In den kulturpolitischen Debatten spielt die öffentliche Kulturfinanzierung eine wichtige Rolle. Oftmals ist von Einsparungen und gravierenden Einschnitten die Rede. Teilweise sind aber auch Aufwüchse in den Kulturetats zu verzeichnen.
Die aktuelle Diskussion haben wir zum Anlass genommen, die Kulturverantwortlichen in den Ländern nach Einsparungen, Mittelaufwüchsen oder veränderten Prioritätensetzungen zu fragen. Wir haben allen für die Kultur zuständigen Ministerinnen und Minister folgende Fragen gestellt:
- Wurde der Kulturetat in Ihrem Land erhöht oder wurden Einsparungen vorgenommen? Welche Prioritäten werden bei Ihnen in der Kulturförderung gesetzt? Wie sehen die Perspektiven für 2026 aus?
- Wurden mit Blick auf die öffentliche Kulturförderung in Ihrem Land für alle künstlerischen Sparten Honoraruntergrenzen eingeführt? Wurden hierfür zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt – oder sehen Sie derzeit von der Einführung von Honoraruntergrenzen ab?
11 von 16 Bundesländern haben geantwortet. Einige Länder konnten unsere Fragen mit Blick auf laufende Haushaltsverhandlungen nicht beantworten. Den Beitrag des Ministers aus Sachsen-Anhalt, Rainer Robra, lesen Sie in diesem Artikel.
Sachsen-Anhalt
Pinball oder auch Flipper ist ein Geschicklichkeitsspiel, bei dem es gilt, die Kugeln möglichst lange und kunstvoll im Spiel zu halten und dabei möglichst viele Punkte zu erringen. Das Spiel erfordert Konzentration, Präzision und Gespür für das richtige Tempo – ein Gleichgewicht der Fähigkeiten, das bisweilen auch in der politischen Praxis von Nutzen sein kann.
Es ist unwahrscheinlich, dass der Künstler Moritz Götze seinen »Flipperautomat Lady Hamilton« (2016) als Trainingsgerät für die Verhandlungen des sachsen-anhaltischen Kulturetats schuf. In jedem Falle begeisterte dieses Reenactement US-amerikanischer Populärkultur die meisten Gäste der letztjährigen Ausstellung »Westlöffel &Ostkaffee« im Quedlinburger Museum Lyonel Feininger. Sie durften sich in Götzes Werk spielerisch durch das Gartenreich Dessau-Wörlitz flippern.
Entlang von Fürst Franz’ Gesamtkunstwerk ließe sich einiges über den Dialog von Kultur, Geld und Politik erzählen – historisch wie gegenwärtig. Seit 25 Jahren eingetragenes UNESCO-Welterbe ist das Gartenreich ein historisch einzigartiger Ort, der die Identität Sachsen-Anhalts prägt und uns daran erinnert, welch hohes Gut die Bewahrung und Pflege unseres kulturellen Erbes darstellt. Das gilt umso mehr in Zeiten knapper Kassen. Denn anstelle von Aufstockungen müssen die Kulturschaffenden in Sachsen-Anhalt 2025 mit weniger Mitteln auskommen: Der Kulturetat sinkt nach Jahren kontinuierlicher Aufwüchse erstmals wieder, von 213 Millionen Euro im Rekordhaushalt des Vorjahres auf 192 Millionen Euro für 2025.
Auch wenn sich die verfügbaren Mittel reduzieren, so rangiert der Etat noch deutlich oberhalb des Niveaus von 2023 (169,3 Millionen Euro). Damit setzt Sachsen-Anhalts Doppelhaushalt 2025/2026 ein klares Zeichen. Rund 192 Millionen Euro pro Jahr fließen in bewährte Strukturen wie Stiftungen, Theater, Orchester, Museen, Bibliotheken, zu freien Trägern und in den Denkmalschutz. Auch in Zeiten angespannter Haushaltslagen wird die Kultur in Sachsen-Anhalt von einem sicheren Fundament getragen.
Die Landesregierung ist davon überzeugt, dass die Kultur bei allen Menschen im Lande ankommen muss. Das bedeutet, dass die Förderung, insbesondere z. B. für Theater, Musik und öffentliche Bibliotheken, weiterhin gesichert bleibt. Es gilt bestehende dynamisierte Verträge einzuhalten und laufende Projekte zu vollenden. Obschon es Einsparungen gibt, finden keine pauschalen Kürzungen nach dem Prinzip »Rasenmäher« statt. Stattdessen haben wir im Rahmen der Haushaltsaufstellung konkrete Bereiche benannt, die von den Einschnitten weniger betroffen sein werden oder verschont bleiben. Dies betrifft auch den Bereich Honoraruntergrenzen: So werden in der öffentlichen Kulturförderung des Landes Sachsen-Anhalt in den künstlerischen Sparten die Empfehlungen von Landes- und Bundesverbänden grundsätzlich berücksichtigt. Für die Landeshaushalte 2025/2026 wurden die Honoraruntergrenzen in den Bereichen der kulturellen und musischen Bildung angepasst und entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt.
Nach wie vor gibt es Spielräume bei der präziseren Planung und Realisierung großer Bauprojekte, hier können wir effizienter werden. Bereits sehr gut stehen wir beim Mittelabfluss da. Dieser lag im Kulturhaushalt 2024 bei fast 99 Prozent – auch zukünftig müssen wir sicherstellen, dass keine Gelder unabgerufen bleiben und gegebenenfalls verfallen. Das gilt auch für europäische Mittel, die wir neben den im Landeshaushalt ausgewiesenen Mitteln insbesondere für Investitionen nutzen, auch zur klimatechnischen Konsolidierung kommunaler Einrichtungen.
Auch wenn es bisweilen schmerzhaft ist, so muss Politik beständig abwägen, welche Projekte umgesetzt werden und welche Institutionen möglicherweise auch einmal ein Jahr ohne oder mit weniger Landesförderung auskommen können. Besonders im Bereich Denkmalschutz besteht ein hoher Investitionsbedarf, der nicht in einen Investitionsstau münden darf. Der Balanceakt zwischen Haushaltsdisziplin und kultureller Vielfalt bleibt so eine der großen Herausforderungen für die kommenden Jahre.
Damit wir diese meistern können, bedarf es einer Kraftanstrengung aller Seiten. Denn nicht erst seit heute gilt, dass der Landeshaushalt die Kultur allein nicht zu tragen vermag. Es bedarf auch der Eigeninitiative der Kulturschaffenden, Drittmittel einzuwerben und Sponsorings zu initiieren. Wenn der Staat nicht regelmäßig als Rettungsanker einspringen kann, so muss er gute Rahmenbedingungen für die öffentliche und private Kulturförderung bereitstellen. Tatsächlich bin ich froh, dass es in Sachsen-Anhalt viele engagierte Akteure gibt, deren Initiative die Künste in unserem Land schon heute bereichern. Es gilt, sie in der strategischen Ausrichtung unserer Kulturlandschaft konsequent mitzunehmen, bestehende Strukturen zu optimieren und dabei neue Möglichkeitsräume zu eröffnen.
Wer sich einmal an Moritz Götzes Flipperautomat versucht hat, durfte lernen: Nicht jedes Spiel führt zu einem Highscore. Auch bei der Haushaltsaufstellung gibt es keine Automatismen für neue Rekorde. Wir haben in den vergangenen Jahren viel erreicht und sind in der Lage, in Zeiten hohen wirtschaftlichen Drucks den Fokus zu bewahren. Ehrgeizig und mutig in die Zukunft zu schauen, darf daher unser kulturpolitischer Anspruch sein.