Kunst und Kultur stehen wie kaum eine andere Branche für Erneuerung und Innovation. Künstlerinnen und Künstler sind Impulsgeber für gesellschaftliche Debatten, Motor für gesellschaftliche Veränderungen und Seismograf für wichtige Zukunftsthemen. Zugleich ist die Kulturwirtschaft ein bedeutender Standortfaktor in unserem Land. Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist mit ihren 1,8 Millionen Erwerbstätigen und einem Umsatz von 160,4 Milliarden Euro im Jahr 2020 ein unverzichtbarer Bestandteil der Wertschöpfungskette.

Kunst, Kultur und Kreativität sind jedoch vor allem eins: Sie sind Ausdruck von tiefer Humanität. Sie stiften Identität, Gemeinschaft, Zusammenhalt und Freude für Jung und Alt. Gemeinsames Musizieren und gemeinsamer Tanz schaffen Verbindung zu anderen Menschen und machen Spaß. Eine Buchlesung, ein Museumsbesuch, Computerspiele und Learning-Games fördern die Fantasie, fordern den Intellekt und erweitern den Horizont für Neues. Zweifelsohne sind kulturelle Bildung und eine lebendige kulturelle Infrastruktur Teil der Daseinsvorsorge und gehören in den Alltag aller Bürgerinnen und Bürger.

Gern nutze ich diese Gelegenheit, die Arbeit und das Engagement von unseren Kultureinrichtungen und der Kreativen für ihre Arbeit zu würdigen. Sie sind es, die Freiräume und Foren für neue Ideen zur Vermittlung und der Verbindung von Tradition und Moderne schaffen. Dafür möchte ich ihnen meine aufrichtige Anerkennung und meinen herzlichen Dank aussprechen.

Sicherlich gibt es viele große Kulturnationen in der Welt. Es erfüllt mich jedoch mit Stolz, dass kaum eine andere Nation über einen ähnlichen Reichtum an Chören, Orchestern, Theatern, Museen, Bibliotheken, Archiven, Kunstfestivals, Literaturhäusern und Tanzprojekten wie Deutschland verfügt. Der Kulturföderalismus in Deutschland mit seinem historisch gewachsenen Reichtum an regionalen Identitäten ist eine bereichernde Kraft der Vielfalt, die es zu wahren gilt. Er bildet die Grundlage unserer kulturellen Identität und trägt zu unserem Wohlstand und der politischen Stabilität bei. Wir sind entschlossen, unsere erfolgreiche Kulturpolitik in den Kommunen, den Ländern und im Bund sowie auch in der Opposition unter Einbezug der Kulturverbände konsequent fortzusetzen. Gerade in Zeiten der Krise ist es wichtig, weiter in den Erhalt unserer lebendigen Kulturlandschaft zu investieren.

Es gibt nur wenige Staaten, die für Kunst und Kultur so viele öffentliche Mittel einsetzen wie Bund, Länder und Gemeinden in Deutschland. Über 90 Prozent der Kulturausgaben in Deutschland werden aus staatlichen Haushalten aufgebracht. Weniger als 10 Prozent der Ausgaben für Kunst und Kultur stammen von Privatpersonen, gemeinnützigen Organisationen, Stiftungen und Sponsoren. Nach den Angaben des Kulturfinanzberichts 2022 trugen der Bund mit 17 Prozent, die Länder mit 38,7 Prozent und die Städte und Gemeinden mit rund 44 Prozent den größten Anteil an den Kulturausgaben in Höhe von insgesamt rund 11,4 Milliarden Euro im Jahr 2020.

Dies wäre ohne die Unterstützung der CDU nicht möglich gewesen. Erlauben Sie mir an dieser Stelle kurz einen Blick in die Vergangenheit. In den acht Jahren unter unserer Regierung hat sich unter unserer Kulturstaatsministerin Monika Grütters der Kulturetat des Bundes um mehr als 60 Prozent erhöht. Im Jahr 2013 betrug der Kulturetat des Bundes 1,3 Milliarden Euro. Acht Jahre später, 2021, gelang es, die Schallmauer von 2 Milliarden Euro im Kulturhaushalt zu durchbrechen. Hinzu kamen die Coronahilfen mit weiteren zwei Milliarden Euro für das Programm »Neustart Kultur« sowie 2,5 Milliarden Euro für den »Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen«.

Das war und bleibt eine enorme Leistung. Den Stellenwert von Kultur in der öffentlichen und politischen Wahrnehmung zu heben war auch deshalb möglich, weil die CDU entschlossen war, nicht nur in guten Zeiten, sondern auch während der Coronapandemie die kulturelle Infrastruktur in unserem Land zu bewahren und an der Seite der Kultur- und Kreativwirtschaft zu stehen.

Ich kann es nicht oft genug wiederholen. Ich möchte, dass wir weiterhin ein lebendiges Land bleiben: Von der Pflege und des Erhalts alter Bräuche, heimatlichen Liedguts und Volkstänzen bis hin zur Unterstützung von Opernhäusern sowie von Underground bis Hip-Hop, von Festivals über Clubs bis Theater, vom staatlichen Museum bis zu privaten Galerien sowie der Freien Szene, Schauspiel, Tanz, Malerei, Musik, Film und Gaming. Eine Vielzahl weiterer Genres und Subgenres tragen zum Kulturstandort Deutschland bei. Dieses Ökosystem Kultur in seiner ganzen Breite und Vielfalt werden wir schützen und weiterentwickeln.

Wir werden deshalb sowohl die geförderten Kulturbereiche als auch die nach wirtschaftlichen Kriterien arbeitenden Kreativen nachhaltig unterstützen.

Die Kultur- und Kreativwirtschaft steht erneut vor existenziellen Herausforderungen. Unsere Kreativen und kulturellen Institutionen leiden personell und finanziell unter den Nachwirkungen der Coronapandemie. Der erhoffte Neustart nach der Pandemie im Frühjahr 2022 wurde durch die zunächst explodierenden Preise für Energie und Rohstoffe und der als deren Folge entstandenen steigenden Inflation erschwert. Die allgemein steigenden Lebenshaltungskosten führen zu einer zunehmenden Kaufzurückhaltung des Publikums. Und auch wenn sich die Infektionslage deutlich abgeschwächt hat, so verunsichert immer noch das potenzielle Ausfallrisiko die Kulturschaffenden. Daher meine ich, dass der von der Ampel aufgelegte »Kulturfonds Energie des Bundes« sich als völliger Fehlstart erweist. So sind Einrichtungen und Vereine, die mit Öl oder Holzpellets heizen, davon ausgenommen, der ländliche Raum wird benachteiligt, und überdies soll der Förderzeitraum erst ab Januar 2023 beginnen. Ich kann die Kulturpolitik der Ampel hier nicht nachvollziehen. Dabei ist gerade der Kulturbereich dringendst auf die Unterstützung des Bundes angewiesen, und zwar jetzt.

Wir wollen nicht an Kunst und Kultur sparen. Wir haben wichtige Lehren aus der Coronapandemie gezogen. Diese dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Zum einen haben wir erfahren, dass ein Verstummen der Kultur zur Vereinsamung, ja zur seelischen Verarmung führt. Zum anderen leben viele Künstlerlinnen, Künstler und Kreative von der Hand in den Mund und können weder für Krisen Reserven noch eine Altersvorsorge aufbauen. Wir wollen daher Kreative besser, vor allem in der Künstlersozialversicherung absichern. Außerdem müssen wir noch viel mehr dafür tun, dass diese Menschen von ihrer Arbeit und ihren Werken leben können. Wir müssen als Gesellschaft ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass für kreative Leistungen eine angemessene Vergütung erfolgen muss und hierfür neue Geschäftsmodelle eingeführt werden müssen. Künstlerinnen, Künstler und Kreative müssen mehr als bisher darin unterstützt werden, neue Wege zu beschreiten, Innovationen zu wagen und den digitalen Wandel voranzutreiben.

Dies ist in der Opposition keine leichte Aufgabe. Um mit den Kulturverbänden sowie den Künstlerinnen, Künstlern und Kreativen im Gespräch zu bleiben, hat die CDU daher auf Bundesebene das Netzwerk Kultur und das Netzwerk Medien & Regulierung in dieser Legislaturperiode ins Leben gerufen, um die Themen der Kultur- und Kreativwirtschaft zu diskutieren und voranzutreiben.

Richten wir den Blick in die Zukunft, so ist es an der Zeit, neben der weiteren Unterstützung der krisengebeutelten Kunst- und Kreativszene, eine moderne Kulturpolitik zu machen.

Die zentralen Themen liegen auf der Hand. Erstens geht es um die Unterstützung einer stärkeren Nutzung von digitalen Technologien. Theater, Opern und Konzerthäuser sollen beim gezielten Aufbau digitaler Formate daher massiv unterstützt werden. Auch Museen, Ausstellungsveranstalter und Betreiber von (Kultur-)Denkmälern sollen mehr Förderung bei der Entwicklung digitaler, nachhaltiger und vernetzter Strategien erhalten, um ihre wertvollen Sammlungen und Inhalte noch besser und wirksamer zu präsentieren. So kann die Digitalisierung dafür sorgen, dass Kultur weltweit für alle Menschen, ob jung oder alt und unabhängig von Raum und Zeit, ja selbst in Zeiten von Krisen, erlebbar bleibt.

Damit der »Zusammenhalt in Vielfalt« in unserem Land gelingt, brauchen wir zweitens eine stärkere Zusammenarbeit von nationalen und ausländischen Vereinen und Einrichtungen aus dem Kulturbereich, da diese besonders gut in der Lage sind, Menschen über ethnische, kulturelle und religiöse Grenzen hinweg in einen Dialog zu bringen. Kultur fragt nicht nach Alter, Herkunft, Hautfarbe oder Geschlecht und wirkt als Bindemittel und sozialer Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Angesichts zunehmender Migration im 21. Jahrhundert scheint die Frage der kulturellen Integration der verschiedenen Nationen und Nationalitäten dringlicher denn je.

Drittens und nicht zuletzt muss es uns im Interesse der Nachhaltigkeit darum gehen, unseren Beitrag dazu zu leisten, dass Kultureinrichtungen, Filmproduktionen oder Kulturevents ihren ökologischen Fußabdruck deutlich verkleinern. Dafür brauchen wir eine Stärkung des 2020 gegründeten Aktionsnetzwerks »Nachhaltigkeit in Kultur und Medien«.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 04/2023.