Es gibt im politischen Berlin eine verschworene Gemeinschaft, die selbsternannten Transatlantiker. Sie fühlen sich als Elite, kokettieren mit ihrer Nähe zu den USA. Die Mutter der Demokratie sei die USA, der Vorposten der Freiheit. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, das Land, in dem es der Tellerwäscher bis zum Millionär schafft. Nie hat das gestimmt und heute schon gar nicht. Die Leistungen der Vereinigten Staaten im Zweiten Weltkrieg und danach beim Aufbau der Demokratie in Deutschland bleiben unvergessen, aber sie sind kein hinreichendes Argument, den USA auch heute noch fast blind zu folgen. Aber genau das machen die Transatlantiker, einer politischen Sekte gleich haben sie den amerikanischen Way of Life in sich aufgesogen und beglücken seit Jahrzehnten die Welt damit.

Vor zehn Jahren gab es ein kurzes weltweites Aufbäumen gegen die amerikanischen Ideen, mit einem neuen internationalen Handelsabkommen, dem Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP), die Welt neu zu organisieren und die ökonomische Vormachtstellung der USA zu festigen. Auch wenn die Umsetzung dann scheiterte, hat Europa es nicht vermocht, der Hegemonie US-amerikanischer Technologiekonzerne etwas entgegenzusetzen, noch wurde bislang ein einigermaßen gerechter Marktzugang für Unternehmen aus dem globalen Süden ermöglicht. Im Gegenteil, die Macht der US-Technologiekonzerne ist noch größer geworden. Besonders die Möglichkeiten der KI verbreitern die weltweiten Einflussmöglichkeiten dieser Unternehmen enorm. Jetzt, in der zweiten Regentschaft von Donald Trump in den USA, wird die Handelspolitik noch unverblümter als Waffe eingesetzt. Die US-Technologiekonzerne sind seine willigen Vollstecker geworden.

Es ist erst wenige Monate her, dass sich die Transatlantiker bei der Beobachtung des Wahlkampfes in den USA die Klinke in die Hand gegeben haben. Was können wir in Deutschland von den Amerikanern für unseren Bundestagswahlkampf lernen, war ihre Frage. Viel zu viel haben wir dann wirklich gelernt und damit den Weg für das Extreme auch in unserem Land erleichtert. Der Trumpismus hat in der Politik in Deutschland deutliche Spuren hinterlassen. Jetzt war ein ausgewiesener Transatlantiker, unser neuer Bundeskanzler, in den USA, um dem amerikanischen Präsidenten seine Aufwartung zu machen. Was haben sich die Medien vor Freude geradezu überschlagen, dass Friedrich Merz von Donald Trump nicht wie kürzlich Wolodymyr Selenskyj im Oval Office vor aller Welt abgekanzelt wurde. Transatlantiker sein bringt eben doch Vorteile, hoffentlich auch für uns alle.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 7-8/2025.