Die Integration künstlicher Intelligenz (KI) in die Filmindustrie markiert eine revolutionäre Ära in der Art und Weise, wie Inhalte geschaffen, bearbeitet und präsentiert werden. Diese Technologien eröffnen Filmemachern neue Dimensionen der Kreativität und Effizienz, bringen jedoch auch spezifische Herausforderungen mit sich.
Eine der bemerkenswertesten Anwendungen im Film ist die Möglichkeit zur Automatisierung zeitaufwendiger Prozesse wie Schnitt, Farbkorrektur und sogar einige Aspekte der visuellen Effekte. Beispielsweise können Algorithmen das Color Grading von Szenen übernehmen, wodurch Produktionszeiten verkürzt und Kosten gesenkt werden. KI-gestützte Software ermöglicht zudem die Erstellung realistischer digitaler Zwillinge von Schauspielern, was besonders für Nachdrehs nützlich sein kann, wenn die betreffenden Darsteller nicht verfügbar sind. Diese von KI erschaffenen digitalen Menschen können allerdings als Konkurrenz für echte Künstler und Schauspieler auftreten. Ein Beispiel hierfür sind digitale Influencer wie Lil Miquela, die bereits Werbeeinnahmen mit großen Unternehmen wie BMW erzielt haben. Hinter der digitalen Persona steht ein Team, das Bilder und Videos generiert und Gesichter austauscht. Obwohl die Follower wissen, dass es sich um eine digitale Person handelt, können sie sich dennoch mit ihr identifizieren. Echte Menschen müssen daher Alternativen finden, um konkurrenzfähig zu bleiben. Ein zukünftiger Ansatz könnte sein, dass Schauspieler in volumetrischen Studios aufgenommen werden, in denen ihre biometrischen Daten gesichert und dann an Studios für spezifische Projekte lizenziert werden. Die Produktionen könnten diese Aufnahmen nutzen, um neue Filme in Abstimmung mit den Schauspielern zu kreieren, oder Studios könnten Schauspieler zusammen mit ihrem jüngeren »Ich« buchen. Mithilfe von Deepfake-Technologie können heute bereits hochauflösende volumetrische Daten verwendet werden, um eine Rolle mit Deepfake zu besetzen. So können Schauspieler mehrere Rollen gleichzeitig spielen und an Projekten teilnehmen, die ggf. über ihren körperlichen Möglichkeiten liegen.
Ein weiterer Bereich, in dem KI glänzt, ist das Storytelling. Durch die Analyse großer Datenmengen aus früheren Filmprojekten kann KI Muster erkennen, erfolgreiche narrative Elemente vorschlagen und somit Drehbuchautoren bei der Entwicklung von Skripten unterstützen.
KI eröffnet auch Möglichkeiten zur Personalisierung von Filmerlebnissen. Durch die Analyse von Zuschauerdaten kann KI individuell angepasste Inhalte anbieten, die auf den Vorlieben des Einzelnen basieren. Dies könnte in naher Zukunft ein völlig neues Filmerlebnis schaffen, bei dem Zuschauer interaktive Elemente innerhalb eines Films steuern können. Die Integration von KI in die Filmproduktion birgt sowohl Chancen als auch Risiken. Ethische Bedenken, etwa beim Einsatz von KI zur Nachbildung menschlicher Schauspieler, stellen zentrale Herausforderungen dar und werfen rechtliche sowie moralische Fragen auf. Die Authentizität künstlerischer Darstellungen ist dabei oft ein Diskussionspunkt. Um diesen Bedenken entgegenzuwirken, arbeiten wir an ID-Management-Systemen, die Schauspielern ermöglichen sollen, neben KI-generierten Akteuren zu bestehen und angemessen entlohnt zu werden.
Ein weiteres Risiko ist die potenzielle Überstandardisierung kreativer Prozesse. KI-Systeme, die darauf trainiert sind, erfolgreiche Muster zu erkennen und nachzuahmen, könnten zu einer Uniformität des filmischen Outputs führen und somit innovative sowie unkonventionelle Projekte an den Rand drängen.
Die Zukunft der KI im Film ist aufregend und verspricht tiefgreifende Veränderungen für die Branche. Filmemacher müssen sich jedoch mit den neuen Technologien vertraut machen und sich auf Prozesse einlassen, die anfangs durch KI-Tools eine signifikante Beschleunigung der Produktion und Kostensenkung versprechen. Während das volle Potenzial von vollständig KI-generierten und personalisierten Filmerfahrungen noch in der Zukunft liegt, wird deren Akzeptanz durch Beispiele wie die Hologrammshow von ABBA bereits vorbereitet. Schon heute hat die DeepMind-KI von Google innerhalb eines Jahres über eine Million neue Materialien entdeckt – ein Zuwachs, der das Zehnfache dessen beträgt, was die Menschheit in über 2000 Jahren erreicht hat (vgl. DeepMind; Merchant, Cubuk, 2023). Vor diesem Hintergrund darf man gespannt sein, welche neuen Unterhaltungsformate KIs im Medienbereich hervorbringen werden.
Mehr zum Thema Künstliche Intelligenz in der Kultur in den Ausgaben 3/24, 4/24 und 5/24 von Politik & Kultur. Hier haben wir uns mit den Sparten Musik, Literatur und Übersetzung beschäftigt.