Junge Menschen engagieren sich vielfältig – ob ehrenamtlich, mit gezielten Protest-Aktionen oder im digitalen Raum. Sie setzen sich für Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und Demokratie ein. Statt Generationenkonflikte zu schüren, sollte anerkannt werden, dass junge Menschen mitgestalten wollen – und viel mehr gefragt werden, wie nachhaltige und wirksame Teilhabe gelingt.
Im Kulturbereich engagieren sich bundesweit im Vergleich überdurchschnittlich viele Menschen. Projekte und Vereine der kulturellen Bildung tragen wesentlich dazu bei, junge Menschen in gesellschaftliche Prozesse einzubinden und ihnen die Erfahrung zu vermitteln, dass ihre Teilhabe essenziell ist – nicht nur für die »eigene« Theater- oder Tanzgruppe, sondern für die Gesellschaft insgesamt. Teilhabe bedeutet hierbei zum einen den Zugang zu kulturellen Angeboten, da kulturelle Bildung jungen Menschen ermöglicht, Kunst und Kultur aktiv zu erleben und mitzugestalten. Zum anderen umfasst sie gesellschaftliche und soziale Teilhabe, indem sie junge Menschen befähigt, ihr Umfeld mitzugestalten und ein demokratisches Bewusstsein zu entwickeln. Die Förderrichtlinie des Programms »Kultur macht stark«, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung aktuell in der dritten Runde gefördert wird, setzt genau hier an.
Kinder und Jugendliche mit erschwerten Ausgangsbedingungen sind die zentrale Zielgruppe. Mehr als 1.400.000 Teilnehmende erreichten die bislang 49.000 geförderten Kunst- und Kulturprojekte über »Kultur macht stark». Die BKJ als Programmpartner trägt mit ihrer Initiative »Künste öffnen Welten» zu einer Stärkung und Verbesserung der Bildungs- und Teilhabechancen bei. Die Förderung von Bündnisarbeit der beteiligten Projektpartner steht dabei im Fokus. Erfahrungsräume wie Schule und Kita werden um non-formale Bildungsumgebungen erweitert, in denen junge Menschen aktiv mitgestalten und Verantwortung übernehmen. Künstlerische Auseinandersetzung verbindet sich mit der Erfahrung, selbst etwas zu schaffen und Teil von etwas zu sein. Junge Menschen können sich ausprobieren und ihre eigene kreative Sprache entwickeln.
Viele herausragende, künstlerisch anspruchsvolle und innovative Projekte und Bündnisse sind im Rahmen von »Kultur macht stark« entstanden. Diese haben dazu beigetragen, dass kulturelle Bildung zunehmend als zentrales Element gesellschaftlicher Teilhabe anerkannt wird. Am grundlegenden Bildungsverständnis hat sich allerdings bisher nur wenig geändert. Genau das ist jedoch nötig, um einen Paradigmenwechsel zu vollziehen, Bildungsakteure zu stärken und Teilhabe nachhaltig zu sichern – auf Bundes-, Landes- und vor allem Kommunalebene, wo Bildung (junger) Menschen in der Breite stattfindet.
Die BKJ sieht innerhalb kommunaler Bildungslandschaften eine große Chance, kulturelle Bildung nachhaltig in den Bildungsbiografien von (jungen) Menschen zu verankern. Die zielgerichtete Zusammenarbeit aller Bildungsakteure in einem Gemeinwesen – im Sinne einer kommunalen Koproduktion – ermöglicht den nachhaltigen Ausbau von Strukturen. So wird außerschulisches Engagement sichtbar und Kindern und Jugendlichen ein niedrigschwelliger Zugang zu kulturellen Bildungsangeboten eröffnet. In der Praxis fehlen jedoch oft diese Strukturen und langfristige Finanzierungen für eine nachhaltige Verstetigung kultureller Bildung in den Kommunen. Stattdessen ist kulturelle Bildung von befristeten Projektförderungen wie »Kultur macht stark« abhängig, die zwar Innovationen ermöglichen, aber keine kontinuierliche Zusammenarbeit sichern. Zuständigkeiten zwischen Schulen, Jugendhilfe, Kultur- und Bildungsakteuren und Verwaltungsressorts sind nicht immer klar geregelt, sodass Kooperationen oft von persönlichem Engagement Einzelner oder kurzfristigen Initiativen abhängen. Somit bleibt kulturelle Bildung trotz ihrer Potenziale in vielen Kommunen oft ein »Zusatzangebot«, das abhängig ist von politischen und finanziellen Prioritäten.
Die kommunalen Bildungslandschaften sollten es sein, innerhalb derer die Gestaltungskompetenzen für einen qualitativen Ganztag unter den Akteuren verteilt werden und außerschulische Jugendarbeit als Kooperationsbereich strukturell miteinbezogen wird. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung könnte ermöglichen, dass junge Menschen ein Recht sowohl auf formale als auch auf non-formale Bildung erhalten. Dafür braucht es nachhaltige Rahmenbedingungen, die außerschulische Teilhabe- und Freizeitmöglichkeiten sichern. Eine dauerhafte finanzielle Absicherung über befristete Förderungen ist nötig, die eine strukturelle Grundversorgung ermöglicht.
Eine zielgerichtete Kooperation zwischen Politik, Verwaltung und Gestaltenden ist entscheidend, um kulturelle Bildung als Querschnittsaufgabe in der Bildungs- und Jugendpolitik zu etablieren und den Fokus auf eine strukturelle Veränderung des Bildungsverständnisses zu legen. Als ein Teil non-formaler Bildung ist kulturelle Bildung unverzichtbar für Persönlichkeitsentwicklung und Demokratiebildung. Sie ist ein wesentliches Instrument gesellschaftlicher Teilhabe, das Kindern und Jugendlichen den Zugang zur Welt eröffnet und sie befähigt, sich aktiv einzubringen.