In den kulturpolitischen Debatten spielt die öffentliche Kulturfinanzierung eine wichtige Rolle. Oftmals ist von Einsparungen und gravierenden Einschnitten die Rede. Teilweise sind aber auch Aufwüchse in den Kulturetats zu verzeichnen.

Die aktuelle Diskussion haben wir zum Anlass genommen, die Kulturverantwortlichen in den Ländern nach Einsparungen, Mittelaufwüchsen oder veränderten Prioritätensetzungen zu fragen. Wir haben allen für die Kultur zuständigen Ministerinnen und Minister folgende Fragen gestellt:

  • Wurde der Kulturetat in Ihrem Land erhöht oder wurden Einsparungen vorgenommen? Welche Prioritäten werden bei Ihnen in der Kulturförderung gesetzt? Wie sehen die Perspektiven für 2026 aus?
  • Wurden mit Blick auf die öffentliche Kulturförderung in Ihrem Land für alle künstlerischen Sparten Honoraruntergrenzen eingeführt? Wurden hierfür zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt – oder sehen Sie derzeit von der Einführung von Honoraruntergrenzen ab?

11 von 16 Bundesländern haben geantwortet. Einige Länder konnten unsere Fragen mit Blick auf laufende Haushaltsverhandlungen nicht beantworten. Den Beitrag der Ministerin aus Nordrhein-Westfalen, Ina Brandes, lesen Sie in diesem Artikel.


Nordrhein-Westfalen

Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, den Energie-Engpässen und den jüngsten Ankündigungen des US-Präsidenten hat sich die geopolitische Lage und damit einhergehend die finanzwirtschaftliche Lage unseres Landes grundlegend verändert. Das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen muss deshalb – wie alle anderen Ressorts auch – Ausgaben zurückführen.

Für den Etat des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft bedeutet das für das Haushaltsjahr 2025 in Summe eine Kürzung von 750 Millionen Euro. Der Kulturhaushalt ist mit vergleichsweise moderaten 5,5 Millionen Euro – das entspricht 1,74 Prozent – betroffen. Es ist uns gelungen, die großen institutionellen Förderungen auf dem gleichen Niveau wie 2024 zu halten; auch die Personalkostensteigerungen der zurückliegenden Jahre haben wir anteilig auffangen können. Gleichwohl schmerzt jeder Einschnitt.

Den relativ moderaten Einsparungen, die jetzt vorgenommen wurden, liegen strategische Entscheidungen zugrunde.

So ist uns im Ministerium für Kultur und Wissenschaft daran gelegen, Verwaltungsstrukturen für Förderprogramme einfach und effizient zu halten. Dazu gehört zum Beispiel, die Anzahl von Förderprogrammen zu reduzieren, um Bürokratie abzubauen, Antragstellungen zu vereinfachen und die Kulturförderung transparenter zu machen. Durch Zusammenlegung von Förderprogrammen vermeiden wir sehr kleinteilige Förderungen, die mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden sind. Der Verwaltungsaufwand einerseits und die ausgeschüttete Fördersumme für die eigentliche Kunstproduktion andererseits müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen: Wir wollen weniger Geld für Verwaltung und Verteilung von Förderung ausgeben, damit möglichst viel Geld direkt bei den Künstlerinnen und Künstlern ankommt. Dazu gehört auch die Vermeidung von Doppelstrukturen. Leistungen, die auch von anderen Einrichtungen – ebenfalls mit Förderung durch das Land – erbracht werden, müssen nicht von einer zweiten Einrichtung erbracht werden.

Zeiten knapper Kassen verlangen nach Prioritäten. Die setzen wir vor allem in der kulturellen Bildung und der fairen Bezahlung von Künstlerinnen und Künstlern.

JeKits (»Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen«) ist inzwischen Deutschlands größtes Projekt der kulturellen Bildung. In Nordrhein-Westfalen nehmen rund 110.000 Kinder an über 1.000 Schulen daran teil. Im Haushalt 2025 werden die Mittel von 16,7 Millionen Euro auf 17,3 Millionen Euro aufgestockt, um es Kindern aus sozial schwachen Familien noch leichter zu machen, erste künstlerische Erfahrungen im JeKits-Programm zu sammeln. Außerdem fördert das Land die Programme »Kultur und Schule« und »Künstlerinnen und Künstler in die Kita« und unterstützt mit dem Programm »Kulturelle Gesamtkonzepte« die Kommunen bei Angeboten, die mit dem Offenen Ganztag kooperieren.

Für den Bereich der kulturellen Bildung haben wir im Jahr 2024 Honoraruntergrenzen für Künstlerinnen und Künstler eingeführt. Selten waren wir so dringend auf die verbindende Kraft von Kunst und Kultur angewiesen wie heute. Dieser Dienst an der Demokratie ist wertvoll – und er hat seinen Preis. Ab Januar 2026 gelten die Honoraruntergrenzen flächendeckend für alle Sparten. Für das laufenden Jahr haben wir dafür 1,6 Millionen Euro veranschlagt. Das ist ein deutliches Bekenntnis zum Wert von Kultur und die Anerkennung von künstlerischer Leistung als Arbeit. Nicht zuletzt fördern wir damit künstlerische Qualität und Professionalität: Denn wer sich ohne Nebenjobs voll auf seine künstlerische Arbeit konzentrieren kann, der kann auf einem noch höheren Niveau künstlerisch arbeiten. Ich bin daher sicher, dass die Honoraruntergrenzen so auch dem Publikum zugutekommen.

Ebenso wichtig wie die faire Bezahlung ist die soziale Absicherung der Künstlerinnen und Künstler bei (temporärer) Erwerbslosigkeit. Auf Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich deshalb der Bundesrat in seiner Sitzung am 22. November 2024 mit einem Antrag zur Erweiterung der Künstlersozialkasse (KSK) beschäftigt. Der Entschließungsantrag sieht ein klares Bekenntnis des Bundesrates zur Absicherung von selbständigen Künstlerinnen und Künstlern über eine weitere Säule in der Künstlersozialkasse vor. Der Bundesrat soll die Bundesregierung auffordern, eine Absicherung von Lücken in der Erwerbsbiografie von Künstlerinnen und Künstlern zu schaffen.

Zum Glück haben wir in der vergangenen Legislaturperiode einen enormen Aufwuchs im Kulturhaushalt erlebt, der sehr klug eingesetzt wurde. Das Land hat damals gezielt begonnen, die kommunalen Häuser zu unterstützen, etwa bei den Betriebskosten. Dies hilft uns heute in finanziell schwieriger werdenden Zeiten. Denn der Einstieg des Landes hat auf kommunaler Ebene eine echte Erleichterung gebracht. Wir haben diese Unterstützung in den vergangenen Jahren erhöht und damit einen großen Beitrag geleistet, die teils erheblichen Tarifkostensteigerungen abzufedern. Das wird in diesem Jahr so nicht möglich sein, weil wir die Haushaltsmittel dafür einfach nicht haben. Aber wir haben eine Grundlage geschaffen, dass das Land Einrichtungen, für die wir eigentlich nicht zuständig sind, strukturell und dauerhaft unterstützt. Das ist in der aktuellen Situation viel wert.

Es ist meine Verantwortung als Ministerin, gerade in Zeiten knapper finanzieller Mittel, klare politische Prioritäten zu setzen. Ziel der Landesregierung ist es, den Künstlerinnen und Künstlern sowie den Kultureinrichtungen so viel Planungssicherheit wie möglich zu geben.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 4/2025.