In einer Zeit, in der das Vertrauen in Politik und Medien schwindet, bleiben Museen ein Leuchtturm der Zuverlässigkeit. Dies zeigt die aktuelle Studie »Das verborgene Kapital – Vertrauen in Museen in Deutschland« des Instituts für Museumsforschung, die erstmals umfassend untersucht, wie es um das Vertrauen der Bevölkerung in die Institution Museum steht. In dieser bevölkerungsrepräsentativen Studie wurden etwas mehr als 1.000 Personen aller Altersstufen nach ihrer Perzeption der Institution Museum im Vergleich zu anderen gefragt. Die Ergebnisse sind klar: Museen gehören zu den vertrauenswürdigsten Institutionen. Die Befragten haben ihnen nach Freunden und Familie das höchste Vertrauen ausgesprochen. Dieser Befund mag überraschen, doch ähnliche Studien in anderen Ländern fielen identisch aus. Bisher fehlten für Deutschland entsprechende Daten. Eine Vorgängerstudie aus den USA von 2017 gab für das Institut für Museumsforschung den Ausschlag, analog dazu eine ähnliche Untersuchung für Deutschland durchzuführen.
Vertrauen auf hohem Niveau
Die Studie zeigt, dass Museen in der deutschen Bevölkerung einen besonderen Stellenwert genießen. Sie landen beim Vertrauensranking direkt hinter Familie und Freunden – und noch vor Wissenschaftlern, nationalen Medien und politischen Parteien. Mit einem Vertrauenswert von 7,4 von 10 Punkten bieten Museen einen verlässlichen Anker in einer zunehmend fragmentierten Gesellschaft. Doch warum vertrauen die Menschen Museen so sehr? Die Annahme liegt nahe, dass dies vor allem daran liegt, dass mehr als 80 Prozent Museen als neutrale Informationsquelle wahrnehmen. Während andere Institutionen mit politischen oder wirtschaftlichen Interessen assoziiert werden, sehen die Deutschen Museen als unvoreingenommene Orte, deren Wissen fakten- und forschungsbasiert ist. Gerade in Zeiten politischer Spannungen ist dies von unschätzbarem Wert. Dieser Befund bedeutet jedoch nicht, dass Museen als meinungs- oder gleichsam gesichtslos wahrgenommen werden. Im Gegenteil: Museen nehmen Haltung ein und positionieren sich aufgrund der aus den Sammlungen heraus erarbeiteten Faktenlage. Nicht jedoch, weil sie im Auftrag von »XY« handeln.
Museen als demokratische Brückenbauer
Damit erhalten die Museen in Deutschland einen Vertrauensvorschuss, der mit einer großen Verantwortung einhergeht und Möglichkeiten eröffnet, wirksam zu werden. Museen sind nicht nur Orte der Kunst und Kultur, sondern wichtige Stützen der Demokratie. Sie bieten Räume für Dialog und Reflexion, in denen Menschen unterschiedlicher Hintergründe zusammenkommen können. Diese Funktion ist heute wichtiger denn je. In einer Zeit, in der die Gesellschaft zunehmend gespalten ist, schaffen Museen einen neutralen Raum, der es ermöglicht, verschiedene Perspektiven zu diskutieren – und dabei das Gemeinsame in den Vordergrund zu rücken.
Besonders spannend ist, dass Museen in dieser Rolle als »gesellschaftliche Lagerfeuer« nicht nur Bildung fördern, sondern auch demokratische Werte wie Toleranz und Meinungsvielfalt stärken. Sie schaffen Begegnungen und regen an, die Welt aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Das ist das Kapital, das sie zum Erhalt unserer Demokratie beitragen.
Warum diese Studie für Museen so wichtig ist
Die Studie liefert für Museen in Deutschland nicht nur Bestätigung, sondern auch wertvolle Erkenntnisse für ihre zukünftige Arbeit. Erstmals liegt eine umfassende Datengrundlage vor, die zeigt, wie tief das Vertrauen in Museen verankert ist. Doch die Ergebnisse gehen weit über bloße Zahlen hinaus. Sie bieten konkrete Hinweise darauf, wie Museen ihr Potenzial weiter ausschöpfen können. Denn auch wenn Museen insgesamt gut abschneiden, gibt es Unterschiede. Besonders naturwissenschaftliche und technische Museen sowie botanische Gärten genießen hohes Vertrauen. Kunstmuseen erzielen im Vergleich zu anderen Institutionen ebenfalls überdurchschnittliche Vertrauenswerte, liegen aber im Ranking der unterschiedlichen Museumsarten auf den hinteren Plätzen. Das könnte daran liegen, dass naturwissenschaftlich-technische Museen ihre Forschungsarbeit stärker sichtbar machen. Hier liegt eine Chance: Museen, die stärker ihre Rolle als wissenschaftliche Institutionen kommunizieren, könnten ihr Vertrauen weiter steigern.
Kulturelle Teilhabe für alle
Interessant ist auch, dass soziale Faktoren wie Einkommen oder Bildungsgrad das Vertrauen in Museen beeinflussen. Menschen mit höherem Bildungsabschluss oder höherem Einkommen vertrauen Museen stärker als Menschen mit weniger privilegiertem Hintergrund. Dies zeigt, dass Museen weiterhin daran arbeiten müssen, ihre Angebote für alle gesellschaftlichen Gruppen zugänglich zu machen. Denn obwohl Museen als Institutionen der Bildung und Kultur geschätzt werden, gibt es noch viel Potenzial, um Menschen, die bisher seltener in Museen gehen, besser zu erreichen.
Besonders bemerkenswert ist aus unserer Sicht: Menschen mit Migrationshintergrund bringen den Museen genauso viel Vertrauen entgegen wie Menschen ohne Migrationshintergrund – und sie besuchen Museen etwas häufiger. Hier zeigt sich, dass Museen eine Brücke zwischen verschiedenen kulturellen Gruppen schlagen können und somit einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Integration leisten.
Museen als ein Anker der Demokratie?
In einer Zeit, in der viele Institutionen um das Vertrauen der Bevölkerung kämpfen, stehen Museen auf festem Boden. Sie bieten viel mehr als kulturelle Bildung, sie tragen auch maßgeblich zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und zur Förderung demokratischer Werte bei. Doch um dieses Vertrauen langfristig zu sichern und auszubauen, müssen Museen weiter in ihre Rolle als neutrale und vertrauenswürdige Orte investieren. Dazu sind weitere Forschungsanstrengungen nötig. Eine Folgestudie, die hier qualitativ in die Tiefe geht, ist für das kommende Jahr am Institut für Museumsforschung geplant. Dabei soll erfragt werden, was genau unter den Begriff Vertrauen gefasst wird und wie dieses Vertrauen begründet ist.
Die vorliegende Studie zeigt aber deutlich, dass Museen in Deutschland ein enormes Potenzial haben – als Bildungsstätten, als Orte des kulturellen Austauschs und als Anker der Demokratie. Sie bestätigt nicht nur den hohen Stellenwert von Museen, sondern liefert auch wertvolle Impulse dafür, wie Museen ihre Rolle in einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft noch besser ausfüllen können. Das Vertrauen der Bevölkerung ist ein großes Kapital – und es liegt in der Hand der Museen, dieses Vertrauen weiter zu stärken.