In der Künstlersozialkasse versicherte Musiker und Musikerinnen müssen monatlich durchschnittlich mit 1.182 Euro auskommen – das ist nicht hinnehmbar! Entsprechend hat unisono die Kampagne #GoodPlayFairPay initiiert und setzt sich für Mindesthonorare im Musikbereich ein. Unisono-Geschäftsführer Gerald Mertens gibt Auskunft dazu.
unisono hat eine Kampagne für Mindesthonorare für Musikerinnen und Musiker gestartet. An wen genau richtet sich diese?
Die Kampagne richtet sich vor allem an die politisch Verantwortlichen in Bund, Ländern und Kommunen. Die Coronapandemie hat das deutlich gemacht, was vorher schon bekannt, aber vielen so nicht bewusst war: Freischaffende Musikerinnen und Musiker können von dem, was sie durchschnittlich verdienen, kaum überleben. Die Künstlersozialkasse ermittelte für 2022 ein durchschnittliches Jahreseinkommen in der Sparte Musik in Höhe von 14.191 Euro. Wie will man mit 1.182 Euro im Monat halbwegs angemessen leben? Die Armutsrisikoschwelle der EU liegt übrigens bei monatlich 1.251 Euro. Die KSK-Zahlen dokumentieren einen unglaublichen Willen zur Selbstausbeutung. Dies wollen wir mit unseren festangestellten und freischaffenden Mitgliedern in unisono nicht länger hinnehmen. Daher haben wir im Frühjahr 2022 mit einem musikalischen Flashmob von über 100 Musikerinnen und Musikern aus ganz Deutschland vor dem Rathaus der Stadt Münster die Kampagne #GoodPlayFairPay ins Leben gerufen. Wer als Profi Musik macht, der soll dafür auch fair bezahlt werden.
Welche Mindesthonorare für Musikerinnen und Musiker empfiehlt unisono? Worauf basieren diese Empfehlungen?
Die von unsiono in den vergangenen Jahren erarbeiteten Honorarmindeststandards sind rechnerisch von den durchschnittlichen Tarifvergütungen angestellter Mitglieder eines mittelgroßen Orchesters in einem Stadttheater abgeleitet. Denn diese Tarife sind von der öffentlichen Hand bereits seit Jahrzehnten akzeptiert. Was als Basis für Festangestellte akzeptabel erscheint, kann für Freischaffende, die ebenfalls eine Musikhochschulausbildung absolviert haben, nicht völlig unangemessen sein. Hieraus haben wir ein Rechenmodell entwickelt, wie viel ein Freischaffender im Monat in Orchesterprojekten, also Aufführungen und dazugehörige Proben, spielen muss, um auf ein Minimalhonorar zu kommen. Ein Tagessatz beträgt gegenwärtig als absolute Untergrenze mindestens 250 Euro, beispielsweise für eine Probe und ein Konzert. Der reine Probensatz für eine maximal dreistündige Probe beträgt mindestens 125 Euro. Stimmführung, solistische Leistungen, mehrfache Aufführungen am Konzerttag etc. führen zu Zuschlägen. Wenn im Jahr 2023 inflationsbedingt die Tariflöhne festangestellter Orchestermitglieder steigen, sind auch diese Mindesthonorarsätze analog anzupassen. Ein wirklich auskömmliches Honorar muss sogar noch höher liegen und alle zusätzlichen Aufwendungen wie z. B. Akquise und Selbstmarketing berücksichtigen.
Welche Ziele verfolgt unisono mit der Kampagne für Honorarmindeststandards?
Nur wenn die Einkommen Freischaffender aus künstlerischer Tätigkeit deutlich steigen, können Prekariat, zunehmende soziale Hilfsbedürftigkeit und letztlich Altersarmut abgewendet werden. Während die Förderrichtlinien der Kulturstaatsministerin z. B. im Programm »Exzellente Orchesterlandschaft Deutschland« die unisono-Honorarmindeststandards bereits zugrunde legen, ist dies flächendeckend in Ländern und Kommunen nicht der Fall. Der Großteil öffentlicher Musikförderung findet aber gerade hier statt. Daher haben am 9. September 2022 um 9 Uhr rund 250 unisono-Mitglieder zeitgleich vor allen 16 Kulturministerien der Länder mit Musikaktionen auf die erforderliche Umsetzung der Honorarmindeststandards in den Ländern aufmerksam gemacht. Nachdem die Konferenz der Länderkulturminister dann am 5. Oktober 2022 die Einführung einer Honorarmatrix für freischaffende künstlerische Tätigkeiten beschlossen hat, haben wir nun alle 16 Länder unmittelbar aufgefordert, die unisono-Honorarmindeststandards möglichst verpflichtend in die Zuwendungsrichtlinien für ihre jeweiligen Musikprojekte zu übernehmen. Ziel unserer Bemühungen ist es, die Einkommenssituation freischaffender Musikerinnen und Musiker insgesamt und möglichst zeitnah substanziell zu verbessern. Das ist überfällig und für die öffentlichen Haushalte auch darstellbar.