Ländliche Regionen Deutschlands bergen kulturelle Schätze, wobei die Bildende Kunst insbesondere im Kulturtourismus eine markante, bislang aber noch nicht intensiv betrachtete Rolle spielt. Ausstellungen erzielen immerhin hinter den historischen Stätten die höchsten Besuchszahlen der Kultursparten im touristischen Kontext. Zugleich wird der Inlandsurlaub von vielen Deutschen weiterhin bevorzugt. Kunst belebt – etwa in Besuchsorten wie Worpswede – das kulturelle Erbe. In »partizipativen Destinationen« und durch Kreativtourismus wird Kunst zum Bindeglied zwischen Touristen und Einheimischen, fördert Community Building und schafft »authentische« Kunsterlebnisse. Es lohnt also zu betrachten, was die Synergie zwischen Kultur, aber auch zwischen künstlerisch Schaffenden und Tourismusakteuren bestärken kann.
Tourismus als Treiber für Kunst in ländlichen Räumen
Neben dem generellen Versprechen, Publikum zur Kultur zu bringen und diese, wo sie in ländlichen Räumen vulnerabel wird, erhalten zu helfen, steigert Tourismus auch die Sichtbarkeit der Bildenden Kunst in diesen Regionen. Touristisch ausstrahlende Kulturprogramme wie die Kulturelle Landpartie im Wendland oder Künstlerkolonien – etwa am Schwielowsee – fördern Kultur als lokales Kennzeichen und erzeugen durch sie ein positives Außen-Image. Integrative Entwicklungskonzepte von Tourismus und Kultur können die Synergie zwischen beiden Bereichen fördern. Sinn macht das, denn Touristen suchen »authentische« Erlebnisse, die in ländlichen Kunst-Settings besonders gut erfahrbar werden. Künstler und Künstlerinnen bieten durch ihre Ausstellungen und ihre oft auf speziellen Kunstpfaden erkundbaren Galerien, Künstlerresidenzen und Workshops touristisch relevante Anknüpfungspunkte. Ein hoher Besucherdruck kann aber auch die künstlerische Unabhängigkeit gefährden und – nicht nur im Ferntourismus – Kunst kommerzialisieren oder kulturelle Traditionen einfrieren. Darum haben Bürgerbeteiligung, Kulturelle Bildung und Teilhaborientierung auch im ländlichen Kunsttourismus eine wichtige Ankerfunktion. Einheimische können selbst als Kunstschaffende, Vermittelnde und Betreibende von ehrenamtlichen Kultureinrichtungen und -initiativen zu touristischen Mitakteuren werden. Zugleich entstehen durch sie Orte des Austauschs, die die regionale Verbundenheit stärken. Von persönlichen Empfehlungen hängen zudem die empirisch höchsten touristischen Folgebesuche zu Kunstangeboten in ländlichen Räumen ab. Immerhin: Laut Deutschem Tourismus Verband empfinden 38 Prozent der Einheimischen Tourismus als kulturförderlich. Das setzt voraus, dass touristische PR die lokale Kultur in Wert setzt, sie publik und zugänglich macht. Der Regelfall ist dies eher nicht. Hierfür sind integrative Entwicklungsprozesse von Nöten und Rahmenbedingungen – wie Öffnungszeiten und Erreichbarkeit – müssen dies auch zulassen.
Die Anziehungskraft von Kunst und Kultur im Tourismus
Kulturelle Veranstaltungen und Besuchsorte stärken anders herum aber auch die touristische Anziehungskraft einer Region. Das veranschaulicht etwa das Künstlerdorf Schöppingen. Der Fokus auf Kreativtourismus, wie im Erzgebirge erkennbar, intensiviert zudem die Bindung von Gästen. Häufig knüpfen sich die künstlerischen Angebote an historische Stätten und sorgen dort für wiederkehrende Besuchsanlässe. Es gibt aber auch Inkongruenzen beider Felder auf dem Weg zur Inwertsetzung regionaler Kunst, asynchrone Erfordernisse oder fehlende Anlässe gemeinsamer Planung. Förderprogramme können hier punktuell Impulse setzen. Große Vorbilder im internationalen Radius zeigen, dass Bildende Kunst ländliche Regionen in innovative Art Places verwandeln kann. Das Lofoten International Art Festival in Finnland oder die Setouchi Triennale in Japan veranschaulichen, wie im internationalen Radius Strahlkraft aufgebaut wird. In Deutschland scheint der Weg zu gemeinsamer PR und Marketing zwischen touristischen Managementstrategien mit Kunst und deren regionaler Entwicklung noch herausforderungsreich. Sicher nicht alleinige Lösung, aber doch vielversprechend erscheinen aktuell die Möglichkeiten zur Vernetzung von Datenplattformen durch Open Data – auch für Kultur und Tourismus in ländlichen Destinationen.
Auf dem Weg zu innovativen Kollaborationen im kulturtouristischen Sektor
Kulturtouristische Projekte, die auf der Basis von cross-sektoralen Initiativen betrieben werden und netzwerklich agieren, erzielen besonders nachhaltig Aufmerksamkeit. Als Beispiel kann die Initiative frauenORTE – auf den Spuren bedeutender Frauen – verschiedener Bundesländer angeführt werden. Solche Initiativen ermöglichen die direkte Involvierung sowohl von Kunst- und Kulturschaffenden als auch Tourismuspartnern und anderen politischen und gesellschaftlichen Akteuren.
Wie die Integration von Kunst und Tourismus anhaltend produktiv sein kann, zeigt in Ansätzen das Besuchsangebot auf der Schwäbischen Alb: Potenziale bieten Kunstprojekte, die Freiraum für Künstler geben und Gäste aktiv einbinden. Für Tourismus- wie Kulturmanagement stellt die gelingende Zusammenarbeit in ländlichen Räumen weiterhin ein bearbeitungswürdiges Thema dar. Künstlerische Tourismusentwicklung und Verankerung von kultureller Bildung und Teilhabeorientierung in der Tourismusförderung – das wären interessante kollaborative Perspektiven kulturtouristischer Governance. Ein Effekt könnte sein, neue Images von Ländlichkeit künstlerisch zu erschaffen und erlebbar zu machen.