In den kulturpolitischen Debatten spielt die öffentliche Kulturfinanzierung eine wichtige Rolle. Oftmals ist von Einsparungen und gravierenden Einschnitten die Rede. Teilweise sind aber auch Aufwüchse in den Kulturetats zu verzeichnen.

Die aktuelle Diskussion haben wir zum Anlass genommen, die Kulturverantwortlichen in den Ländern nach Einsparungen, Mittelaufwüchsen oder veränderten Prioritätensetzungen zu fragen. Wir haben allen für die Kultur zuständigen Ministerinnen und Minister folgende Fragen gestellt:

  • Wurde der Kulturetat in Ihrem Land erhöht oder wurden Einsparungen vorgenommen? Welche Prioritäten werden bei Ihnen in der Kulturförderung gesetzt? Wie sehen die Perspektiven für 2026 aus?
  • Wurden mit Blick auf die öffentliche Kulturförderung in Ihrem Land für alle künstlerischen Sparten Honoraruntergrenzen eingeführt? Wurden hierfür zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt – oder sehen Sie derzeit von der Einführung von Honoraruntergrenzen ab?

11 von 16 Bundesländern haben geantwortet. Einige Länder konnten unsere Fragen mit Blick auf laufende Haushaltsverhandlungen nicht beantworten. Den Beitrag der Ministerin aus dem Saarland, Christine Streichert-Clivot, lesen Sie in diesem Artikel.


Saarland

Eine starke Kulturpolitik bedeutet, Kultur als essenziellen Bestandteil der Gesellschaft zu verstehen – nicht als freiwillige Leistung, sondern als unverzichtbaren Auftrag. Wer Kultur stärkt, stärkt die Demokratie. Wer kulturelle Teilhabe ermöglicht, schafft gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das Saarland stellt sich dieser Verantwortung, und wir setzen uns mit Nachdruck für eine demokratische, solidarische und vielfältige Kulturlandschaft ein. Wir haben den Kulturetat für das Jahr 2025 mit einem Volumen von rund 70 Millionen Euro gezielt gestärkt, um kulturelle Vielfalt zu sichern und die Arbeitsbedingungen der Kulturschaffenden zu verbessern. Unsere Prioritäten sind klar: Wir setzen auf eine starke Breitenkultur, die Professionalisierung der Verbände, die Stärkung der Freien Szene als Impulsgeber für künstlerische Innovationen, die strukturelle Förderung der großen Kultureinrichtungen wie beispielsweise das Saarländische Staatstheater und die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz sowie die Förderung der deutsch-französischen kulturellen Zusammenarbeit. Unsere lebendige Festivallandschaft – mit dem Max Ophüls Preis und dem deutsch-französischen Festival Perspectives – steht dabei ebenso im Fokus wie die kulturelle Bildung und das Kinder- und Jugendtheater. Denn Kultur muss für alle zugänglich sein – unabhängig von sozialer Herkunft oder finanziellen Möglichkeiten.

Diesen Prozess wollen wir auch 2026 konsequent fortsetzen. Deshalb erarbeiten wir derzeit in einem partizipativen Prozess gemeinsam mit den Kulturschaffenden des Landes kulturpolitische Leitlinien für das Saarland. Dieser Prozess zeigt deutlich: Wir haben eine dynamische, vielfältige und international vernetzte Kulturszene, die grenzüberschreitend agiert und tief in unserer Gesellschaft verwurzelt ist. Damit Kultur weiterhin gesellschaftliche Relevanz entfalten kann, braucht es klare Perspektiven und verlässliche Rahmenbedingungen. Die Ergebnisse der Leitlinien-Erarbeitung werden uns dabei helfen, zukünftige Förderschwerpunkte strategisch auszurichten und Kulturförderung so weiterzuentwickeln, dass sie den Bedürfnissen der Kulturschaffenden gerecht wird und kulturelle Teilhabe für alle stärkt.

Besonders prägend für unsere Region ist die Industriekultur. Die Völklinger Hütte als UNESCO-Weltkulturerbe ist eine herausragende Stätte des Industrieerbes mit internationaler Strahlkraft. Sie steht sinnbildlich für den Strukturwandel, den unser Land durchläuft, und zeigt, wie Industriekultur zu einem lebendigen Ort der Kunst, Bildung und Begegnung werden kann. Der Erhalt unseres industriellen Erbes stellt uns jedoch vor große Herausforderungen – sowohl finanziell als auch in der Frage, wie wir diese Orte in eine moderne, zukunftsfähige Kulturlandschaft einbinden können. In einem Land, das sich in einer tiefgreifenden Transformation befindet, müssen wir Industriekultur nicht nur bewahren, sondern auch neu denken: als Raum für kulturelle Experimente, kreative Nutzungen und gesellschaftlichen Dialog.

Ein sozial gerechtes Kultursystem erfordert faire Arbeitsbedingungen. Das Saarland war eines der ersten Bundesländer, das verbindliche Honoraruntergrenzen für die Freie Szene im Bereich der darstellenden Kunst eingeführt hat – ein wichtiger Schritt für eine faire Bezahlung in der Kultur. Für Nicht-KSK-Versicherte liegt diese Grenze bei einem Nettohonorar von 3.600 Euro im Monat, für KSK-Versicherte bei 3.100 Euro im Monat. Diese Mindesthonorare orientieren sich an den Vorgaben des Bundesverbandes Freie Darstellende Künste und werden in enger Abstimmung mit unserem Landesverband umgesetzt. Unser langfristiges Ziel ist es, Honoraruntergrenzen in allen künstlerischen Sparten zu etablieren, insbesondere in der kulturellen Bildung. Denn wer Kultur ermöglicht, muss auch von seiner Arbeit leben können. Deshalb prüfen wir kontinuierlich Anpassungen der Fördersummen, um nachhaltige Strukturen zu schaffen, die nicht auf Selbstausbeutung beruhen.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 4/2025.