Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat Mitte März dieses Jahres den aktuellen »Monitoringbericht Kultur- und Kreativwirtschaft 2021«, im Folgenden: Monitoringbericht 2021, veröffentlicht. Er reiht sich damit in die jährlich erscheinenden Monitoringberichte Kultur- und Kreativwirtschaft ein. Mit Blick auf die Wirkungen der Coronapandemie auf die Kultur- und Kreativwirtschaft liegen erstmals handfeste Daten hinsichtlich der Umsatzentwicklung und Entwicklung der Zahl der Erwerbstätigen vor. Zuvor wurden vom Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos im Auftrag des Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft jeweils Szenarien, also Vorausschätzungen, zur Entwicklung der Branche vorgestellt.
Methodisch bietet der Monitoringbericht 2021 einiges Neues. Neben den bereits eingeführten Daten zur Umsatzentwicklung und der Entwicklung der Erwerbstätigenzahl in der Kultur- und Kreativwirtschaft insgesamt sowie in den Teilbranchen werden zusätzlich die Szenarioanalysen von Prognos und Einschätzungen von Verbandsvertreterinnen und -vertretern aus den verschiedenen Teilbranchen vorgestellt. Die Leserinnen und Leser gewinnen dadurch einen relativ umfassenden Eindruck von der Branchenentwicklung insgesamt. Gleichzeitig wird auch deutlich, dass nicht alle Teilmärkte gleichermaßen von den Auswirkungen der Coronapandemie betroffen sind. Das intensivere Eingehen auf die Teilmärkte unterscheidet diesen Bericht von seinen Vorgängern und macht ihn besonders wertvoll. Im Folgenden sollen kursorisch einige Ergebnisse des Berichtes vorgestellt werden.
Branchenvergleich
Als Erstes geht es wie immer im Monitoringbericht um den Vergleich mit anderen Branchen. Dieser Vergleich offenbart, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft im ersten Pandemiejahr etwas mehr Federn lassen musste als andere Branchen. Die Bruttowertschöpfung der Kultur- und Kreativwirtschaft ging um 12,8 Prozent zurück, die des Fahrzeugbaus und die des Maschinenbaus um 10,2 Prozent. Nach wie vor liegt im Branchenvergleich die Bruttowertschöpfung der Kultur- und Kreativwirtschaft vor der der Chemischen Industrie, vor der Energieversorgung, vor den Finanzdienstleistern und vor dem Maschinenbau. Allein im Fahrzeugbau wird eine höhere Bruttowertschöpfung erreicht.
Umsatzverluste
Der Gesamtumsatz der Kultur- und Kreativwirtschaft sank im Vergleich zum Jahr 2019 um 9 Prozent. Die verschiedenen Teilmärkte waren und sind allerdings sehr unterschiedlich von der Pandemie bzw. coronabedingten Umsatzrückgängen betroffen. Grob lassen sich vier Gruppen bilden:
- Gruppe 1 mit einem Umsatzverlust von über 80 Prozent. Hierzu zählt der Markt für darstellende Kunst (Umsatzverlust 81 Prozent)
- Gruppe 2 mit einem Umsatzverlust um die 40 Prozent. Hierzu gehören der Musikmarkt (Umsatzverlust 44 Prozent), Filmmarkt (Umsatzverlust 41 Prozent) und der Kunstmarkt (Umsatzverlust 39 Prozent)
- Gruppe 3 mit einem Umsatzverlust zwischen 5 und 10 Prozent. Hier befinden sich der Rundfunkmarkt (Umsatzverlust 10 Prozent), die Designwirtschaft (Umsatzverlust 9 Prozent) und die Werbewirtschaft (Umsatzverlust 7 Prozent)
- Gruppe 4 mit einem Umsatzverlust unter 5 Prozent. Hier sind der Buchmarkt (Umsatzverlust 3 Prozent), der Pressemarkt (Umsatzverlust 3 Prozent), der Architekturmarkt (Umsatzverlust 1 Prozent) und der Software/Games-Markt (Umsatzverlust 1 Prozent) zu finden
Diese von uns vorgenommene Gruppierung zeigt, dass die verschiedenen Kultur- und Kreativwirtschaftsbranchen sehr unterschiedliche Umsatzverluste im Vergleich zum Jahr 2019 hinnehmen mussten. Geht es bei den einen um Umsatzverluste von unter 5 Prozent, die auch bei »normalen« konjunkturellen Schwankungen auftreten, muss bei anderen von Umsatzeinbrüchen gesprochen werden, die an die Substanz gehen. Das trifft auf jene Teilmärkte zu, die Umsatzverluste um die 40 Prozent erlitten haben und natürlich in besonderer Weise um den Markt für darstellende Kunst mit einem Umsatzeinbruch von 81 Prozent.
Der höchste Umsatz insgesamt wurde im Jahr 2020 im Teilmarkt Software/Games mit 50,2 Milliarden Euro erzielt. Danach kommt lange nichts. Der zweitgrößte Teilmarkt mit einem Umsatz von 28,5 Milliarden Euro ist die Werbewirtschaft, dicht gefolgt vom Pressemarkt mit 27,0 Milliarden Euro Umsatz. Darauf folgt mit 19,2 Milliarden Euro Umsatz die Designwirtschaft und dann mit 15,0 Milliarden Euro der Buchmarkt. Im Architekturmarkt wurde ein Umsatz von 12,5 Milliarden Euro erzielt und im Rundfunkmarkt von 8,5 Milliarden Euro. Der Filmmarkt erreicht einen Umsatz von 5,8 Milliarden Euro und der Musikmarkt von 5,0 Milliarden Euro. Die beiden kleinsten kulturwirtschaftlichen Märkte sind der Kunstmarkt mit 1,4 Milliarden Euro und der Markt für darstellende Kunst mit 1,1 Milliarden Euro. Gerade die mit Blick auf den Umsatz kleineren Märkte mussten im Vergleich zum Jahr 2019 die höchsten Umsatzverluste verkraften.
Erwerbstätige
Die Zahl der Erwerbstätigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft ging gegenüber dem Jahr 2019 um 1,3 Prozent zurück. Insgesamt werden für die Kultur- und Kreativwirtschaft 1.811.721 Erwerbstätige ausgewiesen. Der größere Teil (68,9 Prozent) hiervon sind sogenannte Kernerwerbstätige. Dazu zählen als größte Gruppe die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit 989.230 Personen, das sind 54,6 Prozent aller Erwerbstätigen. Weiter gehören hierzu die Selbständigen mit einem Umsatz über 17.500 Euro im Jahr. Das sind 259.320 Selbständige bzw. 14,3 Prozent aller Erwerbstätigen. Die zweite Gruppe der Gesamterwerbstätigen sind die geringfügig Erwerbstätigen. Sie stellen 563.171 Personen bzw. 31,1 Prozent der Gesamterwerbstätigen. Von den geringfügig Erwerbstätigen sind 297.182 sogenannte Miniselbständige, also Selbständige mit einem Jahresumsatz unter 17.500 Euro. Sie machen 16,4 Prozent der Gesamterwerbstätigen aus. Die 265.989 geringfügig Beschäftigten stellen einen Anteil von 14,7 Prozent der Gesamterwerbstätigen.
D. h. der weitaus größte Teil der Erwerbstätigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft ist abhängig beschäftigt. Um die Beschäftigten während der Coronapandemie und insbesondere während der Lockdowns zu halten, konnten die Unternehmen Kurzarbeitergeld beantragen. An Selbständige und Mini-selbständige richten sich die verschiedenen Überbrückungshilfen des Bundeswirtschaftsministeriums sowie an Künstlerinnen und Künstler die Stipendien, die von den Ländern oder auch im Rahmen von NEUSTART KULTUR vom Bund ausgereicht wurden. Besonders schwierig war und ist die Situation der geringfügig Beschäftigten.
Werden die verschiedenen Teilmärkte betrachtet, so ist das Bild mit Blick auf die Erwerbstätigkeit wiederum sehr vielschichtig. Die meisten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten weisen Software/Games auf. Hier sind 452.673 Erwerbstätige im Jahr 2020 beschäftigt gewesen, das ist fast die Hälfte aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der gesamten Kultur- und Kreativwirtschaft. Danach folgen der Werbemarkt (124.952 Angestellte), der Pressemarkt (106.946 Angestellte), der Architekturmarkt (100.946 Angestellte) und der Designmarkt (91.505 Angestellte). Gefolgt vom Buchmarkt (49.747 Angestellte), Filmmarkt (41.218 Angestellte) und Musikmarkt (39.320 Angestellte). Der Markt für darstellende Kunst hat 26.725 Angestellte und der Rundfunkmarkt 25.042 Angestellte. Das Schlusslicht bildet der Kunstmarkt mit 5.125 Angestellten. D. h. der mit Blick auf den Umsatz kleine Markt, der Markt für darstellende Kunst, weist noch relativ viele sozialversicherungspflichtig Beschäftigte auf.
Was die Zahl der Selbständigen betrifft, liegt der Designmarkt vorn. Und zwar sowohl mit Blick auf die Selbständigen, also derjenigen, die mehr als 17.500 Euro Umsatz im Jahr erreichen, mit einem Wert von 60.725, als auch hinsichtlich der Miniselbständigen mit 63.754. D. h. im Designmarkt sind die Mehrzahl der Selbständigen Miniselbständige. Ähnliches gilt mit Ausnahme des Architekturmarktes, des Pressemarktes und des Werbemarktes für die anderen Teilbranchen der Kultur- und Kreativwirtschaft. Oder um es konkret zu machen: Im Musikmarkt stehen 14.988 Selbständigen 20.054 Miniselbständige gegenüber, im Buchmarkt 17.022 Selbständigen 28.821 Miniselbständige, im Kunstmarkt 12.500 Selbständigen 27.023 Miniselbständige, im Filmmarkt 20.164 Selbständigen 38.583 Miniselbständige, im Rundfunkmarkt 16.946 Selbständigen 21.475 Miniselbständige, im Markt für darstellende Kunst 21.315 Selbständigen 40.883 Miniselbständige, im Software/GamesMarkt 43.094 Selbständigen 46.557 Miniselbständige. Oder anders gesagt: Die Mehrzahl der Selbständigen sind in den meisten Teilbranchen der Kultur- und Kreativwirtschaft Miniselbständige. Dieser Umstand muss bei möglichen Förder-, Existenzgründungs- oder auch Stabilisierungsprogrammen für die Kultur- und Kreativwirtschaft zwingend bedacht werden. Der hohe Anteil an Miniselbständigen zeigt an, dass sich viele in einer prekären Selbständigkeit befinden.
Fazit
Der Monitoringbericht Kultur- und Kreativwirtschaft 2021, erstellt von Goldmedia, der Hamburg Media School und der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig, ist wieder eine Fundgrube an Daten zur Analyse der Kultur- und Kreativwirtschaft. Genaues Hinsehen lohnt sich!