In den kulturpolitischen Debatten spielt die öffentliche Kulturfinanzierung eine wichtige Rolle. Oftmals ist von Einsparungen und gravierenden Einschnitten die Rede. Teilweise sind aber auch Aufwüchse in den Kulturetats zu verzeichnen.

Die aktuelle Diskussion haben wir zum Anlass genommen, die Kulturverantwortlichen in den Ländern nach Einsparungen, Mittelaufwüchsen oder veränderten Prioritätensetzungen zu fragen. Wir haben allen für die Kultur zuständigen Ministerinnen und Minister folgende Fragen gestellt:

  • Wurde der Kulturetat in Ihrem Land erhöht oder wurden Einsparungen vorgenommen? Welche Prioritäten werden bei Ihnen in der Kulturförderung gesetzt? Wie sehen die Perspektiven für 2026 aus?
  • Wurden mit Blick auf die öffentliche Kulturförderung in Ihrem Land für alle künstlerischen Sparten Honoraruntergrenzen eingeführt? Wurden hierfür zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt – oder sehen Sie derzeit von der Einführung von Honoraruntergrenzen ab?

11 von 16 Bundesländern haben geantwortet. Einige Länder konnten unsere Fragen mit Blick auf laufende Haushaltsverhandlungen nicht beantworten. Den Beitrag der Staatsrätin aus Bremen, Carmen Emigholz, lesen Sie in diesem Artikel.


Bremen

Das Gesamtvolumen des Bremer Kulturhaushalts beträgt 108 Millionen Euro für 2025. Der Haushalt von 2023 ist damit in den Jahren 2024 und 2025 im Prinzip fortgeschrieben worden. Hinzu kommen 2024 und 2025 eine fünfprozentige Erhöhung für die Freie Szene und weitere Mittelerhöhungen für die Museen. Zu den Haushalten 2026 und 2027 lässt sich aktuell noch nichts sagen. Mein erklärtes Ziel ist es, angesichts der in den vergangenen Jahren sehr hohen Inflation eine Existenzsicherung und eine verlässliche Förderung trotz der schwierigen Rahmenbedingungen wieder in den Fokus zu nehmen und die Sicherung der kulturellen Infrastruktur etwa für Theater, Museen, Stadtbibliothek, VHS, Musikschule und Bürgerhäuser sowie der Förderung von Projekten der freien Kulturschaffenden, der jungen Szene und der Subkultur zu gewährleisten. Meine Überschrift dazu: zuerst die Menschen, dann die Gebäude.

Darum haben wir auch schon seit einigen Jahren Honoraruntergrenzen in der Projektförderung eingeführt. Diese basieren auf den Honorarempfehlungen der Künstlervereinigungen, die teilweise sehr differenziert nach Tätigkeiten unterscheiden. Grundsätzlich erachten wir für professionelle Künstlerinnen und Künstler angesichts der Kostenentwicklung ein Honorar von 50 Euro pro Stunde als angemessen und haben dies auch im letzten Beschluss zur Förderrichtlinie im Februar 2025 fixiert.

Mit diesen Ergebnissen liegen wir im bundesweiten Vergleich im oberen Feld. Verlässliche Förderung, die Sicherung der kulturellen Infrastruktur über viele Jahre und zugleich die Stärkung der Freien Szene ist ein Kern bremischer Kulturpolitik. Denn Kunst und Kultur wirken sich nicht nur positiv auf viele Aspekte des gesellschaftlichen Lebens aus. Sie bieten zudem einem offenen Diskurs und der produktiven Auseinandersetzung verschiedener gesellschaftlichen Gruppen ein Forum. Und so wird es Menschen ermöglicht, an Kunst und Kultur teilhaben zu können. Hinzu kommt, dass Kultur durch seine breite und über Bremen hinauswirkende interessante kulturelle Landschaft selbstverständlich auch zur Stärkung der Wirtschaft und des Tourismus beiträgt.

Unsere Schwerpunkte sind unter anderem eine Tarifmittelkompensation, eine pauschale Erhöhung um fünf Prozent für sonstige private Zuwendungsempfänger, die Sicherung freier Projektmittel, die Umsetzung wichtiger investiver Maßnahmen und die Einrichtung eines Projekttopfes im Zuge des Prädikats Bremens als »UNESCO City of Literature«. Bisher haben wir das über eine sehr differenzierte Vorgehensweise erreicht. Ob das in den kommenden Jahren möglich sein wird, ist zu bezweifeln. Zunächst einmal versuchen wir, Sparbeiträge zu leisten, die sich auf Bereiche beziehen, in denen Geld erwirtschaftet wurde. Das heißt, wir schauen uns die Rücklagen und damit auch die Einnahmeseite der Kultureinrichtungen genau an. Das sind finanzielle Mittel, die wir abschöpfen können, ohne dass die Existenz der Einrichtungen gefährdet wird. Außerdem geht es darum, Einnahmen zu erzielen, indem man Publikum gewinnt. Das beste Beispiel dafür ist das Theater Bremen mit seiner hohen Auslastung im vergangenen Jahr. Das waren rund 190.000 Besucherinnen und Besucher. Dieser positive Trend setzt sich in der aktuellen Spielzeit fort.

Dazu passt der in kulturpolitischen Debatten bundesweit wieder häufiger auftauchende Begriff »Kultur für alle«, geprägt in den 1970er Jahren von dem Bremer Hilmar Hoffmann. Und genau das ist das Maß, an dem wir uns hier in Bremen orientieren. Jeder und jede muss die Möglichkeit haben, sich am kulturellen Leben zu beteiligen. Das ist für mich der Kern von »Kultur für alle«. Es geht um soziale Barrierefreiheit. Das wurde damals so angedacht, und ich finde, es gibt bei unseren Kultureinrichtungen eine große Offenheit, was das angeht. Jeder kann, so wie er möchte, ins Theater gehen. Außerdem ist das Programm inzwischen diverser und niedrigschwelliger. Die Bremer Kunsthalle zieht ebenfalls Menschen aus ganz unterschiedlichen Hintergründen an; da gibt es manchmal Schlangen bis auf die Straße. Die Beteiligung von Menschen aus unterschiedlichen Milieus und Herkünften klappt hervorragend in unseren Kultureinrichtungen. Ich bin damit sehr zufrieden.

Als Fazit möchte ich betonen: Eine Stadt oder ein Bundesland, das seine Kulturlandschaft kaputtspart, wird daran nicht viel Freude haben. Es wird sich im Bildungsbereich, in der Kriminalitätsrate, bis hin zu Wirtschaftsfaktoren und im Tourismus bitter rächen. Über das hinaus sollte der Eigenwert künstlerischer Produktivität nicht bezweifelt werden. Der typische Reflex, zuerst im Kulturbereich zu sparen, ist kurzsichtig, weil klar ist: Die Einsparungen im Kulturbereich werden keinen Haushalt konsolidieren und stehen in keinem Verhältnis zum kulturellen Verlust. Unser Motto in Bremen lautet: nicht aufgeben, für die Kultur zu kämpfen!

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 4/2025.