Am 15.02.2025 ist Gerhart R. Baum 92-jährig in seiner Wahlheimat Köln verstorben. Ein gesegnetes Alter, das Gerhart Baum hellwach erreicht hat. Mit ihm ist ein Mahner gegen den Rechtsruck, ein aufrechter Liberaler, ein Streiter für Menschenrechte und Kunstfreiheit und vor allem ein echter Liebhaber der zeitgenössischen Kunst verstorben. Insbesondere die zeitgenössische Musik lagen ihm und seiner Frau Renate Ließmann-Baum am Herzen.
Dem Deutschen Kulturrat war er über Jahrzehnte verbunden. Als Bundesinnenminister (1978-1982), seinerzeit u. a. sowohl zuständig für Kultur als auch für Sport, vermisste er einen übergreifenden Ansprechpartner im Kultursektor. Seinerzeit wurde heftig über die Einführung der Künstlersozialversicherung gestritten, und der ermäßigte Umsatzsteuersatz für die Bildende Kunst stand auf der Kippe. Gerhart Baum ermutigte, ermunterte und stupste Bundeskulturverbände an, sich zumindest in einer Arbeitsgemeinschaft zusammenzuschließen und geschlossen aufzutreten. Er war dies vom Deutschen Sportbund, dem heutigen Deutschen Olympischen Sportbund, gewohnt, der bei allen internen Unterschieden es immer wieder schaffte, Gemeinsames zu formulieren und einzufordern. Im November 1981 war es so weit: Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kulturrat bildete sich und wurde sogleich vom Bundesinnenminister empfangen.
Dieses Nichtlockerlassen und Fordern, war ein Wesensmerkmal von Gerhart Baum. Er wollte sich nicht mit dem abfinden, was war, sondern gestalten. Er brachte Menschen zusammen, forderte sie heraus und scheute auch die kontroverse Auseinandersetzung nicht.
Als ihm die Entwicklung des Deutschen Kulturrates zu langsam ging und die Arbeitsgemeinschaft seiner Ansicht nach nicht politisch genug war, gründete er die Privatinitiative Kunst, einen losen Zusammenschluss von kunstbegeisterten Persönlichkeiten. Zusammen mit dem inzwischen ebenfalls verstorbenen Bernhard Freiherr von Loeffelholz thematisierte er insbesondere die Kulturfinanzierung. Die staatliche Kulturfinanzierung insbesondere für die Avantgarde stand für beide außer Frage, zugleich forderten sie unternehmerisches Engagement ein.
Gerhart Baum schied 1994 aus dem Deutschen Bundestag aus. Er widmete sich seiner Arbeit als Rechtsanwalt und strengte erfolgreich eine Reihe von Verfassungsbeschwerden an. Der Kultur blieb er treu.
Von 2005 bis 2023 war er Vorsitzender des Kulturrats NRW. Die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kulturrat intensivierte er. Die Privatinitiative Kunst lag lange schon zurück. Das klare politische Engagement des Deutschen Kulturrates war ganz in seinem Sinne. Als überzeugter Föderalist wollte er zugleich die Stimme der Länder stärken. So trieb er in den letzten Jahren seiner Vorstandstätigkeit im Kulturrat NRW die Zusammenarbeit der spartenübergreifenden Zusammenschlüsse in den Ländern voran und suchte dabei den engen Austausch mit dem Deutschen Kulturrat. Die im Januar 2025 gegründete KulturLänderKonferenz ist Frucht dieser Anstöße.
Ein Stachel im Fleisch war er im Rundfunkrat des WDR. Unbeirrt forderte er Kultur im Programm ein und verwies, typisch Jurist, auf die rundfunkrechtlichen Vorgaben und die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Der Deutsche Kulturrat zeichnete 2019 Gerhart Baum mit seinem Kulturpolitikpreis aus und würdigte damit sein jahrzehntelanges Engagement. Die damalige nordrhein-westfälische Kulturministerin Isabel Pfeifer-Poensgen würdigte Gerhart Baum als Streiter für die Kultur.
In den letzten Jahren besorgte ihn der Aufstieg der AfD. Er hatte die NS-Zeit noch erlebt und war tief besorgt über den Angriff auf die Demokratie, über Rassismus, Antisemitismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Er war ein Streiter für die Demokratie und für das Recht. Er warnte mit klaren Worten davor, dass die Demokratie ausgenutzt wird, um sie abzuschaffen.
Gerhart Baum war umtriebig, er forderte im Gespräch, er war klar in seinen Haltungen, er war ein überzeugter und überzeugender Demokrat. Zugleich war er ein überaus liebenswürdiger und angenehmer Mensch. Seine Stimme wird sehr fehlen.
Ich persönlich verdanke ihm fast 30 Jahre intensive Begleitung meiner Tätigkeit im Deutschen Kulturrat. Er hatte immer ein offenes Ohr für meine Anliegen und stand für Rat und Tat stets zur Verfügung. Er war ein wirklich großer Kulturpolitiker. Er wird uns und mir persönlich sehr fehlen.