Der Berliner Friedrichstadt-Palast ist Zeuge der deutschen Geschichte – und dies schon seit seiner Gründung 1919 durch den aus einer jüdischen Familie stammenden Max Reinhardt. Entsprechend hat sich der Palast mit den politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Umbrüchen entwickelt. Ab 1934 okkupierten die Nationalsozialisten das damals unter dem Namen bekannte Große Schauspielhaus, das dann gleichgeschaltet und als »Theater des Volkes« die größte Unterhaltungsbühne Europas wurde. Von einem Volks- und Vergnügungstheater zu einem Operettentheater wurde der Friedrichstadt-Palast zu einem bedeutenden Ort im Dienst der NS-Propaganda.

In »Dein Tänzer ist der Tod« gehen Sabine Schneller, Historikerin und freie Autorin, und der Verwaltungsdirektor des Friedrichstadt-Palastes Guido Herrmann sowohl auf die Geschichte des Friedrichstadt-Palastes während der NS-Zeit als auch auf dessen Rolle für die Propaganda des Regimes ein. Nach seiner Machtergreifung 1933 erklärte Adolf Hitler die »Erneuerung des deutschen Theaters«: Alle Künstlerinnen und Künstler waren nun verpflichtet, der Kulturpolitik des Regimes zu folgen. Kunst, die diesen Zielen nicht entsprach, wurde als »entartet« bezeichnet. Ihre Urheber wurden verfolgt und verhaftet. Das Buch widmet sich somit nicht nur der Theatergeschichte, sondern auch der Flucht- und Verfolgungsgeschichte. Denn vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten waren zahlreiche Künstlerinnen und Künstler mit jüdischer Herkunft oder politischen Überzeugungen, die der NS-Ideologie entgegenstanden, an der Bühne des Friedrichstadt-Palastes tätig.

Anhand vieler Fotos, Dokumente und Theaterplakate beleuchtet dieses umfassende Buch die dunkelste Epoche deutscher Geschichte am Beispiel der Friedrichstadt-Palastes.

Sabine Schneller und Guido Herrmann (Hg.). »Dein Tänzer ist der Tod«. Das Berliner »Theater des Volkes« im Nationalsozialismus. Berlin 2023

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 05/2023.