Die Kunst- und Kulturbranche musste in den vergangenen Jahren enorme Herausforderungen bewältigen. Pandemiebedingt war der Betrieb von Museen und Theatern, Kinos und Konzerthallen über lange Zeit nicht oder nur eingeschränkt möglich. Tourneen und Festivals mussten reihenweise abgesagt werden. Bis heute hat die Covid-19-Pandemie spürbare Auswirkungen auf den Kulturbereich. Die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine stellen die Branche vor weitere Herausforderungen. Steigende Preise insbesondere bei der Energieversorgung belasten die Kulturbetriebe. Hinzu kommt, dass viele Menschen ihr Freizeitverhalten inflationsbedingt einschränken müssen. An Lebensmitteln und Energie kann nur bedingt gespart werden, beim Konzertbesuch jedoch schon.

Rund 1,8 Millionen Menschen sind in der Kultur- und Kreativbranche tätig. Viele von ihnen wurden durch die multiplen Krisen in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Aus diesem Grund bleibt die soziale Absicherung von Kunst- und Kulturschaffenden ein wichtiges Thema für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Bund und Länder haben viel unternommen, um die akute Not während der Pandemie zu lindern. Hierbei wurden auch Anstöße aus der Branche berücksichtigt. Eine zentrale Maßnahme waren die Corona-Wirtschaftshilfen wie die Überbrückungs- und Neustarthilfen. Mit diesen Hilfen hat die Bundesregierung die wirtschaftlichen Folgen der Krise für Unternehmen und Selbständige deutlich abgefedert. Gleichzeitig haben wir mit dem Kurzarbeitergeld ein Sicherheitsnetz für abhängig Beschäftigte gespannt. In besonders betroffenen Bereichen wie der Veranstaltungsbranche konnten dadurch zahlreiche Arbeitsplätze gerettet werden. Auch der erleichterte Zugang zur Grundsicherung hat vielen Selbständigen aus der Kulturbranche geholfen. Die selbständige Fotografin oder der freischaffende Puppenspieler konnten nun staatliche Hilfe in Anspruch nehmen, ohne ihre Ersparnisse aufbrauchen zu müssen.

Zusätzlich haben wir im Bundesministerium für Arbeit und Soziales auch spezifische Hilfsangebote für die Kunst- und Kulturschaffenden bereitgestellt. Derzeit sind knapp 200.000 Kunst- und Kulturschaffende bei der Künstlersozialkasse versichert. In der Pandemie war uns wichtig, dass niemand diesen Versicherungsschutz aufgrund der Krise verliert. Deshalb haben wir bis zum Jahresende 2022 die Mindesteinkommensgrenze ausgesetzt und den Versicherten deutlich erweiterte Möglichkeiten zu selbständigen Nebenverdiensten eröffnet. Zudem haben wir die Künstlersozialabgabe seit dem Jahr 2021 mit zusätzlichen Bundesmitteln in Höhe von rund 180 Millionen Euro gestützt. Damit konnten wir die negativen Auswirkungen der Pandemie deutlich abmildern. Darüber hinaus gab es in der Krise weitgehende Zahlungserleichterungen und Fristverlängerungen der Künstlersozialkasse.

Der Koalitionsvertrag sieht an verschiedenen Stellen weitere Verbesserungen für die soziale Absicherung der Kunst- und Kulturschaffenden vor – sowohl für abhängig Beschäftigte als auch für Selbständige. Bei der Künstlersozialversicherung haben wir neue Maßnahmen ergriffen, und mit dem 8. SGB IV-Änderungsgesetz zum 1. Januar 2023 die Zuverdienstmöglichkeiten für Versicherte bei nichtkünstlerischen selbständigen Tätigkeiten dauerhaft erweitert. Nunmehr gilt eine flexible Grenze: Werden sowohl eine selbständige künstlerische als auch eine selbständige nichtkünstlerische Tätigkeit ausgeübt, ist für den Versicherungsschutz in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung maßgeblich, welche der Tätigkeiten die wirtschaftlich bedeutendere ist. In jedem Fall gilt aber weiterhin: Neben einer künstlerischen Tätigkeit ist ein Zuverdienst in Höhe der Geringfügigkeitsgrenze von aktuell 520 Euro im Monat möglich. Eine selbständige Malerin etwa, die zusätzlich eine Galerie betreibt, ist also über die Künstlersozialversicherung kranken- und pflegeversichert, solange sie ihr Einkommen überwiegend mit ihrer künstlerischen Tätigkeit erzielt – oder die Einnahmen aus der Galerie unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze bleiben. Verbesserungen gibt es auch beim Versicherungsschutz für Berufsanfänger in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie bei der Zahlung von Beitragszuschüssen durch die Künstlersozialkasse.

Darüber hinaus wurde zum 1. Januar 2023 die Sonderregelung in der Arbeitslosenversicherung für überwiegend kurzzeitig befristet Beschäftigte dauerhaft entfristet. Davon können insbesondere auch Beschäftigte in der Kunst- und Kulturbranche profitieren, z. B. Personen, die wiederholt kurzzeitig für Dreharbeiten angestellt werden. Diese Regelung setzt ein Anliegen des Koalitionsvertrags um, erleichtert den Zugang zum Arbeitslosengeld und trägt insbesondere auch den speziellen Bedingungen von Kunst- und Kulturschaffenden Rechnung. In der Krise hat sich gezeigt, dass es bei der sozialen Absicherung von Selbständigen Lücken gibt. Selbständige müssen in der Regel eigenständig Vorsorge betreiben, was für viele eine Herausforderung darstellt. Hier wollen wir tätig werden, ohne die Menschen finanziell zu überfordern – beispielsweise über den Zugang zur gesetzlichen Rentenversicherung. Krisen erfordern Sofortmaßnahmen – große Anpassungen der Sicherungssysteme hingegen benötigen mehr Zeit. Wir wollen Lösungen finden, die allen Beschäftigten oder Selbständigen gleichermaßen helfen können. Unser Ziel ist ein moderner Sozialstaat, der Menschen trotz unterschiedlicher Erwerbsformen bestmöglich absichert.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 02/2023.