Wann ist die Kulturarbeit einer Stadt oder Gemeinde eigentlich erfolgreich? Soll man die Reihe mit neuer Musik im kleinen Kreis machen, den gefragten Comedy-Star engagieren oder doch lieber die Coverband von nebenan, die den Saal voll macht? In diesem Dilemma steckten Kulturmacher schon vor Corona. Festzustellen ist, dass zunehmend unterhaltende den bildungsorientierten Formaten vorgezogen werden. Letztere brauchen deshalb viel mehr Vermittlungsarbeit, um Zuspruch zu finden. Tatsache ist auch, dass schon seit einiger Zeit traditionelle Kulturangebote nicht mehr so stark nachgefragt sind. Ursprünglich mit dem Anspruch der kulturellen Bildung ins Leben gerufen, hat sich das heute stark gewandelt. Schon vor Corona konzentrierte sich das Publikum bei Theater und Konzerten auf den »Silbersee«, das vorwiegend grauhaarige Publikum im fortgeschrittenen Alter, das diesem tradierten Bildungsideal noch stark verbunden ist. Junge Menschen – oft Fehlanzeige. Diese Zielgruppe tendiert eher zum Besuch populärer Mega-Events oder zieht digitale Formate, gut eingeführt während der Pandemie, dem Besuch analoger Veranstaltungen vor. Möglicherweise ist es auch auf die Pandemiezeit zurückzuführen, dass viele Menschen inzwischen das heimische Sofa und das Streaming-Abo einer Live-Veranstaltung vorziehen. So sind im Netz exzellente Kulturangebote von internationalem Format stets verfügbar. Wen wundert es da, dass sich Konzentrationsfähigkeit und Konsumverhalten zunehmend an dieser digitalen Kost orientieren. Lange Theaterabende können viele Menschen überfordern. Dazu kommt Alltagsstress in Beruf oder Schule. In den Familien wird weniger musiziert, vorgelesen und es fehlt oftmals die Muße, um gemeinsam Theatervorstellungen oder Konzerte zu besuchen. Viele Kinder erleben »analoge« Kultur gar nicht oder erst sehr spät im schulischen Kontext. Es fehlen Vorbilder. 

Das Publikum ist heute für Kulturmacher sehr viel diverser und auch anspruchsvoller geworden. Es entscheidet sich immer kurzfristiger. Es gibt unterschiedliche Gruppen, jede mit eigener Identität und eigenem Kulturverständnis. Unterschiede zwischen den Generationen treten deutlicher hervor. Demgegenüber steht eine höchst qualitätsbewusste Bildungselite, die es sich leisten kann und mobil genug ist, Kulturveranstaltungen im In- und Ausland zu besuchen. Ein Spagat für jede Kulturkonzeption. Neue Formate müssen gefunden werden, mit dem Anspruch, kulturelle Bildung niederschwellig und modern und lebendig zu vermitteln. Alleinstellungsmerkmale, lokale Besonderheiten müssen herausgearbeitet und das bloße Kopieren bekannter Formate vermieden werden. Eine Analyse des bestehenden Angebots ist Voraussetzung, um Doppelstrukturen zu vermeiden. Weniger, reduzierter und dafür intensiver, besonders und einzigartig – das sollte angesichts des heutigen Überangebots das Ziel sein. Dabei ist es eine Selbstverständlichkeit, vorhandene ehrenamtliche Strukturen im Kulturbereich mit einzubinden und zu fördern. Unter diesen Voraussetzungen und dem Genannten kann kommunale Kulturarbeit erfolgreich sein und das Leben in den Städten und Gemeinden bereichern.  

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 5/2024.