Was haben der Kultur Treff auf der Hallig Hooge ganz im Norden, das Pfahlbaumuseum in Unteruhldingen am Bodensee, der Römische Vicus Wareswald in Tholey im Saarland oder das Konrad-Wachsmann-Haus in Niesky in Sachsen gemeinsam? Sie alle sind im Rahmen des »Soforthilfeprogramms Heimatmuseen« gefördert worden. Dieses Programm hat die Beauftragte für Kultur und Medien erstmals 2020 mit Mitteln des Bundesprogramms Ländliche Entwicklung (BULE) aufgelegt. Weitere Förderungen folgten bis Ende 2024. Dahinter stand die Erkenntnis, dass eine Stärkung der Ländlichen Räume auch mit einer Stärkung von Kultureinrichtungen einhergehen sollte. Der Deutsche Verband für Archäologie (DVA), der Dachverband der archäologischen Vereine und Verbände in der Bundesrepublik Deutschland, hatte dazu bereits 2019 eine Bedarfsermittlung gestartet und konnte schon nach wenigen Wochen in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Museumsbund einen sehr hohen Förderbedarf nachweisen. Die Recherche richtete sich an regionale Museen, Freilichtmuseen, archäologische Parks und Träger von Bodendenkmalstätten. Weitere Programme im Bereich der ländlichen Kultur entwickelten der Deutsche Bibliotheksverband und der Bundesverband Soziokultur.

Die Definition des ländlichen Raumes erfolgte durch ein einfaches Kriterium. Der Antrag musste aus einer Gemeinde mit maximal 20.000 Einwohnern kommen. Beantragt werden konnten bis zu 25.000 Euro für Modernisierungsmaßnahmen und programmbegleitende Investitionen, wobei ein Eigenanteil von 25 Prozent zu erbringen war. Was ist gefördert worden? Bleiben wir bei den eingangs genannten Beispielen aus allen Himmelsrichtungen: In Hallig Hooge die Anschaffung einer Drohne, um über die archäologischen Bodenfunde im Wattenmeer besser informieren zu können, im Pfahlbaumuseum in Unteruhldingen der Aufbau einer Outdoorausstellung, im Römischen Vicus Wareswald die Erstellung von Informationstafeln über die Ausgrabung und in Niesky die Reparaturarbeiten an den Holzoberflächen der Fassade und am Gebäudesockel. Diese vier Beispiele zeigen schon, dass die Maßnahmen unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Förderung wurde unmittelbar für die Erhaltung von Gebäuden und Außenbereichen, für Sicherungsmaßnahmen, für die Modernisierung von Empfangstresen und Kassensystemen, den Einbau von Feuermeldeanlagen (so auf dem Feuerschiff Borkumriff in Borkum), Verbesserung der Zugänglichkeit für mobilitätseingeschränkte Personen oder direkt zur Anschaffung von Vitrinen und Ausstellungsbedarfen verwendet. Die Nöte in den kleinen ländlichen Museen sind vielfältig und unterschiedlich. Oft sind wenige 1.000 Euro in der Lage, die größten Missstände abzustellen und einer Einrichtung wieder eine Perspektive zu geben. So wurde in der Ilser Webstube in Petershagen die Anschaffung von Insektenschutzgittern zum Schutz der Textilien vor Mottenbefall gefördert; dafür wurden 1.293 Euro benötigt, die historische Ölmühle Wern im Saarland benötigte 6.750 Euro für die dringend notwendige Reparatur des Dachs und die Instandsetzung von schwer zugänglichen Maschinenteilen. Bei diesen gering wirkenden Förderungen muss aber auch bedacht werden, dass der Eigenanteil von 25 Prozent in der Regel von den die Einrichtung betreibenden Vereinen aufgebracht werden muss und dass auch kleine Beträge schon eine Herausforderung darstellen. Die meisten Förderungen lagen jedoch zwischen 20.000 und 25.000 Euro und führten zu substanziellen Verbesserungen. Mit dem Bundesprogramm konnten auch vielfach Kommunen bewegt werden, den verbleibenden Eigenanteil mitzufinanzieren.

Schon diese wenigen Beispiele der von 2020 bis 2024 geförderten Projekte zeigen, dass die Museumslandschaft auf dem Land sich erheblich von der in Großstädten unterscheidet. Von den 6.525 Museen, die 2019 in den 13 Flächenstaaten gezählt wurden, lagen drei von fünf in Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern. Die Statistiken des Instituts für Museumsforschung in Berlin zeigen, dass knapp die Hälfte der Bevölkerung der Bundesrepublik in diesen ländlichen Gemeinden lebt und Zugang zu 4.000 Museen hat. Der Unterschied in der Verteilung der Museumstypen zwischen Stadt und Land ist eindrucksvoll. Nach den Kategorien des Instituts für Museumsforschung gehören mehr als die Hälfte der 4.000 Museen auf dem Land zur Gruppe der Orts- und Regionalgeschichte, wozu unter dem Begriff der europäischen Ethnologie auch die Volkskunde gezählt wird. Dazu kommen noch 249 archäologisch oder historisch ausgerichtete Einrichtungen sowie 451 naturwissenschaftliche oder technische Museen. Diese hohe Zahl ist nicht überraschend, unter den Anträgen fanden sich sehr viele Antragsteller, die Mühlen betreuten. Aber auch Schmieden oder Hammerwerke gehören zu Zeugnissen der technischen Geschichte, die vor Ort erhalten und gepflegt werden. Einer der größten Unterschiede zwischen Stadt und Land liegt sicher in der Zahl der Kunstmuseen. Deren Anteil ist in der Stadt fast doppelt so hoch wie auf dem Land.

Das »Heimatmuseum« ist demnach ein ganz besonderer Kristallisationspunkt von kultureller Aktivität, der so vor allem auf dem Land zu finden ist. Es ist, wie Kathrin Grotz in der Verbandszeitschrift Blickpunkt Archäologie ausführte, eine ganz spezifische, auf den deutschen Sprachraum begrenzte Museumsgattung. Heimatmuseen dienen als spezifische Orte der Verhandlung von Heimatgeschichte, in denen Wissen über Orts- und Regionalgeschichte, Sprache und Gepflogenheiten des unmittelbaren Lebensumfeldes und der früheren Bewohner gesammelt, bewahrt und vermittelt wird.

Wenn es bei der Förderung von ländlichen Räumen darum geht, diese zu lebenswerten Orten zu machen, an denen regionales Profil sichtbar und geschärft wird, dann kommt den Heimatmuseen und den kulturgeschichtlichen und kirchlichen Orten neben den Naturräumen eine besondere Bedeutung zu. Sie bewahren und vermitteln Wissen, das den Ort einzigartig und unterscheidbar macht. Sie werden zu Ausgangspunkten, an denen sich Engagement bündelt, im besten Falle über alle Grenzen von Herkunft und gesellschaftlicher Zugehörigkeit hinweg. Sie werden zu Orten, an denen Identifikation und damit das Gefühl von Zugehörigkeit wachsen kann. Sie können auch zu Orten werden, die neben der Funktion als Treffpunkt auch Ausgangspunkte für eine künstlerische Betätigung und Entfaltung bilden; der Vielfalt von Aktivitäten sind kaum Grenzen gesetzt.

Es gibt kaum etwas Spannenderes als mit der Vielfalt der Menschen, die diese Stätten mit Leben erfüllen, zusammenzuarbeiten. Es ist anders als bei den professionell geführten Museen in der Stadt. Das Team des DVA kann von unterschiedlichsten Begegnungen berichten, von dem Einzelkämpfer, der seit Jahren gegen den Verfall eines Denkmals ankämpft, von den jungen Menschen, die begeistert die archäologischen Zeugnisse erschließen, von den alten langjährigen Betreuerinnen und Betreuern eines Heimathauses, die erstmals einen Antrag stellen und bisher nicht digital gearbeitet haben, von den Zugezogenen, die sich vom Reiz eines scheinbar seit Jahrzehnten vor sich hinschlummernden Technikdenkmals faszinieren lassen und von den Menschen aus allen Generationen, die mit viel Experimentierfreude alte Kulturtechniken zu neuem Leben erwecken.

Fast 600 Anträge konnten in den Jahren zwischen 2020 und 2024 bewilligt und in enger Zusammenarbeit mit den Antragstellern auch formgerecht umgesetzt werden. Dafür konnten im Amt der Bundesbeauftragen für Kultur und Medien aus dem Bundesprogramm für Ländliche Entwicklung 11 Millionen Euro bereitgestellt werden. Die Zahl der Anträge war viel höher, und die Antragsportale mussten in der Regel schon bald wieder geschlossen werden.

Die ländlichen Räume haben als Lebensort für nahezu die Hälfte der Bundesbevölkerung eine enorme Bedeutung. Selbstorganisierte, individuell an die Bedürfnisse und Möglichkeiten vor Ort angepasste Kulturstätten sind dort sehr wichtig. Mit einer im Verhältnis zu anderen Kulturprojekten in Großstädten sehr geringen Fördersumme kann hier eine große und nachhaltige Wirkung entfaltet werden.