Arda findet, dass »Papa« wie ein Fremdwort klingt, das er irgendwo aufgeschnappt oder nachgelesen hat. Denn seinen Vater hat er nicht kennengelernt. Dieser verließ die Familie, als Arda noch gar nicht geboren war, und ging in die Türkei zurück.

Als Arda, der schwer krank ist, wahrscheinlich nicht mehr viel Zeit im Leben bleibt, schreibt er einen Brief an seinen Vater und erzählt von seinem Leben: Er erzählt von seiner Kindheit und von schwierigen Familienverhältnissen, von seiner Jugend, seinen Freunden Bojan, Danny und Davaş und ihrer gemeinsamen Zeit am Bahnhofsplatz.

An manchen Stellen unterbricht Arda die Erzählung, um direkt zu seinem Vater zu sprechen. Dabei zeugen Sätze wie »Ich möchte dir für immer die Möglichkeit nehmen, nicht zu wissen, wer ich war« oder »Ich verspreche dir, sollte ich es doch irgendwie aus diesem Krankenhaus schaffen, wird dein Enkelkind mir in zwanzig Jahren keinen Brief schreiben müssen« von den Spuren, die die Abwesenheit des Vaters hinterlassen haben. In Ardas Rückblick aufs Leben geht es auch immer wieder um die zwei Frauen in seinem Leben, seine Mutter Ümran und seine Schwester Aylin, deren Geschichte und Lebensperspektiven ihren ganz eigenen Platz in der Erzählung bekommen.

Vatermal ist ein Familienporträt, eine Coming-of-Age-Geschichte, aber auch ein gesellschaftskritischer Roman, der von Flucht und Migration, vom Warten auf den deutschen Pass und von Rassismus im Alltag erzählt. Vor allem aber ist Vatermal ein Buch über Menschen, das durch seinen direkten Ton, sprachliche Abwechslung und viel Witz, trotz Scheitern und Schicksalen, überzeugt.

Necati Öziri. Vatermal. Berlin 2023

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 2/2024.