Zwischen Freiraum und Nachhaltigkeit
Marburgs Kulturszene ist jung, dynamisch und frei. Das bedeutet für die kulturelle Grundversorgung vor allem Förderung; das ist maßgeblich für das kulturpolitische Handeln. Einerseits führt dies zu einer bemerkenswerten Veranstaltungsvielfalt, bürgerschaftlichem Engagement und kultureller Teilhabe; andererseits bringt es unerwünschte Nebeneffekte mit sich: Wir erleben Selbstausbeutung durch unbezahlte Arbeit, fehlende soziale Absicherung und spontan wachsende Infrastrukturen.
Nachhaltige Kultur
Das ist der Grund, warum die Universitätsstadt Marburg in den kommenden Jahren eine Kulturentwicklung der Verstetigung und Nachhaltigkeit zum Ziel hat: Ökologische, ökonomische und soziale Ziele dienen als Richtschnur für das kulturpolitische Handeln. Nach und nach sollen zusammen mit dem Kulturbetrieb richtungsweisende, an den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung ausgerichtete Förderprogramme entworfen werden.
Ökologisch
2019 wurde der Klimanotstand ausgerufen. Die rege Teilnahme an der Konferenz zur kulturellen Nachhaltigkeit hat 2023 gezeigt, wie wichtig in Marburg Klimaschutzmaßnahmen sind. Beispielhaft sei der Kulturladen KFZ genannt, der von RENN.west für die Veranstaltungsreihe nachhaltig@KFZ 2023 ausgezeichnet wurde. Das soziokulturelle Zentrum beginnt gerade mit einer Klimabilanzierung, die vom Öko-Institut im Rahmen von Culture4Climate begleitet und von der Kulturpolitischen Gesellschaft als eines von 28 »Next Practice«-Beispielen geführt wird. Die Universitätsstadt Marburg wird solches Engagement in Zukunft noch stärker unterstützen.
Ökonomisch
Auch die Infrastrukturen sollen besser abgesichert werden: Das Pilotprojekt »Waggonhalle« lotet aus, welche Grundfinanzierung nötig ist, um im Kulturbetrieb auch in Krisen tarifgerechte Löhne und den Spielbetrieb zu sichern. Die Ergebnisse sollen beispielhaft für die institutionelle Förderung größerer freier Kulturbetriebe werden. Für Kulturschaffende und Soloselbstständige der Kultur- und Kreativwirtschaft werden dazu Förderprogramme für Ausstellungshonorare, Arbeitsstipendien und Beratungsstrukturen weitergedacht.
Sozial
Teilhabe ist ein großes Ziel der Stadt. Am Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention beteiligten sich viele Marburger. Auch Geschlechtergerechtigkeit und Diversität bleiben im Fokus: Die Weiterentwicklung von Genderbudgeting soll etwa dafür sorgen, den Kulturhaushalt fair-zu-teilen, und zum paritätischen Booking anreizen.
Kultur- und Freiräume schaffen
Die besondere Topografie Marburgs erzwingt geradezu einen achtsamen Umgang mit den Räumen. In Zukunft muss anders über Raumnutzung nachgedacht werden: Vorhandenes wird durch Auslastungen, Mehrfachnutzungen oder Leerstandbespielung effektiver genutzt; Neues muss erdacht werden: Ein Kulturraumentwicklungsplan soll in den nächsten Jahren helfen, zukunftsfähige Raumkonzepte für einen Theaterneubau, ein Haus der Musik und die Gestaltung der Museumslandschaft zu schaffen.
So bleibt Marburg bunt, vielseitig und kreativ!