Greifswald, die 775-jährige altehrwürdige Universitäts- und Hansestadt, ist von jeher ein Ort der Kultur und Kunst. Dies wirkt sich auch auf den ländlichen Raum im Nordosten Deutschlands von Rügen bis zur Insel Usedom aus. Das Pommersche Landesmuseum, das Theater Vorpommern, das Festival Nordischer Klang, der Dom mit der jährlichen Bachwoche, mehrere Galerien und viele Chöre seien nur exemplarisch erwähnt.

Und dann gibt es da noch den Art7 Kunstverein Greifswald/Vorpommern e. V.! Ursprünglich war er 1990 von sieben Künstlerinnen und Künstlern gegründet worden, als Antwort auf die neuen Herausforderungen, die sich nach der Wende auch im Kultur- und Kunstbereich ergeben hatten. Also wird in diesem Jahr das 35. Gründungsjubiläum gefeiert.

Es blieb nicht bei den sieben Künstlern; schnell öffnete sich der Verein auch für Freunde der Kunst, so dass er heute mehr als 50 Mitglieder zählt.

Aus der Vereinssatzung zitiert: Er fördert in der Universitäts- und Hansestadt Greifswald und im vorpommerschen Raum durch seine Aktivitäten Kunst und Kultur und fühlt sich Bildung und Wissenschaft verpflichtet.

In vielfältiger Weise hat der Kunstverein Art7 in den letzten 35 Jahren das Kulturleben in Greifswald und Vorpommern mitgeprägt. Hervorzuheben ist das Engagement für kulturelle Events, die ihre Tradition schon in der DDR begründeten. Art7 ist seit der Wende Mitveranstalter der Eldenaer Jazz Evenings, die in diesem Jahr zum 44. Male in der von vielen Caspar-David-Friedrich-Bildern bekannten Greifswalder Klosterruine immer am ersten Juliwochenende stattfinden. Wen konnte man da alles hören und sehen! Um nur einige zu nennen: Albert Mangelsdorff, Charlie Mariano, Abdullah Ibrahim, das Zentral Quartett und viele andere. Treuester Begleiter ist die NDR-Bigband mit regelmäßigen Aufzeichnungen bei dieser Sommerveranstaltung.

Die zweite wichtige Bewahrung von Tradition durch den Kunstverein ist die Greifswalder Kunstauktion in der Vorweihnachtszeit. In diesem Jahr werden Künstlerinnen und Künstler zum 44. Male ihre Kunst unter den Hammer bringen. Der Auktionserlös kommt dabei bis auf einen Unkostenbeitrag ausschließlich den Künstlern zugute.

Etabliert hat sich jeweils im Herbst eine thematische Ausstellung im Rahmen der Aktion »Kunst heute« des Künstlerbundes Mecklenburg-Vorpommern, im vorigen Jahr etwas provokant unter dem Motto »Schluss mit Romantik«, angesichts des Hypes zum 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich, dem großen Sohn Greifswalds. In diesem Jahr ist der Bezug das 775. Stadtjubiläum Greifwalds mit gestalterischen Interpretationen zum Novalis-Spruch »Alle Erinnerung ist Gegenwart!«

Art7 legt besonderen Wert auf die Förderung Junger Kunst. Seit Jahren vergibt der Verein einen Förderpreis zur »Insomnale«, der jährlichen Ausstellung der Kunststudenten des Caspar-David-Friedrich-Instituts der Greifswalder Universität.

Zum regen Vereinsleben von Art7 gehört aber nicht nur die Bildende Kunst. Jedes Jahr gibt es Lesungen und Vorträge zu Kunst und Kultur. Diese sind öffentlich und offen für breite Kreise aus dem vorpommerschen Raum.

Die Freude an Kunst und Kultur ist für die Mitglieder auch Anlass, sich selbst künstlerisch zu betätigen. Dazu gab und gibt es auch in diesem Jahr wieder einen Workshop im ländlichen Raum bei den Künstler-Zwillingsbrüdern Reinhard und Eckard Labs. Hier können sich die Freunde der Kunst unter professioneller Anleitung in Malerei, Druck, Holzbildhauerei oder auch in Schmuckgestaltung üben und ausleben.

Eine Reihe von Künstlern lebt rund um Greifswald auf dem Lande. Ihre Ateliers sind immer wieder Anlaufpunkt für Besuche. Einer dieser Künstler ist der Maler Michael Heckert, den es aus der großen weiten Welt – er lebte und arbeitet u. a. in Haiti, Köln, Berlin und Algier – nach Rappenhagen bei Greifswald gezogen hat. Hier hat er ein Refugium für sich und seine Arbeit gefunden. Auch sein Atelier ist stets offen für Besuche, insbesondere immer zu Pfingsten, wenn es die landesweite Aktion »Kunst offen« gibt.

Ein wichtiges Element des Zusammenhalts solch eines Vereins ist auch die Geselligkeit. Jedes Jahr gibt es Exkursionen und Ausfahrten in die Region. Mecklenburg-Vorpommern ist reich an Herrenhäusern und alten Kirchen, die es zu erkunden gilt. Die Abrundung solcher Ausflüge ist stets ein gemeinsames Picknick auf dem Lande.

Die Kunstfreunde sehen aber auch über den Tellerrand hinaus. So ging es mehrmals zur Documenta nach Kassel oder zur NordArt nach Schleswig-Holstein. Immer wieder gibt es im Verein Überlegungen, was man noch für die Vermittlung von Kunst und Kultur tun kann. So ist das Picasso Zitat »Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele« als Maxime auch auf der Homepage von Art7 fixiert!

Wie ist das anspruchsvolle Ziel der Vermittlung von Kultur auch als sozialer Kit der Gesellschaft für so einen kleinen Verein zu bewältigen? Zusammenarbeit und Kooperation sind bei weiterhin knappen Kassen eine zwingende Notwendigkeit. Art7 hat mit dem »Sozio-kulturellen Zentrum St. Spiritus« der Stadt Greifswald eine Heimstatt gefunden, auch um gemeinsam Synergieeffekte zu nutzen. Hier finden fast alle Veranstaltungen, Ausstellungen, Auktionen und Versammlungen des Vereins statt.

Die Stadt Greifswald als regionales Oberzentrum und auch Sitz des Landkreises kann ihre Aufgaben im Bereich der Kultur nur durch Zusammenarbeit vieler Akteure erledigen. Dazu gehört auch das Miteinander des Kunstverein Art7 mit dem Kulturamt, dem Pommerschen Landesmuseum, der Universität, dem Theater und den örtlichen Galerien. Art7 setzte Impulse, wie die Organisation der ersten Theaterbälle, Diskussionen über Kunst im öffentlichen Raum und die Schaffung der Voraussetzungen für das heutige Caspar-David-Friedrich-Zentrum durch Entrümpelung der Friedrichschen Seifensiederei und Rettung der Immobilie. In 35 Jahren Vereinsarbeit wären noch viele Highlights zu benennen: die Spenden für die Domherr und die historische Gewächshausanlage des Botanischen Gartens der Universität, die spektakuläre Aufführung der Syberberg Filme »Parzival« und »Hitler« in Dom und Theater, der Caspar-David-Friedrich-Bildweg für jedermann mit dem Schweizer Künstler Daniel Ambühl, die Herausgabe einer Doppel-CD zu 30 Jahren Eldenaer Jazz Evenings, eine Ausstellung zu Jazz in der DDR im Pommerschen Landesmuseum und vieles mehr …

All dies ist nur mit Enthusiasmus und Freude der vielen Mitglieder zu erreichen. Dafür gilt allen ein großer Dank! Es gibt aber auch eine Sorge: Viele Vereine wie auch Art7 leiden an Überalterung. Es muss weiter unser Ziel sein, für die Sicherung der kulturellen Arbeit möglichst viele junge Menschen neu zu begeistern.

 

Mehr dazu online unter: art7-greifswald.de/

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 5/2025.