Die deutsche Autorin und Comic-Zeichnerin Birgit Weyhe und die afro-amerikanische Germanistik-Professorin Priscilla Layne haben sich in Berlin kennengelernt, nachdem Layne Weyhe um ein Interview zu ihren Comics bat. Aus mehreren Treffen zwischen den beiden Frauen ist der Comic »Rude Girl« entstanden, der das ungewöhnliche Leben Priscilla Laynes erzählt. Die Professorin mit karibischen Wurzeln bezeichnet sich selbst als ein »Oreo«: für die Schwarzen Mitschülerinnen und Mitschüler zu weiß – und für die Weißen ist ihre Haut zu dunkel. Daher hatte sie Schwierigkeiten, ihren Platz in der Gesellschaft, insbesondere in der Schule, zu finden. Der permanente Identitätskonflikt bringt Priscilla Layne dazu, zu rebellieren, indem sie sich der Skinhead-Bewegung anschließt und ein »Rude Girl« wird. Das Buch ist eine inspirierende Emanzipationsgeschichte, in der die Konstruktion der Identität prägendes Thema ist. Es zeigt, wie sich die Identität aus vielen verschiedenen, manchmal widersprüchlichen Einflüssen und Vorbildern zusammensetzen kann. Außerdem erfolgt die Erzählung auf mehreren Ebenen, indem sie zwischen Priscilla Laynes Kindheit und den mit Birgit Weyhe geführten Interviews wechselt. Es ermöglicht Birgit Weyhe, sich mit Themen wie Rassismus und Integration zu beschäftigen und sich gleichzeitig der Frage der Entstehung dieses Comics zu widmen. Denn wie soll sie diese Lebensgeschichte erzählen? Nutzt sie ihre Privilegien als weiße Autorin aus, wenn sie Geschichten über Schwarze Menschen erzählt? Durch den Per spektivwechsel ermöglicht Birgit Weyhe Priscilla Layne einen Re flexions- und Ausdrucksraum, indem Weyhe Bildtafeln mit Laynes Kommentaren zum Fortgang des Comics hinzufügt. Ein sehr empfehlenswerter vielschichtiger Comic!

Birgit Weyhe. Rude Girl. Berlin 2022

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 7-8/2023.