Während seines dreitägigen Staatsbesuchs in Deutschland Ende Mai dieses Jahres äußerte sich der französische Präsident Emmanuel Macron auch zur europäischen Medienpolitik. Beim abendlichen Staatsbankett mit dem Bundespräsidenten betonte Macron, ARTE zur Plattform aller Europäer machen zu wollen. Dazu müssten verstärkt Koproduktionen aus einem europäischen Finanzpool finanziert werden. Bei der ARTE-Zentrale in Straßburg ist die Forderung aus dem Pariser Élysée-Palast auf ein positives Echo gestoßen. Wie die ARTE-Vizepräsidentin Heike Hempel gegenüber dem Blog medienpolitik.net erklärte, habe man sich über die politische Unterstützung von Emmanuel Macron und Frank-Walter Steinmeier gefreut. »Wir merken, dass mehr und mehr anerkannt wird, dass die vielbesagte europäische Plattform dank ARTE keine Utopie mehr ist«, sagt Hempel. Der deutsch-französische Sender wende sich bereits heute mit seinen europäischen Inhalten an ein immer breiteres europäisches Publikum. Dieses Konzept habe sich bewährt, der »proof of concept« ist also erfolgt. Jetzt könne man einen Schritt weitergehen und ARTE zu einer europäischen Plattform von Europäern für Europäer machen.

Im Mai hatte zudem die Rundfunkkommission der Länder, die die Medienpolitik in Deutschland maßgeblich bestimmt, das Vorhaben unterstützt, weitere Produktionen außerhalb von Deutschland und Frankreich zu fördern. Zusätzliche Gelder aus dem Rundfunkbeitrag sollen aber nicht bereitgestellt werden. Damit hängen die Überlegungen Macrons wesentlich von der Bereitschaft Brüssels ab, eine europäische Medienplattform stärker zu finanzieren, denn auch Frankreich will sein Budget nicht erhöhen. Im Vergleich zum Umfang der deutschen und französischen Finanzierung ist der Anteil der europäischen Fördermittel bisher gering, sagt Hempel. Es sei die Ambition des Senders, das europäische Angebot auszubauen, den Programmkatalog in den »neuen« ARTE-Sprachen zu erweitern, ein tägliches europäisches Nachrichtenmagazin anbieten zu können, die dokumentarischen und fiktionalen Angebote zu verstärken ebenso wie mehr Kulturangebote und Konzerte, sodass die europäische Idee nicht abstrakt bleibe, sondern auf der ARTE-Plattform zu einer erfahrbaren und zu Herzen gehenden Angelegenheit werde, so die Vizepräsidentin.

ARTE mit wachsenden Marktanteilen

In Deutschland erreicht das öffentlich-rechtliche Angebot einen Marktanteil von 1,2 Prozent, in Frankreich von 2,9 Prozent (2022). Dazu kommen durchschnittlich 170 Millionen Videoaufrufe im Monat auf der Plattform arte.tvund mehr als 18 Millionen Abonnenten in den sozialen Netzwerken. Über alle Online-Angebote und Verbreitungswege verzeichnete ARTE im vergangenen Jahr mehr als zwei Milliarden Videoabrufe. Mit dem Start auf der TV-Streaming-Plattform Roku Mitte April 2024 erweitert ARTE seine umfassende Präsenz auf digitalen Plattformen und Ausspielwegen zusätzlich. Die ARTE-App ist damit auf allen relevanten Smart-TV-Plattformen, Connected Devices und Set-Top-Boxen in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Polen und UK zu finden, darunter Samsung, LG, Amazon Fire TV, Google TV, Android TV und Apple TV.

Tausende von Programmstunden sind auf arte.tv kostenlos in sechs Sprachen (Deutsch, Französisch, Englisch, Spanisch, Italienisch und Polnisch) nutzbar. Der Gemeinschaftssender verfügt heute über ein Netzwerk aus elf europäischen Partnersendern – RTVE in Spanien, LTV in Lettland, LRT in Litauen, Film Fund Luxemburg, RTÉ in Irland, RAI in Italien, CT in Tschechien, ORF in Österreich, YLE in Finnland, SRG SSR in der Schweiz, RTBF in Belgien. Mit diesen Sendern setzt ARTE auch gemeinsame Koproduktionsprojekte in allen Genres um. Dank dieses einzigartigen Partnernetzes bestehen 85 Prozent des Programms aus europäischen Produktionen. Nahezu die Hälfte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist heute in diesem Netzwerk vertreten, das weiterwächst.

Finanzierung von ARTE

Als öffentlich-rechtliches Angebot wird ARTE zu 95 Prozent von Deutschland und Frankreich finanziert. Beide Länder übernehmen die Finanzierung im gleichen Umfang. ARTE strahlt keine Werbung aus, eine Teilfinanzierung durch Sponsoring ist jedoch zulässig. Der Sender ist in Form einer europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (Groupement Européen d’Intérêt Économique, abgekürzt GEIE) organisiert, die aus den Mitgliedern ARTE France und ARTE Deutschland TV GmbH mit ihren Gesellschaftern ARD und ZDF besteht. ARTE Deutschland und ARTE France finanzieren zu gleichen Teilen den zentralen Gesellschaftssitz von ARTE GEIE in Straßburg und liefern jeweils 40 Prozent des Programms, das sie (ko-)produzieren oder erwerben. Die restlichen 20 Prozent kommen von der Zentrale ARTE GEIE und den europäischen Partnersendern. Das Verfahren zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Sender und damit auch des ARTE-Anteils am Rundfunkbeitrag sind im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag geregelt. So wie für ARD und ZDF ermittelt ihn die Beitragskommission KEF und weist den deutschen Bedarf auch in einem eigenen Kapitel des zweijährlichen Berichts aus.

In Frankreich wurde der Rundfunkbeitrag, der jährlich von allen Haushalten mit Fernseher erhoben wurde, im Jahr 2022 abgeschafft. Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erfolgt bis Ende 2024 über einen Teil der Mehrwertsteuer. Sie finanziert die fünf öffentlichen französischen Medienanstalten: France Télévisions, Radio France, France Médias Monde, das Institut national de l’audiovisuel (INA) sowie ARTE France. Jede öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt hat mit dem Staat einen Ziel- und Mittelvertrag (COM) über einen Zeitraum von mehreren Jahren abgeschlossen, in dem die Strategie des Unternehmens und die zugewiesenen Mittel festgelegt sind.

Die KEF stellte einen Finanzbedarf für den deutschen Anteil für ARTE in Höhe von 859,9 Millionen Euro (jährlich 215 Millionen Euro) für 2025 bis 2028 fest. Im Vergleich zu 2021 bis 2024 erhöht sich der Finanzierungsbeitrag um 76,8 Millionen Euro (9,8 %). Dieser Aufwand umfasst auch den deutschen Anteil an ARTE GEIE. Das Budget für ARTE GEIE betrug 2022 149 Millionen Euro. Da die Produktionskosten in Deutschland und Frankreich unterschiedlich sind, lässt sich der französische Beitrag an der »Gesamtveranstaltung« ARTE nicht so genau beziffern. Festgelegt ist jedoch, dass beide Seiten einen identischen Anteil an Programmminuten zuliefern müssen.

ARTE als europäische Plattform

ARTE wurde 1991 durch einen Staatsvertrag vom 2. Oktober 1990 zwischen der Französischen Republik und den damaligen zehn westdeutschen Ländern und West-Berlin gegründet und ging am 30. Mai 1992 auf Sendung. Bereits im Gründungsvertrag ist als Auftrag festgelegt, das Verständnis und die Annäherung zwischen den Völkern in Europa zu festigen und ein gemeinsames Fernsehprogramm anzubieten, »welches der Darstellung des kulturellen Erbes und des künstlerischen Lebens in den Staaten, Regionen und der Völker Europas und der Welt dienen soll«. Für Heike Hempel steht außer Frage, dass mehr denn je ein Qualitätsangebot wie ARTE, das gleichzeitig das europäische kreative Schaffen fördert, notwendig ist. »Wir leben in einer Zeit mit zunehmenden gesellschaftlichen Spaltungen, extremistischen Tendenzen und Fake-News-Kampagnen, die die Menschen eher auseinanderbringen wollen, als zusammenzuführen. Es ist wichtig, dass Medienangebote wie ARTE den Menschen in Europa unterschiedliche Perspektiven und Standpunkte aufzeigen, die verschiedenen Lebensrealitäten in Europa abbilden und zugänglich machen, Vielfalt zum Ausdruck bringen und insgesamt den Austausch fördern«, sagt die ARTE-Managerin.

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 7-8/2024.