Die AfD betreibt seit ihrer Gründung eine systematische Verfälschung und Relativierung der Shoah und der Verbrechen des Nationalsozialismus – dieser Geschichtsrevisionismus ist kein Randphänomen, sondern zentraler Bestandteil ihrer politischen Agenda, er ist Strategie. Die Partei verharmlost den Holocaust, glorifiziert Täter und verhöhnt Opfer. Die AfD empfängt Antisemiten mit offenen Armen. Das müssen wir endlich klar benennen. Ihr Erfolg bei den zurückliegenden Landtagswahlen ist ein offener Angriff auf die erinnerungspolitischen Grundpfeiler unserer Demokratie.
Völkischer Fanatismus: Die AfD und die Demontage der Erinnerungskultur
Es ist kein Zufall, dass der Zentralrat der Juden und das American Jewish Committee immer wieder vor der AfD warnen – jüngst erst kurz vor der verheerenden Wahl in Thüringen und Sachsen. Die AfD hat Antisemitismus nicht nur ständig und systematisch in ihren Reihen geduldet, sondern ihn zum festen Bestandteil ihrer Agenda gemacht. Die Partei bedient sich antisemitischer Rhetorik und versucht, diese in der Gegenwart wieder salonfähig zu machen: Sie stellt jüdische Menschen als Drahtzieher einer globalen Verschwörung dar, die niedersächsische AfD faselt davon, »endlich diesen irren Schuldkult aus Deutschland zu verbannen«.
Alexander Gauland sprach – breit thematisiert – vom »Vogelschiss« in der deutschen Geschichte, Björn Höcke forderte eine »erinnerungspolitische Wende um 180 Grad« – mit der Konsequenz, die Barbarei der Shoah ins Positive zu wenden? Die Wende ist ernst gemeint: Das Deutschland, das Björn Höcke, Alexander Gauland und der AfD vorschwebt, ist ein Land ohne Jüdinnen und Juden, ohne Muslime – ein Land nach der in Potsdam erträumten Remigration, »ethnisch rein«. Die AfD zerschlägt die Grundlage, auf der jüdisches Leben in Deutschland überhaupt möglich ist, sie weigert sich systematisch, eine Lehre aus der Shoah zu ziehen.
Höcke und Gauland sind kein Einzelfall, wie es viel zu oft behauptet wird. Die antisemitische Ideologie der AfD ist nicht nur in den Äußerungen ihrer Mitglieder, sondern auch in ihrer programmatischen Ausrichtung tief verankert. Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 stellte die AfD in einem Antrag an den Deutschen Bundestag einen »importierten Antisemitismus« als einzige »Bedrohung für unser westliches Wertesystem« dar – sie ließ dabei den Eindruck entstehen, dass eine scheinbare »Massenmigration« die einzige Gefahr für Jüdinnen und Juden in Deutschland sei. Sie instrumentalisiert die Opfer des 7. Oktobers und vergisst – vollkommen kalkuliert – dass die antisemitischen Ressentiments in der deutschen Mehrheitsgesellschaft, die in gerader Linie bis nach Auschwitz führen, durch sie wieder ein Podium bekommen. Und sowieso ist klar: Die AfD interessiert sich für Antisemitismus nur, wenn sie Anschläge und Verbrechen für ihren antimuslimischen Rassismus missbrauchen kann.
Gedenkstätten und Erinnerungsarbeit verteidigen: Revisionismus nicht mit uns!
Die revisionistische Ideologie der Partei, die sie seit Jahren verbreitet, trägt Früchte. Jens-Christian Wagner, Direktor der thüringischen Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, schickte kurz vor der Wahl 300.000 Briefe an Thüringer Wählerinnen und Wähler und warnte vor den erinnerungspolitischen Zielen der Partei. Zu Recht. Seit 2015 verzeichnet die Gedenkstätte einen starken Anstieg rechtsextremer Angriffe: Hakenkreuze werden auf das Gelände geschmiert, Bäume, die an den Todesmarsch und an die über 55.000 Ermordeten von Buchenwald erinnern, werden abgesägt, Wagner und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gedenkstätte erhalten Morddrohungen – jeden Tag.
Die AfD macht sich – durch ihre erinnerungspolitische Demontage – an den Angriffen mitschuldig. Sie liefert die politische Rechtfertigung der Gewalt. Erst im Februar forderte die AfD, Wagner zu entlassen. Die Gedenkstätte Buchenwald brauche einen Direktor, »der seine politischen Affekte im Griff hat und den Leuten nicht mit einer stark ausgeprägten Tendenz zum Predigen auf den Senkel geht«. Selten wurde so viel erinnerungspolitischer Unsinn verbreitet. Von hier ist es zur Gewalt gegen Menschen nicht weit.
Die Gedenkstätten sowie lokale Gedenkinitiativen leisten unverzichtbare Arbeit. Sie sind Auffangnetze, zeigen Besucherinnen und Besuchern die Konsequenzen rechtsextremer, antisemitischer Politik und Gewaltherrschaft. Dass die AfD dies verhindern will, ist nichts mehr als logische Konsequenz ihrer Gesinnung. Die AfD ist eine rechtsextremistische Partei, sie ist eine Partei für Antisemiten. Das muss endlich klar benannt werden. Denn: Gedenkstättenarbeit ist immer Erinnerungsarbeit gegen rechts, Ziel ist immer die Resilienz vor Rechtsextremismus. Die Gedenkstätten und lokale Gedenkinitiativen müssen – besonders jetzt – darin gestärkt werden, in ihrer unerbittlichen Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen gemeinsam wahrgenommen zu werden. Besonders jetzt, wo die AfD zeigt, dass ihre erinnerungspolitischen Angriffe nicht bloß Rhetorik sind.