Die Tradition der Bundeswehr ist der Kern ihrer Erinnerungskultur. Sie ist die bewusste Auseinandersetzung mit der Vergangenheit in gewachsenen Ausdrucksformen. Tradition ist damit Bestandteil des werteorientierten Selbstverständnisses der Bundeswehr mit ihren militärischen und zivilen Anteilen. Sie festigt deren Verankerung in der Gesellschaft. Als geistige Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft verbindet Tradition die Generationen und gibt Orientierung für das Führen und Handeln.« So steht es im aktuellen Traditionserlass der Bundeswehr.
Tradition und Erinnerung sind etwas Fundamentales für jede militärische Einheit. Sie wirkt sinnstiftend und schafft ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das im Ernstfall – das heißt im Kampf – entscheidend sein kann über Sieg und Niederlage, über Leben und Tod. Gerade deshalb greift eine alleinige Betrachtung der Binnentradition der Bundeswehr zu kurz. Militärische Exzellenz und die Ursprünge von Truppengattungen der heutigen Bundeswehr finden sich in der deutschen Militärgeschichte, aber auch in der Geschichte von Armeen unserer Partner und sollten immer auch eine Rolle in der eigenen Traditionsbildung spielen. Ließe man diese wichtigen Bausteine aus, würden Luftwaffe und Marine, aber auch Truppengattungen des Heeres wie die Panzertruppe keine Anleihen und Vorbilder aus vergangenen Kriegen in ihre heutige Traditionsbildung einbeziehen können. Herausragende Einzeltaten von besonders tapferen Soldaten, große Schlachtenerfolge von einzelnen Truppengattungen und -teilen, sollten auch heute angemessen in der Traditionsbildung berücksichtigt werden.
Die Bundeswehr ist zu Recht stolz auf ihr Bestehen und ihre Leistungen. Knapp 70 Jahre demokratische Armee in Deutschland sind etwas, auf das wir als Gesellschaft stolz sein können – denn das sind fast sieben Jahrzehnte demokratische Tradition. Die Konzepte des Staatsbürgers in Uniform und der Inneren Führung haben sich bewährt und sind selbstverständlicher Bestandteil unserer Streitkräfte geworden.
Doch militärische Traditionen speisen sich natürlich in großem Maße auch aus dem, wozu Streitkräfte nötig sind: dem Kampf.
Daher steht in den letzten Jahren richtigerweise das Gedenken an die gefallenen Veteranen der Auslandseinsätze der Bundeswehr im Mittelpunkt der Erinnerungskultur. Der Marsch des Gedenkens ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie sich eine Erinnerungskultur aus der Truppe heraus entwickelt und immer mehr Resonanz erzeugt. Die Politik tut gut daran, diese Initiativen zu unterstützen und weiter in die Mitte der Gesellschaft zu holen.
Richtigerweise entspinnt sich daraus derzeit auch wieder die Debatte um einen speziellen Veteranentag der Bundeswehr, wie ihn auch andere Länder begehen. Einen solchen Gedenktag, der sowohl die Leistungen aller ehemaligen Soldaten, der gefallenen Soldaten und den im Dienst ums Leben gekommenen Soldaten würdigt, begrüße ich ausdrücklich. Diese Form des Gedenkens wäre ein weiterer Baustein, um die Leistungen unserer Soldaten auch in der Gesellschaft angemessen zu würdigen und gäbe die Gelegenheit, Gesellschaft und Bundeswehr noch näher zusammenrücken zu lassen.
Bemerkenswerterweise sieht Verteidigungsminister Boris Pistorius, der Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt der Bundeswehr, das Parlament am Zug für Initiativen zu einem möglichen Veteranentag. Diese Aufforderung hat die CDU/CSU mit Stand 20. September 2023 als einzige Fraktion aufgenommen und einen entsprechenden Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht.
Für uns als CDU/CSU steht fest: Politik und Gesellschaft, Regierung und Bundestag müssen zu ihrer Bundeswehr stehen und dürfen die Bundeswehr nicht alleinlassen bei Traditionspflege und Erinnerungskultur.