Medienpolitisch läuft es nicht gut für die Fiktion. Dabei ist sie mit ihrer Besonderheit, dass sie in sich Unterhaltung, Kultur, Information und Bildung vereinen kann, eine tragende Säule der Programme von ARD und ZDF. Stattdessen wird die Fiktion in aktuellen Reformdebatten aufgrund ihrer hohen Kosten für Erst-Sende-Minuten nur als denkbares »Sparschwein« wahrgenommen. Unterschlagen wird, dass die Fiktion repertoirefähig ist und auch noch Jahre nach ihrer Erstausstrahlung wiederholt und ausgewertet wird. Der politische Reform-Diskurs folgt dem Irrtum, dass die Akzeptanz von ARD und ZDF beim Bürger nur durch die Absage an eine Beitragserhöhung erreicht werden kann. Doch diese Blockade führt zu Einsparungen oder dem kompletten Wegfall von Programm. Der wesentliche Bedarf an echten Strukturveränderungen bei ARD und ZDF (Abbau von Top-Down- und Doppelstrukturen, Auflösung intransparenter Koordinationen) wird dagegen im aktuellen Reformstaatsvertrag nicht ausreichend adressiert. Fünfzehn Film- und TV-Verbände haben deshalb im Oktober den Aufruf »50+ fürs Programm« gestartet. Er fordert, dass zukünftig im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag festgelegt wird, dass die Anstalten mindestens 50 Prozent ihrer Beitragsmittel für den Programmaufwand verwenden müssen. Damit wird sichergestellt, dass sich die Anstalten nicht zulasten ihres Programms sanieren. Beitragsstabilität ist als politisches Ziel angesichts ungenutzter struktureller Sparpotenziale bei ARD und ZDF nachvollziehbar. Aber indem man damit lediglich Programm und Ausspielwege erreicht, den Apparat aber nicht, beraubt man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk langfristig seiner Legitimation. Denn für was, wenn nicht für sein Programm, sollte man ihn sonst brauchen? »50+ fürs Programm« ist getragen von der Überzeugung, dass jeder Euro, der ins Programm fließt und sich nicht in der »Lehmschicht aus Bürokratie« (Julia Jäkel, Vorsitzende des Zukunftsrates) von ARD und ZDF verliert, die Stabilität der deutschen Mediendemokratie erhöht. Noch ist es nicht zu spät für eine Reform der Reform. Die Forderung »50+ fürs Programm« bleibt weiterhin bestehen.

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In der Ausgabe 11/24 von Politik & Kultur (S. 3) finden Sie einen Artikel zum Reformstaatsvertrag. Der Deutsche Kulturrat hat am 10. Oktober eine Stellungnahme »Kulturelle Vielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk stärken statt einschränken« veröffentlicht (kulturrat.de/positionen).

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 12/2024-1/2025