Klimaschutz ist kein Luxus mehr
Ob Kino, Bibliothek, Theater, Museum oder Club: Für viele Kultureinrichtungen geht es bei Maßnahmen zum Klimaschutz längst nicht mehr »nur« darum, einen eigenen Beitrag zur Bewältigung einer zentralen gesamtgesellschaftlichen Aufgabe zu leisten. Seit den ersten Initiativen kühner Pioniere sind neue Herausforderungen dazugekommen. Insbesondere aufgrund steigender Energiepreise wächst der Kostendruck. Darüber hinaus schwindet die Akzeptanz nicht zukunftsfähiger Produktionen sowohl bei Mitwirkenden als auch beim Publikum. Wer heute »state of the art« sein will, sollte grün produzieren. Und nicht zuletzt wirken sich Extremwetterereignisse verstärkt auch auf Kulturveranstaltungen und -einrichtungen aus. Deshalb besteht heute innerhalb des Sektors ein breiter Konsens: Wir müssen zukunftsfähiger werden.
Erster Schritt: Klimabilanzierung
Auf dem Weg zur Zukunftsfähigkeit spielt die Reduzierung des eigenen CO2-Fußabdrucks eine entscheidende Rolle. Doch wie geht man diese Aufgabe an? Der erste und wichtigste Schritt ist die Erstellung einer verlässlichen und aussagekräftigen Klimabilanz. Nur wer genaue Kenntnisse über die eigenen Emissionen und die wichtigsten Emissionsquellen hat, weiß auch, welche Reduktionsmaßnahmen am besten greifen. Zudem muss die Klimabilanzierung regelmäßig erfolgen, um feststellen zu können, wie wirksam die getroffenen Maßnahmen – von energetischen Baumaßnahmen über Ökostrom bis hin zu Jobtickets und Fahrradständern vor dem Haus – wirklich sind.
Der CO2-Kulturstandard
Viele Kultureinrichtungen stehen deshalb vor der praktischen Herausforderung, Bilanzierungsansätze und Systemgrenzen (Was gehört eigentlich dazu, was nicht?) für ihre Organisation festlegen zu müssen. Sie wünschen sich klare Regeln und Richtlinien für eine mit überschaubarem Ressourceneinsatz realisierbare Bilanzierung. Weiterhin erscheint es sinnvoll, institutions- und spartenübergreifend vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, um so den Wissenstransfer zu fördern und die Effizienz der Reduktionsmaßnahmen zu steigern.
Vor diesem Hintergrund hat eine Gruppe von Expertinnen und Experten im Auftrag der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg in engem Austausch mit den zuständigen Gremien der Kulturministerkonferenz und Kulturverbänden einen bundesweit einheitlichen CO2-»KlimaBilanzKultur«-Standard (KBK/KBK+) erarbeitet.
Dabei mitgewirkt haben der Deutsche Museumsbund, der Deutsche Bühnenverein, der Deutsche Bibliotheksverband und unisono – die Deutsche Musik- und Orchestervereinigung. Auch der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare, die Kulturstiftung des Bundes, der Bundesverband Soziokultur sowie Mitglieder des Arbeitskreises Green Shooting haben ihre Expertise eingebracht. Zudem wurden Akteure eingebunden, die in dem Feld besonders aktiv sind, wie das Projekt Elf zu Null der Hamburger Museen, die Städte Dresden und Leipzig, die Klimaschutzstiftung Baden-Württemberg, die Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH und das Umweltbundesamt. Der CO2-Kulturstandard wurde auf der Kulturministerkonferenz und im Kulturpolitischen Spitzengespräch von Bund, Ländern und Kommunen verabschiedet. Als erster national einheitlicher Standard seiner Art in Europa bietet er spartenübergreifend eine verlässliche Grundlage zur Erstellung von Klimabilanzen im Kulturbereich.
Der kostenlose KBK-Rechner
Zusammen mit dem CO2-KlimaBilanzKultur-Standard wurde der KBK-Rechner entwickelt, ein kostenloses Excel-Tool, mit dem CO2-Emissionen Schritt für Schritt berechnet werden können – standardkonform und mit überschaubarem Aufwand. Der KBK-Rechner beinhaltet drei Entwicklungsstufen bei der Bilanzierung: KBK, KBK+ und Beyond Carbon. Damit ist ein klarer Weg hin zu einem strategischen Management vorgezeichnet. Die dabei zugrunde gelegten Emissionsfaktoren sind als open source im Tool hinterlegt und können von Programmiererinnen und Programmierern direkt für die Anpassung bestehender oder die Entwicklung neuer, standardkonformer CO2-Rechner genutzt werden.
Für die Zukunft gut aufgestellt
Hintergrund für die Entwicklung des CO2-Kulturstandards und des Excel-Tools war das innerhalb des Sektors klar erkennbare und vielfach geäußerte Bestreben, unterschiedlichste Kultureinrichtungen mit den besten Tools in kürzester Zeit in die Lage zu versetzen, den klimabedingten Herausforderungen der Zukunft begegnen zu können. Viele Einrichtungen nutzen diese Hilfsmittel bereits erfolgreich bei ihrer Klimabilanzierung, wie etwa die Hamburger Kunsthalle, das GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig oder die Stadtbibliothek Köln. Wir als Green Culture Anlaufstelle freuen uns über einen niedrigschwelligen und praktikablen CO2-Bilanzierungsstandard, der von vielen Akteurinnen und Akteuren im Kulturbereich genutzt werden kann.
Mehr dazu
Die Green Culture Anlaufstelle (GCA) hat die Aufgabe, Aktivitäten im Bereich der ökologischen Transformation in der Kultur-, Kreativ- und Medienbranche abzubilden, zu beraten und Wissen zu vermitteln, um sie zukunftsfest zu machen. Die GCA wird gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.