Bereits im Zuge der fortschreitenden Besetzung Deutschlands hatten die US-amerikanischen und britischen Truppen im großen Stil Kulturgüter gesichert, die von militärischen Einheiten und zivilen Stellen des Deutschen Reiches während der deutschen Besatzung in vielen Teilen Europas geraubt und ins Reich verbracht worden waren. Die in mehr als 1.000 Depots aufgefundenen Bilder, Plastiken, Möbel und sonstigen Gegenstände wurden 1945/46 in den Central Collecting Points in München, Wiesbaden, Marburg und Offenbach zusammengeführt. Schon im Frühjahr 1946 begannen die westlichen Alliierten in Zusammenarbeit mit Stellen der betroffenen Länder mit der Restitution der geraubten Kulturgüter. Allein in der Zeit von März 1946 bis April 1949 hatte die US-Militärregierung mehr als eine Million Gegenstände restituiert, davon allein mehr als 377.000 nach Frankreich, 334.000 an die Niederlande und 273.000 an die Sowjetunion.

Dieser Prozess war noch nicht abgeschlossen, als die Westalliierten zum 5. Mai 1955 das Besatzungsregime in dem von ihnen verwalteten Teil Deutschlands beendeten und die Bundesrepublik in die weitgehende Souveränität entließen. Sie verbanden diesen Schritt unter anderem mit der Verpflichtung der Bundesregierung zur Fortführung der Kulturgutrestitutionen. Die Pariser Verträge vom 23. Oktober 1954 und speziell der Fünfte Teil des »Vertrags zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (Überleitungsvertrag)« sahen die Einrichtung einer Bundesoberbehörde vor, der gegenüber alle deutschen Gerichte und Behörden zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtet sein sollten. Ganz offensichtlich war das Vertrauen der Westmächte in die Restitutionsfreudigkeit der Bundesrepublik nicht sehr groß, angesichts der damals in Deutschland laufenden öffentlichen Debatte um die Restitutionen von Raubgut durchaus zu Recht.

Am 8. Juni 1955 gaben das Auswärtige Amt und das Bundesministerium der Finanzen bekannt, das Bundesamt für äußere Restitutionen (BAR) als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesfinanzministeriums mit Sitz in Bad Homburg vor der Höhe eingerichtet zu haben. Seine Aufgabe bestand darin, »nach Schmucksachen, Silberwaren und antiken Möbeln sowie nach Kulturgütern zu forschen, sie zu erfassen und zu restituieren, sofern diese Wertgegenstände während der Besetzung eines Gebiets von den Truppen oder Behörden Deutschlands oder seiner Verbündeten oder von deren einzelnen Mitgliedern entfernt worden waren und die weiteren in Artikel 1 des Fünften Teils des Überleitungsvertrags näher beschriebenen Voraussetzungen vorliegen«. Für den Fall, dass eine zu restituierende Sache beschädigt, zerstört oder gestohlen worden war, sollte auch eine Entschädigung möglich sein. Bis spätestens zum 8. Mai 1956 sollten die Regierungen der betroffenen Länder beim BAR neue Anträge auf die Restitution von Kulturgütern stellen können.

Nachdem der bei Weitem größte Teil der Restitutionen bereits vor 1955 erfolgt war, gingen bei dem neuen Bundesamt – so ein Bericht des Auswärtigen Amts an den Bundestag aus dem Jahr 1997 – noch insgesamt 80.092 Anträge ein, von denen allerdings nur 43 (!) positiv beschieden wurden. 3.857 Anträge wurden zurückgezogen und 39.672 als unbegründet abgelehnt. Bei 36.502 Anträgen blieben die Nachforschungen ohne Erfolg, sodass die Verfahren eingestellt werden mussten; ein Ergebnis, das wohl nicht zuletzt dem Umstand geschuldet war, dass das BAR seine Ermittlungen auf das Bundesgebiet beschränken musste.

Widersprüche gegen die Entscheidungen des BAR wurden durch ein besonderes Schiedsgericht verhandelt, das seinen Sitz in Koblenz hatte und dem auch Vertreter der Westmächte angehörten.

Anfang der 1960er Jahre war die Zahl der offenen Anträge bzw. der noch zu fällenden Schiedssprüche so weit zurückgegangen, dass ein Ende der Aufgaben des BAR absehbar schien. Von 1956 bis 1961 hatte das BAR 13 Mitarbeiter beschäftigt, 1962 waren es schon nur noch fünf; und 1966 wurde mitgeteilt, dass der letzte noch verbliebene Mitarbeiter und gleichzeitig Leiter des BAR zum Ende des Jahres in den Ruhestand gehen würde. Schon 1964 hatte das BAR faktisch seine Eigenständigkeit verloren und war der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main angegliedert worden.

Zur Aufhebung des Bundesamtes, die nur im Einvernehmen mit Frankreich, Großbritannien und den USA erfolgen konnte, wollte sich aber in den folgenden Jahren und sogar Jahrzehnten weder die deutsche noch die alliierte Seite durchringen. Schließlich bestand – und besteht – durchaus die Möglichkeit zur Wiederaufnahme von Restitutionsanträgen für den Fall, dass neue Erkenntnisse neue Ermittlungsschritte rechtfertigen würden. In den regelmäßig geführten multilateralen Gesprächen über die eventuelle Aufhebung des BAR wurde die Entscheidung daher letztlich immer wieder vertagt. Noch im September 1990 vereinbarten die Regierungen der Bundesrepublik und der Westalliierten, dass die Aufhebung der Pariser Verträge durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag keine Auswirkungen auf mögliche Restitutionen haben sollte. Auf diese Weise überdauerte das Bundesamt für äußere Restitutionen sogar seine ursprüngliche Rechtsgrundlage.

Angesichts stetig zurückgehender Anfragezahlen wurde das BAR zum 1. Januar 1999 der Oberfinanzdirektion Koblenz angegliedert und seine Unterlagen 2001 nach Koblenz verlagert. Nunmehr hatte das BAR, das faktisch schon länger kein eigenes Personal mehr beschäftigte, sondern dessen Restaufgaben von Mitarbeitern der Oberfinanzbehörde erledigt wurden, seinen Sitz im Kurfürstlichen Schloss zu Koblenz.

Im Verlauf der 2010er Jahre verlagerten sich die Anfragen an das BAR inhaltlich immer mehr von der Restitution geraubter Kulturgüter auf Fragen der Restitutions- und Provenienzforschung. Folgerichtig vereinbarten daher 2019 auch das Bundesfinanzministerium und die Beauftragte für Kultur und Medien den Übergang des BAR in den Geschäftsbereich der BKM. Gleichzeitig wurden die schon seit mehr als 20 Jahren laufenden Gespräche zwischen dem BAR und dem Bundesarchiv über eine Archivierung der Unterlagen des BAR nun konkret. In den Jahren 2022 und 2023 gelangten die Unterlagen des BAR als Archivgut des Bundes in das Bundesarchiv und bilden dort den Bestand B 401. Damit stehen die 738 Akten und 88 Mikrofilme der Allgemeinheit unter den Bedingungen des Bundesarchivgesetzes zur Verfügung und sind über die Suchmaschine invenio des Bundesarchivs online recherchierbar. Die Unterlagen des BAR fügen sich als wichtige Bereicherung ein in eine umfangreiche Überlieferung zur »Wiedergutmachung« als einem der zentralen Themenfelder zur deutschen Nachkriegsgeschichte.

Soweit noch Aufgaben in Angelegenheiten der Kulturgutrestitution bestehen, werden entsprechende Anfragen durch das Bundesarchiv an die Behörde der BKM weitergeleitet. Alle wissenschaftlichen Benutzungen und Anfragen werden ganz regulär durch das Bundesarchiv betreut. Ob angesichts der auch heute noch intensiv geführten Diskussionen über den Umgang mit geraubten Kulturgütern die Aufhebung des BAR in näherer Zeit auf der Tagesordnung steht, ist eine hochsensible und politisch zu beantwortende Frage. Die Akten allerdings sind schon sicher an ihrem endgültigen Bestimmungsort angekommen. Die Adresse dieses Ortes lautet: Bundesarchiv, Potsdamer Straße 1, 56075 Koblenz.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 12/2023-1/2024.