Bund und alle Länder sind Träger der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) und finanzieren sie. Der Bund übernimmt 75 Prozent der Betriebskosten, die 16 Länder gemeinsam die restlichen 25 Prozent zu unterschiedlichen Anteilen. Bund und Länder arbeiten im obersten Gremium der SPK zusammen, dem Stiftungsrat. Dort werden alle wichtigen Entscheidungen getroffen, vom Haushalt bis zu Personalentscheidungen von den Museumsdirektionen bis zum Präsidenten/bis zur Präsidentin.
Die SPK ist ein Kind des Kulturföderalismus, ihre Gründung geht auf das Jahr 1957 zurück, als sie bereits als Bund-Länder-Einrichtung konzipiert worden war, was am Ende auch das Bundesverfassungsgericht bestätigte. Bis 1974 waren dann alle westdeutschen Länder in der Trägerschaft, 1992 kamen die neuen ostdeutschen Länder hinzu. Die föderale Konstruktion der Stiftung ist einzigartig und unterstreicht einerseits die Bedeutung des preußischen Erbes für die Kulturnation Deutschland, andererseits trägt sie der Tatsache Rechnung, dass es sich bei der Stiftung um die mit Abstand größte spartenübergreifende Kultureinrichtung unseres Landes mit herausragenden Sammlungen in Museen, Instituten, Bibliotheken und Archiven handelt, die von gesamtstaatlicher Bedeutung sind.
Hinzu kamen schon in den 1950er Jahren eigentumsrechtliche Fragen: Die während des Krieges aus Berlin ausgelagerten Bestände der späteren Stiftungseinrichtungen, insbesondere der Staatlichen Museen zu Berlin und der Staatsbibliothek zu Berlin, sind später etwa im hessischen Wiesbaden und Marburg oder im niedersächsischen Celle zusammengeführt worden, und natürlich stelltesich die Frage nach der Eigentümerschaft, nachdem der Staat Preußen 1947 aufgelöst worden war. Wem gehörten die Kulturgüter nun: als Gesamtheit dem Bund, Teile davon Hessen und Niedersachsen oder etwa doch alles West-Berlin? Die kluge und weitsichtige Entscheidung einer gemeinsamen Trägerschaft von Bund und Ländern löste das Problem und war nach der Wiedervereinigung dann auch eine geeignete Grundlage für die Überführung des größten Teils der Akten des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz aus Merseburg in Sachsen-Anhalt wieder zurück nach Berlin.
So viel zur Geschichte. Diese besondere Vergangenheit der Stiftung gilt es, sich stets in Erinnerung zu rufen. Doch das alleine genügt fast 70 Jahre danach in den 2020er Jahren nicht mehr, das Stiftungskonstrukt muss mit neuem Leben erfüllt werden, auch die gemeinsame föderale Trägerschaft sollte einen deutlich sichtbaren Mehrwert für die Länder aufzeigen. Das ist eines der sieben zentralen Wirkungsfelder unseres Strategieprozesses »SPK 2030« (siehe Reform-Tagebuch, Folge 1).
Die starke Unterstützung der Länder im Reformprozess macht deutlich, dass auch sie die Bewahrung und Pflege dieses Erbes als gemeinschaftliche Verantwortung verstehen und wertschätzen. Dafür bin ich als Präsident der SPK sehr dankbar. Als der Wissenschaftsrat in seinem Gutachten 2020 die Auflösung der Stiftung und die Herausnahme der Länder mit Ausnahme Berlins aus der Trägerschaft empfahl, gab es vonseiten der Länder sofort begründeten Protest und enormen Widerstand. Was der Wissenschaftsrat nämlich nicht berücksichtigt hatte: Das sorgfältig austarierte föderale Gefüge im Kulturbereich in Deutschland wäre erheblich aus dem Gleichgewicht zugunsten des Bundes gekommen.
Alle Einrichtungen der SPK sind im Rahmen ihres Tagesgeschäfts deutschlandweit geschätzte Ansprechpartner. Dass angehende Ägyptologen unbedingt die Büste der Nofretete studieren, leuchtet jedermann sofort ein.Aber wer weiß schon, dass die Landeskriminalämter sich bei kniffligen Fällen illegal verhandelter Aegyptiaca zwecks Beratung auch gern an das Ägyptische Museum wenden? Die Staatsbibliothek etwa unterstützt andere Einrichtungen bei der Archivierung amtlicher digitaler Geodaten. Und das Münzkabinett hat eine Datenbank für ganz Deutschland entwickelt. Viele andere ähnliche Beispiele ließen sich anschließen.
Zugleich übernimmt die Stiftung häufig eine zentrale Rolle bei besonderen kulturellen Aufgaben, die von gesamtstaatlichem Interesse sind. So sind die Geschäftsstellen der von Bund und Ländern finanzierten »Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB)« oder der »Koordinierungsstelle für den Erhalt schriftlichen Kulturguts (KEK)« bei der SPK und ihren Einrichtungen angesiedelt.
Seit exakt 25 Jahren gibt es das sogenannte »Föderale Programm« der SPK, das maßgeblich dazu beigetragen hat, die Stiftung und ihre Einrichtungen in den Ländern bekannter zu machen, indem kuratierte Ausstellungen aus allen Sammlungen für Kultureinrichtungen in den Ländern zugänglich gemacht werden. Wir wollen nun den derzeitigen Strategieprozess der SPK dazu nutzen, dieses Programm gemeinsam mit den Ländern weiterzuentwickeln. Es soll darum gehen, neue Formate ins Leben zu rufen, die über die Bereitstellung von Ausstellungen hinausgehen. Ländereinrichtungen wollen in der Hauptstadt durch sogenannte »Schaufenster« sichtbarer sein. Außerdem muss der Austausch stärker ins Zentrum rücken.
Die Gestaltung des zukünftigen Zusammenwirkens von SPK und Ländern fordert dementsprechend nicht nur alle Einrichtungen der Stiftung heraus, sich neue Gedanken zu machen, sondern auch die Länder. Gemeinsam mit Mitgliedern unseres Stiftungsrats und unserer Referentenkommission haben wir dazu bereits zwei ganztägige ergebnisoffene Workshops durchgeführt. Dabei wurde deutlich, dass es den Ländern ein großes Bedürfnis ist, im Bereich Bildung und Vermittlung intensiver zu kooperieren, unsere gemeinsame Geschichte besser verständlich zu machen sowie auch eine gemeinsame themenfokussierte Jahresplanung in Angriff zu nehmen. Noch stehen wir am Anfang und die ersten Ideen gilt es weiter auszuarbeiten, doch wir möchten bald konkret werden. Dazu gibt es bei der SPK nun erstmals auch die Funktion eines Ansprechpartners für die Länder, der auch die Einrichtungen bei ihren Kontakten in die Länder unterstützt. Eine stiftungsübergreifende AG mit Teilnehmenden aus der Mitarbeiterschaft der SPK soll Partizipation ermöglichen und innovative Impulse aufgreifen.
Die Verstetigung des Austausches mit den Ländern ist ein bleibender Erfolg des Reformprozesses, der viele Gemeinsamkeiten sichtbar macht und beide Seiten voranbringt. Gemeinsam mit den Ländern freuen wir uns allein in diesem laufenden Jahr 2024 schon über eine Vielzahl von Aktivitäten: eine Tagung in Kassel zur Zukunft des kulturellen Erbes, ein Schaufenster für den Musikinstrumentenbau aus dem vogtländischen Markneukirchen in Berlin, Interventionen von Studierenden aus dem Saarland im Bode-Museum, Zeichenunterricht zur Troja-Sammlung in Heidelberg, ein Symposium zur Resilienz gegen rechts in Münster, ein »Weimarer Zimmer« der Klassik Stiftung Weimar in der Staatsbibliothek, ein gemeinschaftliches Gedenken an 200 Jahre Auswanderung nach Brasilien des Ibero-Amerikanischen Instituts mit Rheinland-Pfalz, eine Feier zum 100. Geburtstag des Geheimen Staatsarchivs in Dahlem mit Sachsen-Anhalt, ein Bauhaus-Dinner mit der Kunststiftung Sachsen-Anhalt im bayerischen Selb und im sächsischen Chemnitz sowie unser gemeinsam mit den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen begonnenes Projekt »Kunst, Raub, Rückgabe« zu den vergessenen Lebensgeschichten jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger in Deutschland während der NS-Zeit. Diese Vielzahl und Bandbreite an gemeinsamen Dingen kann sich sehen lassen, macht Lust auf mehr und zeigt das ganze Potenzial unseres neuen Miteinanders von Ländern und SPK eindrucksvoll auf.