Unser aller kulturelles Gedächtnis ist aufgrund zahlreicher Krisen und Kriege in der Welt durch Raub und Plünderungen akut bedroht, etwa in der Ukraine, Afghanistan, Syrien oder Jemen. Der Sammelband, herausgegeben von der Dezernentin der Kulturstiftung der Länder und Projektleiterin des »Deutsch-Russischen Museumsdialogs«, bietet nun eine detaillierte historische Betrachtung und Bestandsaufnahme der von Verlagerung betroffener Kulturgüter durch die deutsche Wehrmacht in der UdSSR und der deutscher Kulturgüter in die Sowjetunion am Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Studie dokumentiert die Pro­tagonisten, die penibel dokumentierten Wege der Verlagerungen und exemplarisch die Verlustgeschichte einiger Sammlungen und Objekte. Den breitesten Raum nimmt dabei das Schicksal der Berliner Museen ein.

Historisch von großer Bedeutung sind die an die ehemalige Sowjetunion von amerikanischen und britischen Kulturoffizieren restituierten 534.120 Exponate. Und die Russen ihrerseits gaben über 1,5 Millionen Objekte an die ehemalige DDR zurück. Dies führte im Anschluss zu einem enormen Aufschwung beim Neuaufbau der deutschen Museumslandschaft. Eine längst vergangene Erfolgsgeschichte, die jäh unterbrochen wurde, nicht erst seit Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine in unseren Tagen. Hat doch 1999 die Duma das Gesetz auf Verstaatlichung aller »Beutekunst« durch das russische Verfassungsgericht bestätigt. Und als tragisch erweist es sich, dass Akten im Russischen Staatsarchiv für Literatur und Kunst für weitere Nachforschungen verschlossen bleiben. Durch Putins Krieg ist nun bis auf unbestimmte Zeit der Dialog ganz vereist, von dem die zahlreichen Autoren noch nichts ahnen konnten.

Der Band zeigt eindringlich, wie wichtig es sein kann, Kunst- und Kulturgüter möglichst rechtzeitig in Bunkern oder Stollen zu sichern oder gar außer Landes zu bringen. Sehr empfehlenswert!

Britta Kaiser-Schuster (Hg.). Kulturelles Gedächtnis. Kriegsverluste deutscher Museen. Wege und Biografien. Köln 2021

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 04/2022.