Die Film- und Fernsehbranche beschäftigt knapp 200.000 Menschen in Deutschland. Die Berufsbilder reichen von kreativen über kaufmännische bis zu handwerklichen Tätigkeiten. Gemeinsam haben sie nur eins: Sie sind so wandlungsfähig wie die Branche selbst.

Seit jeher ist die Filmbranche durch technologische Innovationen geprägt. Von der Einführung des Tonfilms über die Farbfilmtechnologie bis zu computergenerierten Bildeffekten stand die Filmindustrie stets an der Spitze technologischer Entwicklungen. Kreativität und Risikobereitschaft haben es der Branche ermöglicht, sich ständig weiterzuentwickeln, um dem Publikum auf immer neuen Wegen faszinierende Erlebnisse bieten zu können. Der Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz stellt dennoch neue Fragen an die kreative, risikobereite und innovationsfreudige Filmbranche.

Effizienzgewinne zugunsten der Filmkunst und der Filmschaffenden

Bereits jetzt ist klar: Einer der Hauptvorteile des Einsatzes von KI in der Filmproduktion ist die Effizienzsteigerung. KI-Tools können viele zeitaufwändige Aufgaben übernehmen wie die Transkription von Dialogen, die Übersetzung oder Auswertung von Inhalten oder die Planung von einzelnen Szenen und ganzen Drehbüchern. Besonders arbeitsintensive Schritte, beispielsweise beim Erstellen animierter Sequenzen, werden durch KI-Tools mit einem Bruchteil des bisherigen Aufwands erledigt. Diese Automatisierung spart nicht nur Zeit, sondern auch Kosten, die stattdessen in kreative Prozesse und die Verbesserung der Produktionsqualität investiert werden können.

KI kann auch als kreativer Sparringspartner dienen: zur Inspiration, Storytelling-Analyse und Zielgruppenbestimmung. Diese Assistenzfunktion von KI eröffnet neue Möglichkeiten für innovative Erzählformen und kreative Experimente.

Es wird darauf ankommen, die sich neu ergebenden Frei- und Gestaltungsräume durch den Einsatz von KI für kreative Prozesse zugunsten der Filmkunst und der Filmschaffenden zu nutzen. Insbesondere junge Kreative profitieren von diesen neuen Möglichkeiten, da sie ihnen kostengünstig Zugang zu Technologien bieten, die bisher nur großen Studios zur Verfügung standen.

Kreative Potenziale brauchen wirtschaftliche Freiräume

Auch das Berufsbild von Produzentinnen und Produzenten wird sich durch eine so folgenreiche technologische Entwicklung verändern – so, wie es stets mit großen Umwälzungen in der Branche war. Klar ist: Neue technologische Mittel ersetzen nicht die zentrale produzentische Funktion der wirtschaftlichen und künstlerischen Aufstellung einer Produktion. Die kreative Vision kann eben nur so weit umgesetzt werden, wie es dem Filmhersteller gelingt, den finanziellen Rahmen zu stecken und verschiedene kreative Gewerke zu einem Ganzen zu bündeln. Die wirtschaftlichen Mittel, aus denen Kreative schöpfen können, bemessen sich maßgeblich am Wert der Rechte, die die Filmhersteller an einem Werk schaffen. Produzenten und Produzentinnen gestalten so die Voraussetzung für künstlerische Freiheit – und tragen das gesamte unternehmerische Risiko. Es geht beim produzentischen Berufsbild um die Frage des Geschäftsmodells: Wollen wir eine vielfältige Kreativwirtschaft mit ihren kleinen und mittelständischen Unternehmen, ausdifferenzierten Zweigen und Gewerken – oder wenige Digitalkonzerne, deren Geschäftsmodell auf der Monopolisierung der Daten ihrer Kundinnen und Kunden beruht?

Oft genug gibt es die Befürchtung, Künstliche Intelligenz könnte die Medienproduktion vollständig ersetzen. Szenarien, wonach wir in Zukunft Filme sehen werden, die per App ganz auf unseren individuellen Geschmack hin in Sekundenschnelle erstellt (oder angepasst) werden, vergessen jedoch, dass das technisch Mögliche nicht auch das Realistische ist. Filme, ob im Kino, im Fernsehen oder unterwegs auf dem Handy, müssen neben schönen Bildern auch Empathie bieten und überraschend sein. Filme sind nicht nur Unterhaltung, sondern auch Erinnerung, Bildung und Geborgenheit in einer sich stets verändernden Welt. Filme sind soziale Gemeinschaftserlebnisse. Menschen schauen sie gemeinsam oder teilen ihre Empfehlungen – im Kino, in der Mediathek, selbst auf dem Smartphone. Wir müssen keine Angst haben vor der Entwicklung, sondern auf die Expansion der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Menschen setzen – auch im Umgang mit den neuen Werkzeugen generativer KI.

Untergangsszenarien haben technische Innovationen stets begleitet. Es wundert nicht, dass sie auch die Umwälzungen durch KI begleiten. Die Film- und Fernsehbranche hat schon immer durch ihre Innovationsfreude und Risikobereitschaft beeindruckt und durch die Fähigkeit, Menschen begeistern zu können. Diese Eigenschaften werden auch in Zukunft entscheidend sein, um die Wachstums- und Beschäftigungspotenziale von KI voll auszuschöpfen und den Filmstandort Deutschland international wettbewerbsfähig zu halten.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 7-8/2024.