Am Beginn einer Legislatur lässt es sich leicht auf die kommenden Jahre blicken. Der Koalitionsvertrag mit seinen teils präzisen, teils noch mit Leben zu füllenden Vorhaben bildet die Grundlage der Arbeit. Nicht absehbar ist hingegen, auf welche Herausforderungen wir kurzfristig reagieren müssen. In der Coronapandemie habe ich als kulturpolitischer Sprecher gemeinsam mit meinen damaligen Kolleginnen und Kollegen das Programm Neustart Kultur auf den Weg gebracht und die Förderung angepasst, um Soloselbständige und Kultureinrichtungen abzusichern. Kaum begann sich die Kulturwirtschaft zu erholen, erschütterte der russische Angriffskrieg die Branche erneut.

Politik gleicht selten einer Roadmap, eher einem »Leben in der Lage«. Diese Erfahrung habe ich in die Koalitionsverhandlungen eingebracht. »Politik & Kultur« titelte: »Wenig Gestaltungswillen und trotzdem grundsolide Rahmenbedingungen.« Das kann man so sehen. Ich plädiere sogar dafür, das Machbare pragmatisch umzusetzen – ohne Wolkenschlösser, mit Tempo.

Kultur ist ein gesellschaftliches Konfliktfeld geworden, auch weil die AfD gezielt kulturelle Narrative besetzt. Umso wichtiger ist es, Kultur und Medien als demokratische Infrastruktur zu begreifen, die Identität stiftet, Debatten und Zusammenhalt fördert. Gegen Unzufriedenheit und Spaltung kommt man mit wirtschaftlichem Erfolg allein nicht an. Wir brauchen eine starke und vielfältige Kulturlandschaft, die Orientierung bietet, Fragen stellt und Verständigungsräume schafft.

Dabei bleibt für mich die sozialdemokratische Perspektive leitend: Es geht um Kultur für alle von allen, um gute Arbeitsbedingungen für Kulturschaffende, soziale Absicherung und verlässliche Rahmenbedingungen. Wichtiger denn je ist der gerechte Umgang mit kreativen Leistungen: ein modernes Urheberrecht, faire Vergütung im Streaming und klare Regeln für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz.

Internationale Konzerne bestimmen zunehmend die Regeln für unsere Medien- und Kulturwirtschaft und erzielen weitgehend steuerfrei Milliardenumsätze. Auf Anregung der SPD hat sich die Koalition auf die Einführung einer Plattformabgabe verständigt. Ich bin dem neuen Kulturstaatsminister dankbar, dass er das Thema früh aufgegriffen hat. Die freie Presse als vierte Säule der Demokratie steht unter Druck. Desinformation, algorithmisch verstärkte Polarisierung und wirtschaftliche Unsicherheiten bedrohen Vielfalt und Unabhängigkeit. Der Markt regelt es nicht allein. Unsere heimische Medien-, Film-, Musik- und Gamesbranche braucht faire Wettbewerbsbedingungen.

Kulturpolitik muss im Jahr 2025 vor allem eines leisten: niemanden übersehen und Brücken bauen; zwischen Stadt und Land, zwischen Generationen und Milieus. Sie muss Hochkultur und Popkultur gleichermaßen fördern, große Institutionen wie freie Szenen stärken, neue Themen aufgreifen, ohne die alten zu vergessen. Es ist viel zu tun – packen wir es an. Ich freue mich auf die gemeinsame Arbeit!

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 7-8/2025.