Wir leben nun schon seit Jahren in herausfordernden Zeiten und es scheint, Aufgaben und Verwerfungen mehren sich exponenziell. Nicht nur aufgrund der multiplen Krisen mit ihren direkten und indirekten Auswirkungen auf die kommunale Kulturlandschaft, sondern vor allem durch die Folgen des gesellschaftlichen Wandels in einer globalisierten Welt voller ungelöster Fragen. 

Kultur war schon immer ein Ort der Verhandlung, der Innovation, des Perspektivwechsels. Doch den ehrlichen Diskurs zu führen, ist aufgrund einer ideologisierten Meinungsmache voller Denkverbote und gesellschaftlicher Disparitäten schwieriger denn je. Es gibt keine Richtlinienkompetenz zur Kultur. Gedankliches Erneuerungspotenzial wird in unsicheren Zeiten argwöhnisch betrachtet, Konformismus sowie Populismus gewinnen oftmals die Oberhand und lassen kaum Luft für Neues. Dabei benötigen wir frische Ideen heute mehr denn je, um uns von destruktiven Routinen zu befreien, neue Wege zu finden und gemeinsam zu begehen. Doch dazu braucht es Raum. Spielraum. Gedanklichen und finanziellen. 

Für die Schaffung gedanklicher Freiräume ist die Kommune prädestiniert, um Menschen zu beteiligen, sie zu hören und zu sehen. Denn Kulturpolitik wird konkret vor Ort. Doch weitere Herausforderungen wie die Kostenexplosion im konsumtiven und investiven Bereich bei gleichzeitig prekären Haushaltslagen erschweren die Initiierung neuer »freiwilliger« und visionärer Projekte. Der Fokus liegt auf dem Erhalt der kulturellen Infrastruktur. Nicht nur im baulichen Bereich. Durch den Wegfall ehrenamtlicher Strukturen, unter anderem aufgrund eines nicht gelungenen Generationenwechsels, kommt es zu einem kaum steuerbaren Aufwuchs zusätzlicher neuer Aufgaben, die in Konkurrenz treten zu den sich stetig mehrenden Aufgaben der Kulturverwaltung und nicht selten von dieser eigenständig kompensiert werden müssen. Der Kampf um Ressourcen führt dazu, dass sich viele auf die Wahrung ihrer Eigeninteressen zurückziehen, anstelle das große Ganze zu sehen.  

Ein Lösungsansatz könnte eine zweckbestimmte »Kulturpauschale« sein, zur Verfügung gestellt durch den Bund, die Kommunen unabhängig von klammen Haushalten und eingrenzenden Förderzwängen einsetzen können, diese Wege zusammen mit der Stadtgesellschaft zum Beispiel in einem Bürgerpanel zu finden. Mit zur Verfügung gestellten einem Euro pro Einwohnerin und Einwohner könnten so die Kommunen basisdemokratisch diese Denkprozesse organisieren und frei von Zwängen mit Ideen und Projekten experimentieren. Die Ergebnisse könnten so, als Sachbericht dokumentiert, als eine Art Grassroot-Beratungsleistung in die Gestaltung der allgemeinen Kulturpolitik einfließen. Unabhängig von teilweise abgehobenen kulturpolitischen Diskussionen, oftmals von Leuchtturmpolitik geprägten Förderkulissen oder überbordender Einflussnahme der Politik. 

Damit wir gemeinsam das unbestrittene Potenzial der Kultur als Kitt der Gesellschaft frisch, fröhlich und frei für die Gesellschaft mit klaren Ansagen für ein gemeinsames Handeln neu entdecken. 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 5/2024.