In den kulturpolitischen Debatten spielt die öffentliche Kulturfinanzierung eine wichtige Rolle. Oftmals ist von Einsparungen und gravierenden Einschnitten die Rede. Teilweise sind aber auch Aufwüchse in den Kulturetats zu verzeichnen.
Die aktuelle Diskussion haben wir zum Anlass genommen, die Kulturverantwortlichen in den Ländern nach Einsparungen, Mittelaufwüchsen oder veränderten Prioritätensetzungen zu fragen. Wir haben allen für die Kultur zuständigen Ministerinnen und Minister folgende Fragen gestellt:
- Wurde der Kulturetat in Ihrem Land erhöht oder wurden Einsparungen vorgenommen? Welche Prioritäten werden bei Ihnen in der Kulturförderung gesetzt? Wie sehen die Perspektiven für 2026 aus?
- Wurden mit Blick auf die öffentliche Kulturförderung in Ihrem Land für alle künstlerischen Sparten Honoraruntergrenzen eingeführt? Wurden hierfür zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt – oder sehen Sie derzeit von der Einführung von Honoraruntergrenzen ab?
11 von 16 Bundesländern haben geantwortet. Einige Länder konnten unsere Fragen mit Blick auf laufende Haushaltsverhandlungen nicht beantworten. Den Beitrag des Ministers aus Hessen, Timon Gremmels, lesen Sie in diesem Artikel.
Hessen
Kunst und Kultur sind weit mehr als nur ein Luxus oder eine Nebensache – sie sind ein zentraler Bestandteil unserer Gesellschaft. Sie stärken sowohl das individuelle als auch das kollektive Wohl. Davon bin ich fest überzeugt. Es stimmt: Die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen sind einem enormen Konsolidierungsdruck ausgesetzt. Doch wenn an Kunst und Kultur zu viel gespart wird, verlieren wir nicht nur die Fähigkeit zur Selbstreflexion und Weiterentwicklung, sondern auch die Grundlage für den sozialen Zusammenhalt. Mein Ziel ist es, die kulturelle Vielfalt zu bewahren und gleichzeitig Kunst und Kultur für alle Menschen in Hessen zugänglich zu machen.
Als Minister für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur habe ich in diesem Jahr klare Prioritäten gesetzt: Kunst und Kultur sind von Kürzungen ausgenommen. Darüber hinaus konnten wir für Musikschulen, die documenta und für Tarifsteigerungen zusätzliche Mittel mobilisieren. Wir können nicht ausschließen, dass der finanzielle Druck auf diesen Bereich weiter steigt, aber es wird auch künftig darum gehen, die vielfältigen Strukturen von Kunst und Kultur und deren Zugänglichkeit so weit wie möglich zu erhalten. Die Verhandlungen über den Haushalt für das Jahr 2026 laufen derzeit noch, weshalb ein verlässlicher Blick in die Zukunft noch nicht möglich ist.
Für die hessischen Musikschulen stellen wir in diesem Jahr zusätzlich 1,2 Millionen Euro bereit – das Doppelte des ursprünglich im »Pakt für Musikschulen« vorgesehenen Betrags. Diese Entscheidung unterstreicht nicht nur die Bedeutung der Musik als unverzichtbaren Bestandteil der kulturellen Bildung, sondern auch unser Bestreben, allen Kindern und Jugendlichen – unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund – die Möglichkeit zu bieten, ihre musikalischen Talente und damit auch sich selbst als Persönlichkeiten zu entfalten.
Mit einer Umstellung der Fördersystematik und der Einführung einer neuen Förderrichtlinie wollen wir die Musikschulen in Hessen finanziell stärken und gleichzeitig die Qualität des Unterrichts erhöhen. Dazu setzen wir höhere Standards und schaffen gleichzeitig bessere Arbeitsbedingungen für die Lehrkräfte. Die neue Richtlinie betont die Bedeutung sozialer Gerechtigkeit und würdigt die Bedeutung der Musikschulen als kulturelle und bildungspolitische Institutionen. Zudem mildern wir mit dieser Initiative die Auswirkungen des »Herrenberg-Urteils« ab.
Doch nicht nur die Musikschulen profitieren vom Haushalt 2025. Auch die documenta und die Museum Fridericianum gGmbH erfahren zusätzliche Unterstützung. Dies ist insbesondere im Nachgang der letzten Weltkunstausstellung sowie in Vorbereitung auf die documenta 16 im Jahr 2027 in Kassel von entscheidender Bedeutung. Wir haben die Aufarbeitung der documenta fifteen konsequent vorangetrieben und die documenta gGmbH mit einer umfassenden Strukturreform für die Zukunft aufgestellt. Auf Vorschlag einer internationalen Findungskommission wurde die erfahrene und renommierte Naomi Beckwith zur Künstlerischen Leiterin berufen. Die Weichen für eine erfolgreiche documenta 16 sind damit gestellt. Zur weiteren Vorbereitung der Ausstellung im Jahr 2027 sowie zur Umsetzung der Strukturreform stellt das Land im Haushalt 2025 über 2 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung.
Die Tarifabschlüsse haben viele Kulturinstitutionen vor große Herausforderungen gestellt. Mit einem umfassenden Kraftakt stellen wir sicher, dass die vom Land institutionell geförderten Einrichtungen sowie unsere Theater in diesem Jahr insgesamt fast 3 Millionen Euro für die Tarifsteigerungen erhalten.
Doch nicht nur die Institutionen benötigen stabile finanzielle Rahmenbedingungen – auch die Künstlerinnen und Künstler selbst brauchen unsere Unterstützung. Honoraruntergrenzen im Kulturbereich sind ein wichtiges Instrument, um die Arbeitsbedingungen für die Kreativen zu verbessern und die Wertschätzung ihrer Arbeit zu sichern. Ich verfolge daher die bundesweiten Debatten sehr aufmerksam. Im Idealfall würde die Einhaltung von Honoraruntergrenzen in unsere Förderinstrumente eingeführt, wobei gleichzeitig die damit verbundenen finanziellen Mehrbedarfe gedeckt werden würden – eine doppelte Herausforderung, vor allem in Zeiten knapper Kassen. Die Umsetzbarkeit dieser Maßnahme prüfen wir derzeit.