Am 16. April 2025 ist der Ehrenpräsident der VG WORT Ferdinand Melichar in München gestorben. Ferdinand Melichar gehörte von 1995 bis 2008 dem Sprecherrat des Deutschen Kulturrates an. Weiter war er von 1998 bis 2009 Vorsitzender des neugegründeten Fachausschusses Urheberrecht. Zudem war er an der Gründung des Deutschen Literaturfonds und der Deutschen Literaturkonferenz unmittelbar beteiligt. Wenn Ferdinand Melichar sich im Sprecherrat oder der Mitgliederversammlung des Deutschen Kulturrates zu Wort meldete, hatte seine Wortmeldung Gewicht. Er überzeugte mit klaren Argumenten und wusste zugleich die Grenzen der Kompromissbereitschaft auszuloten. Als Vorsitzender des Fachausschusses Urheberrecht war es ihm ein besonderes Anliegen, die verschiedenen Interessen zusammenzuführen und zu einem positiven Ausgleich zu bringen. Ferdinand Melichar wurde nach dem Studium im Jahr 1968 Rechtsanwalt in München. Schwerpunkte seiner Tätigkeit waren von Beginn an das Urheber- und Verlagsrecht sowie das Medienrecht. Seit dem Jahr 1970 gehörte auch die Rechtsberatung der VG WORT zu seinen Aufgaben. So begleitete er als Justiziar beispielsweise die sehr wichtige – und schwierige – Fusion der VG WORT mit der VG Wissenschaft in den Jahren 1976 bis 1978. Er war aber u. a. auch mit der Gründung der Stiftung Autorenversorgungswerks (AVW) im Jahr 1975 befasst und wurde erster Stiftungsvorstand. Zum 1. Januar 1984 wurde Ferdinand Melichar geschäftsführendes Vorstandsmitglied der VG WORT. Er blieb es bis Ende 2008. Diese 24 Jahre waren sehr stark durch technologische Veränderungen bestimmt, die auch zu wichtigen Anpassungen des Urheberrechts und der kollektiven Rechtewahrnehmung auf europäischer und nationaler Ebene führten. Zu nennen seien hier beispielsweise die beiden Gesetzgebungsverfahren zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft im Jahr 2003 (»erster Korb«) und 2008 (»zweiter Korb«). Bei allen Gesetzgebungsverfahren setzte sich Ferdinand Melichar mit Nachdruck für die Rechte von Urhebern und Verlagen und für eine starke kollektive Rechtewahrnehmung ein und war für die Politik ein gefragter Experte.
Neben rechtspolitischen Aktivitäten initiierte Ferdinand Melichar wichtige Musterprozesse der VG WORT zur Klärung von offenen Rechtsfragen. In den letzten Jahren seiner Tätigkeit bestand vor allem dringender Klärungsbedarf, ob für neue Vervielfältigungsgeräte wie Fax, Scanner, Multifunktionsgeräte, Drucker oder PC eine »Reprographie«-Vergütung zu zahlen war. Diese Klageverfahren gingen am Ende zugunsten der VG WORT aus, auch wenn sie sich – wie im Fall von Druckern und PCs – über deutlich mehr als zehn Jahre hinzogen und erst nach Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, des Bundesverfassungsgerichts, des Europäischen Gerichtshofs und erneut des Bundesgerichtshofs in den Jahren 2015/2016 einvernehmlich beendet werden konnten. Die VG WORT entwickelte sich in dieser Zeit zu einer sehr erfolgreichen Verwertungsgesellschaft. So war es gelungen, ihre Einnahmen von knapp 50 Millionen Euro im Jahr 1984 auf ca. 117 Millionen Euro im Jahr 2008 zu steigern. Auch die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nahm deutlich zu, von ca. 40 im Jahr 1984 auf ca. 80 im Jahr 2008. Nach dem Fall der Mauer in Berlin wurde außerdem am 2. Juli 1990 – noch vor der Wiedervereinigung – gemeinsam mit der VG Bild-Kunst ein »Berliner Büro« eröffnet, welches bis heute existiert.
Für Ferdinand Melichar waren die soziale Unterstützung von in Not geratenen Autorinnen und Autoren sowie kulturelle Fördermaßnahmen sehr wichtig. Sie gehörten für ihn unverzichtbar zu den Aufgaben von Verwertungsgesellschaften. Unter anderem ist es seiner Initiative zu verdanken, dass seit dem Jahr 1991 alle zwei Jahre der Heinrich Hubmann Preis der VG WORT für herausragende urheberrechtliche Doktorarbeiten verliehen wird. Er gehörte bis zuletzt der Jury des Preises an und hat an der letzten Preisverleihung am 14. März 2025 im Institut für Urheber- und Medienrecht in München noch persönlich teilgenommen. Ferdinand Melichar hat die VG WORT – ganz im Sinne ihrer Satzung – stets als Verwertungsgesellschaft von Urhebern und Verlagen verstanden. Dass die gemeinsame Rechtewahrnehmung von Urhebern und Verlagen, nach langjährigen Auseinandersetzungen über die Verlegerbeteiligung bei der VG WORT, durch den europäischen und den nationalen Gesetzgeber in den Jahren 2019 und 2021 auf eine verlässliche Grundlage gestellt wurde, hat er sehr begrüßt. Ferdinand Melichar wirkte ferner in zahlreichen nationalen und internationalen Organisationen mit, nahm Lehrtätigkeiten wahr und publizierte zu Themen des Urheberrechts und der kollektiven Rechtewahrnehmung. Nach seinem Ausscheiden als geschäftsführendes Vorstandsmitglied wurde er zum Ehrenpräsidenten der VG WORT ernannt. Im Jahr 2013 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Er war ein engagierter Kämpfer für das Urheberrecht und die kollektive Rechtewahrnehmung und hat seine Begeisterung für den Gegenstand des Urheberrechts, wie Theater, Literatur oder Musik, nie verloren. Die VG WORT hat er über viele Jahre geprägt. Seine Lebensfreude und Geselligkeit, sein unerschöpfliches Wissen, die charmante Schlagfertigkeit und sein Humor werden in Erinnerung bleiben. Er wird fehlen!