Oliver Schaffer gestaltet Ausstellungen mit Playmobil-Welten. Mit Ludwig Greven spricht er darüber, welchen Zugang das auch zu Alten Meistern schafft – nicht nur für Kinder.

 

Ludwig Greven: Wie ist Ihre Faszination für Playmobil entstanden?

Oliver Schaffer: Das hat alles mit dem Zirkus angefangen. Ich war als Kind großer Zirkusfan, war mit meinen Eltern in allen großen Zirkussen und habe das zu Hause mit Playmobil nachgespielt. Ich war aber damals schon sehr erfinderisch und habe im Playmobil-Katalog angekreuzt, was ich noch für meinen Zirkus brauche. Meine Eltern hat das gewundert, aber ich hatte für alles eine Erklärung: Ein Rettungswagen war für abgestürzte Akrobaten, ein Seehundbecken für eine Wassermanege, Cowboys waren Messerwerfer. Insofern habe ich schon früh gemacht, was ich heute mache – alle Spielwelten und Themen so zusammenzufügen, dass sie etwas komplett Neues ergeben.

 

Und wie ist daraus die Idee erwachsen, damit Ausstellungen zu gestalten?

Darauf hat mich Playmobil gestoßen. Zum 30-jährigen Jubiläum haben sie mich 2004 gefragt, ob ich nicht den Zirkus aus meiner Kinderzeit zeigen wollte. Ich hatte der Firma mal einen Brief mit Fotos davon geschickt, den hat die Pressesprecherin im Archiv gefunden. Und so landete meine Fantasiewelt vom Dachboden meiner Eltern in einer großen Jubiläumsausstellung in Speyer. Ich habe mir eine Woche Urlaub genommen und meinen »Circus Oliver« dort aufgebaut. Das kam so gut an, dass er später sogar im Museum für dekorative Kunst im Pariser Louvre gezeigt wurde. Der Rest hat sich ergeben. Wenn im Lebenslauf steht, dass man im Louvre ausgestellt hat, ist das so etwas Besonderes, dass andere Museen darauf aufmerksam werden. Die haben mich gefragt, ob ich auch die Geschichte der Menschheit und anderes mit Playmobil darstellen kann. Ich habe gesagt: Klar! Und so habe ich dann kontinuierlich meine Sammlung erweitert. Nicht, weil ich alles besitzen will, sondern weil ich immer schaue, was ich für eine Ausstellung gebrauchen kann.

 

Welchen besonderen Zugang ermöglicht Playmobil in einer Ausstellung etwa zur Kunst?

Es schafft einen niederschwelligen Einstieg – egal in welcher Altersgruppe. Jeder kennt Playmobil, jeder verbindet damit Positives und kann etwas damit anfangen. Und zugleich kann die Welt abstrakt mit Playmobil dargestellt werden. Auch schwierige politische, wissenschaftliche oder archäologische Themen, sodass die wichtigen Aspekte sofort zu verstehen sind. Man kann alles begreifen, im Wortsinn. Deshalb interessieren sich Museen dafür, weil sie neue Besuchergruppen erschließen und Kinder für sich begeistern wollen. Und wenn die darüber einiges über das jeweilige Thema lernen, hat man schon viel erreicht.

 

Wer kommt in die Ausstellungen? Vor allem Eltern mit Kindern?

Da ist alles dabei. Natürlich viele Familien. Aber zum Beispiel in einer Ausstellung zu Alten Meistern in Schloss Wilhelmshöhe auch Kunstinteressierte, die eigentlich nur in die Gemäldegalerie wollten. Da wecke ich den Spieltrieb in allen, weil die Besucher die Faszination dieser Kombination sofort begreifen. Im Playmobil-Diorama sehen sie plötzlich ein Detail in einem Gemälde, dass ihnen im Original gar nicht aufgefallen ist.

 

Dürfen die Kinder und auch Große mit dem Playmobil spielen?

Es gibt in den Ausstellungen immer Spieltische. Da können sie ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Die Ausstellung selbst ist hinter Plexiglas. Denn jede Figur, jedes Deko-Element ist wie in einem Gemälde perfekt abgestimmt. Das darf man nicht berühren.

 

Wie lange dauert jeweils die Vorbereitung?

Das ist ganz unterschiedlich. Manchmal dauert es Jahre von der Idee bis zur fertigen Ausstellung. Am liebsten ist mir, wenn mich ein Kurator begleitet. Denn mit Playmobil ist vieles möglich, aber nicht alles. Ich würde zum Beispiel keinen Galgen im Mittelalter mit Henker zeigen, den gibt es auch gar nicht von Playmobil.

 

Fertigt Playmobil für Sie Sondereditionen?

Nein, ich nehme nur Vorhandenes. Ich mag den Rahmen, der mir vorgegeben ist. Um daraus etwas zu schaffen, was es so nicht gibt, etwa die Frankfurter Paulskirche aus einer Römischen Arena.

 

Arbeiten Sie mit der Herstellerfirma zusammen?

Ich bin Markenbotschafter und habe eine Vereinbarung mit ihnen, dass ich die Ausstellungen machen darf, aber ich bekomme kein Geld von Playmobil. Die Themen stimme ich mit ihnen ab, so darf keine Gewalt und kein Sex gezeigt werden. Das will ich auch gar nicht. Da ich fast alles selbst gekauft habe, kann ich ansonsten damit machen, was ich möchte.

 

Kommen Sie nicht dennoch in Verdacht, Marketing für Playmobil zu machen?

Manche Museumsleiter, Presseleute oder Mitarbeiter denken das oder dass ich nur meine Sammlung zeigen will. Aber wenn sie erstmal das Diorama sehen und begreifen, was ich damit aussagen will, schwenkt das oft um in Begeisterung.

 

Wie viele Ausstellungen haben Sie bislang gemacht?

Etwa 80, auch im Ausland. Nur in ein oder zwei Fällen kam die Initiative von mir. Viele Ausstellungen ziehen so viele Besucher an, dass weitere Museen sich bei mir melden. Seit sechs Jahren mache ich nichts anderes mehr. Inzwischen mit einem Netzwerk von Leuten, die mir auch beim Aufbau helfen.

 

Spielen Sie selbst noch mit Playmobil?

Nein. Bei mir zu Hause finden Sie keine einzige Figur. Das ist alles im Hochregallager.

 

Vielen Dank.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 2/2025.