen der Werbeagentur Endmark zur Verständlichkeit englischsprachiger Slogans, die teilweise von vielen der Befragten nicht richtig übersetzt werden konnten. Ein kritischer Blick darauf, was eine Bereicherung unseres Wortschatzes ist und was zu unverständlichem Slang führt, ist daher weiterhin notwendig.