Der Sammelband »Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit« von Olaf Zimmermann und Hubert Weiger beschreibt, dass es um die Agenda 2030 der UN nicht gut steht. Eigentlich ist das Nachhaltigkeitsprinzip eine Erfolgsgeschichte. Die Industrialisierung führte zum Kampf gegen die Natur, mit unübersehbaren Folgen für Klima und Überleben der Menschheit. Schon vorher hatte es einen Raubbau an den Wäldern gegeben. Der sächsische Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz führte deshalb 1713 das Gebot der Nachhaltigkeit ein: Es sollte nicht mehr Holz genutzt werden als nachwächst. Im umfassenden Sinne hat es sich zumindest theoretisch durchgesetzt. 2015 beschlossen die Vereinten Nationen 17 Ziele für eine nachhaltige globale Entwicklung, von der Halbierung der Armut, Zugang zu sauberem Wasser, Bildung für alle, Geschlechtergerechtigkeit, menschengerechtem Arbeiten bis zu Klimaschutz und nachhaltigem Konsum und Produzieren. Bis 2030 sollen die Ziele erreicht sein. Zur Halbzeit haben Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, und Hubert Weiger, Ehrenvorsitzender des BUND, eine Reihe prominenter Fachleute zusammengebracht, die darlegen, wie es um den Stand der einzelnen Ziele steht. Der Titel des Bands »Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit« soll deutlich machen, dass der notwendige Übergang zu einem nachhaltigen Wirtschaften und Leben einen kulturellen Umbruch bedeutet, schreibt Olaf Zimmermann in der Einleitung. Die Zwischenbilanz fällt bedrückend aus. Nicht nur beim Klimaschutz, wo das Erreichen des 1,5-Prozent-Ziels unmöglich erscheint. Auch die Zahl der Armen und Hungernden auf der Welt hat infolge der Coronapandemie und des russischen Kriegs gegen die Ukraine wieder deutlich zugenommen. Die soziale Ungleichheit wächst national wie global, Krankheiten nehmen auch wegen des Klimawandels zu, nur in wenigen Bereichen gibt es Fortschritte. Die Autoren beschreiben, was jeweils dringend notwendig wäre: kein Wachstum mehr ohne Rücksicht auf Mensch und Natur. Manko des Bands: Die Beiträge stehen überwiegend unverbunden nebeneinander wie die 17 Entwicklungsziele; eine bessere Bezahlung von Künstlern neben nachhaltigem Städtebau, Slow Fashion und Kreislaufwirtschaft. Nur wenigen Autoren gelingt es, eine Brücke zu schlagen zu einer neuen ökologischen Kultur. Dennoch überaus lesenswert für alle, die sich um den Globus und seine acht Milliarden Bewohner zu Recht große Sorgen machen.
Olaf Zimmermann und Hubert Weiger (Hg.). Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit: Wie der Kultur- und Naturbereich gemeinsam die UN-Nachhaltigkeitsziele voranbringen können. Berlin 2023