Aktuell kommen wir aus dem Krisenmodus nicht raus. Nach der Coronapandemie stellen uns nun die massiv steigenden Energiekosten vor enorme Herausforderungen. Kaum hatten wir das Gefühl, ein wenig die Kontrolle wiederzugewinnen, werden wir erneut von großer Unsicherheit heimgesucht. Der Angriffskrieg auf die Ukraine hat den Frieden in Europa rapide beendet, er verursacht katastrophales menschliches Leid, bedroht und zerstört kulturelles Erbe und konfrontiert uns alle mit schwerwiegenden ökonomischen Folgen. In Deutschland sind aktuell vor allem die wirtschaftlichen Auswirkungen spürbar, die Energieknappheit stellt jeden Einzelnen von uns, die Wirtschaft sowie den Kultursektor vor große Herausforderungen.   

Welche Auswirkungen hat die Energiekrise auf die Museen? Zunächst sind es natürlich unmittelbare finanzielle Folgen. Die steigenden Energiepreise, deren genaue Höhe noch unbekannt ist, werden viele Museen nach pandemiebedingten Einnahmeverlusten aus ihren Budgets nicht decken können. Und auch das Einsparpotenzial hält sich in Grenzen. Damit Museen ihren Betrieb sichern und die Vielfalt unserer Museumslandschaft erhalten können, sind sie auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Diese betrifft sowohl entsprechende Mittel für Energiekostennachzahlungen als auch für höhere Energiekosten in den Folgejahren.  

Neben dieser finanziellen Belastung schweben mögliche Schließungsszenarien wie ein Damoklesschwert über den Museen. Debatten über mögliche Schließungen der Museen, erste Meldungen aus dem Ausland, wie die Schließung der Museen in Straßburg an zwei Tagen pro Woche, führen zu Unsicherheit und großem Unverständnis. Haben wir aus den Erfahrungen der Coronapandemie so wenig gelernt? Erfahrungswerte aus der Corona-Schließungswelle belegen, dass eine Schließung der Museen mittelbare soziale und volkswirtschaftliche Schäden verursacht, die zum Nutzen in einem elementaren Missverhältnis stehen. Der Energieverbrauch der Museen hängt zum größten Teil nicht mit den Besucherinnen und Besuchern zusammen. Eine Schließung aufgrund der Energiekrise wäre daher ein rein symbolischer, politischer Akt ohne nennenswerte Wirkung auf den Energieverbrauch. In einer Krise, die physisch und psychisch alle Schichten der Gesellschaft betrifft, sind Museen Orte sozialer Wärme. Als Orte der Bildung, des Austauschs und des gesellschaftlichen Zusammenhalts müssen Museen für die Gesellschaft auch in Krisenzeiten ein fester Bildungs- und Erlebnisort bleiben. 

Doch damit nicht genug. Als kulturbewahrende Einrichtungen tragen Museen, Archive sowie teilweise Bibliotheken eine große Verantwortung. Sie übernehmen die Aufgabe, Kulturgut zu bewahren und vor irreversiblen Schäden zu schützen. Um dieser Verantwortung nachkommen zu können, sind bei sensiblen Sammlungsobjekten spezielle klimatische Bedingungen notwendig. Da das Sammlungsgut in den unterschiedlichen Museen hoch divergent ist, können die konservatorischen Anforderungen für die Umgebungsbedingungen sehr unterschiedlich sein. Eine Bewertung muss von Fachleuten wie Restauratorinnen und Restauratoren vorgenommen werden. Dieser Einschätzung muss vonseiten der Entscheidungsträger Vertrauen geschenkt und die benötigten Ressourcen entsprechend zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet auch, dass Bund, Länder und Kommunen die geeigneten Voraussetzungen schaffen müssen, um die Versorgung der kulturbewahrenden Einrichtungen auch bei Ausrufung der nächsten kritischen Notfallstufe des Gasnotfallplans zu gewährleisten. 

Spätestens seit der Coronapandemie haben Museen ihre Kreativität, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit unter Beweis gestellt. In Krisenzeiten werden sie aktiv, sie finden Lösungen und setzen wirksame Maßnahmen um. So auch aktuell. Mit konkreten Sparmaßnahmen in den Bereichen Energie, Heizung und Beleuchtung sowie museumsspezifischen Anpassungen, wie z. B. der Einführung eines erweiterten Klimakorridors bei der Museumsklimatisierung, leisten die Museen aktiv einen Beitrag, um das 20-Prozent-Ziel zu erreichen. Der Deutsche Museumsbund ebenso wie die anderen Kulturverbände haben zur Unterstützung praktische Handlungsempfehlungen und Energiespartipps für den jeweiligen Sektor zur Verfügung gestellt. Die durch die Pandemie verschärfte finanzielle Situation der Museen begrenzt jedoch den Handlungsspielraum und vor allem dringend notwendige, langfristige Investitionen in diesem Bereich. In Anbetracht der aktuellen Notlage und der Klimakrise sind dringend zusätzliche Mittel notwendig, um den Museumssektor auch langfristig energieeffizienter, ökologischer und nachhaltiger zu gestalten. Die Museen müssen mittelfristig finanziell in der Lage sein, 100 Prozent Ökostrom zu beziehen. Museenmüssen in der Lage sein, eine CO2-Bilanzierung vorzunehmen, Museen benötigen Ressourcen, um Anpassungen mit einem hinreichenden Monitoring und Evaluierungen zu begleiten. Die Förderung energieeffizienter Maßnahmen und Umbauten ist dringend erforderlich. Museen müssen auch deshalb bei Wirtschaftsförderprogrammen stärker berücksichtigt werden. 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 11/2022.