Seit 1978, dem ersten Eintragungsjahr, sind 1.223 Stätten weltweit auf der stetig wachsenden Liste des UNESCO-Welterbes verzeichnet. Von den 1.223 Welterbestätten sind 952 Kultur- und 231 Naturerbestätten.

Im Jahr 1978 wurde den ersten Stätten der Welterbetitel verliehen. Zu den ersten Weltkulturerbestätten gehören der Aachener Dom (Deutschland), die Felsenkirchen von Lalibela (Äthiopien), das Stadtzentrum von Quito (Ecuador), der Historische Nationalpark L’Anse aux Meadows (Kanada), das Historische Zentrum von Krakau (Polen), die Insel Gorée (Senegal) und der Nationalpark Mesa Verde (USA). Die ersten anerkannten Naturerbestätten sind der Nationalpark Simien (Äthiopien), die Galapagosinseln (Ecuador), der Nationalpark Nahanni (Kanada) und der Nationalpark Yellowstone (USA).

Dass die UNESCO-Welterbeliste nicht nur eine Liste der besonders »schönen« Erinnerungsstätten ist, wird daran deutlich, dass unter anderem auch Auschwitz-Birkenau – Deutsches nationalsozialistisches Konzentrations- und Vernichtungslager (1940-1945) (Polen) seit 1979 auf der Weltkulturerbeliste verzeichnet ist, ebenso wie das Nukleare Testgelände auf dem Bikini-Atoll (Marschallinseln) seit 2010 oder die im selben Jahr aufgenommene Welterbestätte Australische Strafgefangenenlager (Australien).

Drei Stätten wurden bislang von der Liste gestrichen, wozu leider auch eine deutsche Welterbestätte zählt. Gestrichen wurden die Kulturlandschaft Dresdner Elbtal (aufgenommen 2006, gestrichen 2009), das Wildschutzgebiet der Arabischen Oryx in Oman (aufgenommen 1994, gestrichen 2007) und Liverpool – eine maritime Handelsstadt in Großbritannien (2004, gestrichen 2021). Einzig die Kulturlandschaft Dresdner Elbtal wurde innerhalb eines Jahrzehnts in die Liste aufgenommen und wieder gestrichen – wegen des Baus der Waldschlößchenbrücke. Die Arroganz der damaligen Stadtoberen von Dresden – was brauchen wir schon den Titel, alle kommen auch so nach Dresden – ist mir noch gut in Erinnerung. Verkannt wurde, dass ein UNESCO-Welterbetitel weit mehr ist als ein netter Tourismusgag.

Die »Top Ten« der Länder mit Welterbestätten führt mit 60 Stätten Italien an, dicht gefolgt von China mit 59. Auf dem dritten Platz liegt schon Deutschland mit 54 Stätten und direkt danach Frankreich mit 53. Darauf folgt Spanien mit 50 Stätten, Indien mit 43, Mexiko mit 35, Großbritannien mit 34, Russland mit 32 und der Iran mit 28 Stätten. Diese Liste offenbart sogleich die Schieflage in der geografischen Verteilung der Welterbestätten. Unter den »Top Ten« sind einschließlich Russland sechs europäische Länder, aus Asien mit China, Indien und Iran drei und aus Süd- und Nordamerika ein Land. Weder ein afrikanisches Land noch Australien oder Ozeanien sind so stark mit Welterbestätten auf der UNESCO-Liste präsent.

Nicht umsonst wird daher bereits seit einigen Jahren von UNESCO-Mitgliedstaaten aus dem globalen Süden dringend angemahnt, bei der Nominierung und Aufnahme von Welterbestätte stärker darauf zu achten, dass die verschiedenen Weltregionen vertreten sind. Schließlich geht es um das Erbe der Menschheit und eben nicht um ein Tourismussiegel für herausragende europäische Kulturstätten.

Der außergewöhnliche universelle Wert eines Guts, wie die UNESCO-Welterbestätte bzw. die sich dort manifestierenden Artefakte genannt werden, wird an der Erfüllung eines der nachfolgenden Kriterien gemessen. Sie sollten: ein Meisterwerk der menschlichen Schöpferkraft darstellen; für einen Zeitraum oder in einem Kulturgebiet der Erde einen bedeutenden Schnittpunkt menschlicher Werte in Bezug auf Entwicklung der Architektur oder Technik, der Großplastik, des Städtebaus oder der Landschaftsgestaltung aufzeigen; ein einzigartiges oder zumindest außergewöhnliches Zeugnis einer kulturellen Tradition oder einer bestehenden oder untergegangenen Kultur darstellen; ein hervorragendes Beispiel eines Typus von Gebäuden, architektonischen oder technologischen Ensembles oder Landschaften darstellen, die einen oder mehrere bedeutsame Abschnitte der Menschheitsgeschichte versinnbildlichen; ein hervorragendes Beispiel einer überlieferten menschlichen Siedlungsform, Boden- oder Meeresnutzung darstellen, die für eine oder mehrere bestimmte Kulturen typisch ist, oder der Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt, insbesondere, wenn diese unter dem Druck unaufhaltsamen Wandels vom Untergang bedroht wird; in unmittelbarer oder erkennbarer Weise mit Ereignissen oder überlieferten Lebensformen, mit Ideen oder Glaubensbekenntnissen oder mit künstlerischen oder literarischen Werken von außergewöhnlicher universeller Bedeutung verknüpft sein (dieses Kriterium sollte in der Regel nur in Verbindung mit einem weiteren Kriterium angewandt werden); überragende Naturerscheinungen oder Gebiete von außergewöhnlicher Naturschönheit und ästhetischer Bedeutung aufweisen; außergewöhnliche Beispiele der Hauptstufen der Erdgeschichte darstellen, einschließlich der Entwicklung des Lebens, wesentlicher im Gang befindlicher geologischer Prozesse bei der Entwicklung von Landschaftsformen oder wesentlicher geomorphologischer oder physiographischer Merkmale; außergewöhnliche Beispiele bedeutender im Gang befindlicher ökologischer und biologischer Prozesse in der Evolution und Entwicklung von Land-, Süßwasser-, Küsten- und Meeres-Ökosystemen sowie Pflanzen- und Tiergemeinschaften darstellen; die für die In-situ-Erhaltung der biologischen Vielfalt bedeutendsten und typischsten Lebensräume enthalten, einschließlich solcher, die bedrohte Arten enthalten, welche aus wissenschaftlichen Gründen oder ihrer Erhaltung wegen von außergewöhnlichem universellen Wert sind.

Entscheidend für die Welterbestätten ist aber nicht nur die Aufnahme als Welterbestätte, sondern der dauerhafte Erhalt und die Vermittlung des Welterbes. Der Titel ist eine dauerhafte Verpflichtung, das Erbe der Menschheit zu schützen, zu bewahren und zu vermitteln. Hierfür sind natürlich auch ausreichend finanzielle Mittel notwendig. Und wofür liegt eine Förderung des Bundes mehr auf der Hand als für Orte der Weltkultur, deren Bedeutung über den regionalen Bereich weit hinaus gehen. Im ersten Entwurf des Koalitionsvertrages der neuen Bundesregierung stand deshalb noch folgerichtig: »Wir werden … den Reichtum des UNESCO-Welterbes erhalten.« Im verabschiedeten Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD dann kein Wort mehr davon.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 6/2025.