Seit Mai dieses Jahres wird die Stiftung Preußischer Kulturbesitz erstmals von einer Präsidentin, Marion Ackermann, geleitet. Im Juni wählte der Rundfunkrat der Deutschen Welle Barbara Massing zur neuen Intendantin, die im Oktober ihr Amt antreten wird. Sie verstärkt den Reigen der ARD-Intendantinnen mit Katja Wildermuth (Bayerischer Rundfunk), Yvette Gerber (Radio Bremen), Ulrike Demmer (Rundfunk Berlin Brandenburg) und Karin Vernau (Westdeutscher Rundfunk). Schon lange haben die Berliner Philharmoniker eine Intendantin, Andrea Zietzschmann. Das Deutsche Theater Berlin (Iris Laufenberg), das Hans Otto Theater in Potsdam (Bettina Jahnke), die Sparte Schauspiel in Dortmund (Julia Wissert), das Linden-Museum in Stuttgart (Inez de Castro), die Stiftung Weimarer Klassik (Ulrike Lorenz) und viele andere Kultur- und Medieneinrichtungen mehr werden von Frauen geleitet.
In einem nach der Sommerpause beim Deutschen Kulturrat erscheinenden Sammelband »Es geht voran. Sachstand Geschlechtergerechtigkeit in Kultur und Medien« zeigen Kathrin Grotz, Patricia Rahemipour und Silvia Selinski vom Institut für Museumsforschung anhand von Daten der jährlich erhobenen Museumsstatistik auf, dass Kunstmuseen, kulturgeschichtliche Spezialmuseen und Museen für Orts- und Regionalgeschichte zu mehr als 50 Prozent von Frauen geleitet werden. Wird dieser Befund allerdings mit dem Anteil an Mitarbeiterinnen in den Museen in Beziehung gesetzt, zeigt sich nach wie vor eine Diskrepanz, denn die Mehrzahl der Beschäftigten sind weiblich, die Werte liegen zumeist deutlich über 60 Prozent. Der Frauenanteil an den Leitungen spiegelt diese starke Präsenz von Frauen noch nicht wider. Anders sieht es bei den Technik- und naturwissenschaftlichen Museen aus, hier sind zwar weniger Frauen in der Leitung vertreten als in den o. g. Häusern, es sind aber auch weniger weibliche Beschäftigte anzutreffen. Hier schreibt sich die geschlechtsspezifische Segregation bei Studienvorgängen fort.
Claudia Schmitz legt in dem o. g. im Erscheinen befindlichen Sammelband dar, welche Maßnahmen der Deutsche Bühnenverein ergreift, um die Findungsprozesse von Intendanzen zu verändern, um mehr Frauen für die Übernahme von Führungsverantwortung zu gewinnen. Hier wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, nicht zuletzt auch mit Blick für Diversität. Für den Bibliotheksbereich setzt sich Holger Krimmer mit dem Thema auseinander, wie sich die Diversität der Gesellschaft besser im Personal der Bibliotheken widerspiegeln kann. Vertreterinnen und Vertreter aus den Kulturministerien der Länder und des Bundes geben darüber Auskunft, welche Maßnahmen sie ergreifen, um die Geschlechtergerechtigkeit bei der Besetzung von Führungspositionen in Kultureinrichtungen und bei der individuellen Künstlerinnen- und Künstlerförderung zu verbessern. Bezogen auf die Bundeskulturförderfonds geben die Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer der Fonds (Holger Bergmann für den Fonds Darstellende Künste, Mechthild Eickhoff für den Fond Soziokultur, Lars Birken-Bertsch für den Deutschen Literaturfonds, Jürgen Jakob Becker für den Deutschen Übersetzerfonds, Gregor Hotz für den Musikfonds und Karin Lingl für die Stiftung Kunstfonds) darüber Auskunft, welche Maßnahmen in den letzten Jahren ergriffen wurden, um mehr Diversität in den Gremien zu erreichen. Aus dem kulturwirtschaftlichen Sektor zeigen in der genannten Publikation Ulrich Brobeil für die Spielwarenindustrie, Boris Kochan und Ina von Rumohr für den Bereich Design sowie Philip Steden für angestellte Architektinnen und Architekten auf, welche Faktoren mit Blick auf Führung in Unternehmen und insbesondere auch hinsichtlich Entgeltgleichheit zu beachten sind. Festgehalten werden kann, vieles ist in Bewegung, aber einiges ist noch zu tun.
Mentoring-Programm
Seit 2017 führt der Deutsche Kulturrat das vom BKM geförderte »Mentoring-Programm Frauen in Kultur und Medien« durch. Im Jahr 2016 wurde mit der Studie »Frauen in Kultur und Medien« aufgezeigt, wie weit der Kultur- und Medienbereich von Geschlechtergerechtigkeit entfernt ist. Kulturstaatsministerin Monika Grütters richtete daraufhin einen Runden Tisch ein, der dazu diente, sparten- und bereichsspezifische Vorschläge zur Veränderung der Situation einzuholen. Ein Ergebnis war, dass etablierte Frauen aus dem Kultur- und Medienbereich gerne ihre Expertise weitergeben würden und dass Frauen, die Führungsposition anstreben, den Bedarf für ein kulturspezifisches Mentoring anzeigten.
Im Sommer 2017 wurde das Mentoring-Programm »Frauen in Kultur und Medien« aus der Taufe gehoben. Im Herbst 2017 startete die erste Mentoringrunde. Seither wurden 210 Frauen, die eine Führungsposition im Kultur- und Medienbereich anstreben, von 155 Mentorinnen und Mentoren begleitet. Sieben Runden wurden bisher durchgeführt. Nach der 7. Runde fand eine externe Evaluierung statt, die den Erfolg dieses Programms bestätigte. Wesentliche Ergebnisse der Evaluation werden nach der Sommerpause von Gaelle Lisack und Björn Neuhaus in dem bereits angeführten Sammelband zum aktuellen Sachstand in Sachen Geschlechtergerechtigkeit in Kultur und Medien vorgestellt. Eines sei vorweggenommen: Das Programm wirkt, und die Zufriedenheit ist sehr groß. Die befragten Mentees haben ihre beruflichen Ziele reflektiert, neue Stellen angetreten oder auch gegründet. Das Programm ist aber nicht nur für die Mentees als Hauptzielgruppe wertvoll. Als positiver »Beifang« erwies sich, dass Mentorinnen und Mentoren Anstöße von einer jüngeren Generation an Führungskräften erhielten und ihre eigene Rolle und Arbeit reflektierten. Ein interessantes Ergebnis war, dass der Erfolg des Programms nicht davon abhängig war, ob der Mentee eine Mentorin oder ein Mentor zu Seite gestellt wurde.
Die Mentorinnen und Mentoren stellen ihre Expertise ehrenamtlich zur Verfügung. Sie stehen mit Rat und Tat zur Verfügung, sprechen Schwierigkeiten an, helfen, Ziele zu priorisieren oder auch zu verwerfen. Sie bieten den Blick von außen, der im Berufsalltag selten gegeben, für das Finden des eigenen Weges aber entscheidend ist.
In jeder Ausschreibungsrunde überstieg die Nachfrage die zur Verfügung stehenden Plätze um ein Vielfaches. Dies belegt einerseits den hohen Bedarf und andererseits die Bereitschaft der Bewerberinnen, auf dem Weg zur Führungskraft ihre eigene Arbeit, ihr Auftreten und ihren bisherigen Weg kritisch zu reflektieren. Neben dem unmittelbaren Austausch zwischen Mentee und Mentorin oder Mentor finden zusätzlich Fortbildungsveranstaltungen und Treffen statt.
Die Teilnehmerinnen haben in den vergangenen Jahren starke Netzwerke – auch über das eigentliche Programm hinaus – aufbauen können, die gerade bei der Besetzung von Führungspositionen und der beruflichen Entwicklung eine wichtige Rolle spielen. Sehr erfreulich ist, dass viele Mentorinnen und Mentoren sich mehrfach für dieses Programm zur Verfügung gestellt haben. Auch für die achte Runde haben sich bewährte Mentorinnen und Mentoren bereiterklärt.
Aus der bereits angeführten Evaluation wurde für die achte Runde als Neuerung mitgenommen, dass die Entscheidungsprozesse verändert wurden. Die Bewerbungen werden nach Eingang von der zuständigen Referentin, Alix Op de Hipt u. a., hinsichtlich der formalen Vorgaben geprüft. Die eingegangenen Bewerbungen werden dann einem Auswahlgremium aus erfahrenen Mentorinnen und Mentoren sowie ehemaligen Mentees gesichtet und kategorisiert. Es werden Empfehlungen ausgesprochen, welche Mentorin oder welcher Mentor gegebenenfalls für eine Bewerberin in Frage kommen. Hier wird also die Expertise aus dem bisherigen Programm zusätzlich eingeholt. Das letzte Wort haben die Mentorinnen und Mentoren. Sie wählen aus ca. sieben Bewerbungen aus, die ihnen vorgeschlagen werden, mit welcher Mentee sie von September/Oktober 2025 für sechs Monate zusammenarbeiten wollen. Wir freuen uns auf viele spannende Bewerbungen.
Frauen an die Macht
Es bedarf vieler Maßnahmen, damit mehr Frauen Führungspositionen im Kultur- und Medienbereich übernehmen. Veränderungen in den Unternehmen und Einrichtungen, mehr Bewerberinnen für bestimmte Positionen, Männer und Frauen, die angehende Führungskräfte fördern und unterstützen und anderes mehr. Das Mentoring-Programm des Deutschen Kulturrates ist ein Baustein, um das Potenzial von Frauen für die Führung von Kultur- und Medieneinrichtungen zu heben und so zu mehr Geschlechtergerechtigkeit beizutragen.
Mehr dazu
Die Bewerbung für die Achte Mentoringrunde ist gestartet. Bis zum 14.07.2025 können sich qualifizierte Frauen mit mindestens zehn Jahren Berufserfahrung, die eine Führungsposition oder eine bessere Sichtbarkeit im Kultur- und Medienbereich anstreben, bewerben.
Nähere Informationen finden Sie online hier: frauen-in-kultur-und-medien.de/mentoring-programm
Das Buch »Es geht voran. Sachstand Geschlechtergerechtigkeit in Kultur und Medien«. Im Erscheinen beim Deutschen Kulturrat