Die aktuellen politischen Ereignisse im In- und Ausland stellen den Zusammenhalt unserer Gesellschaft auf eine harte Probe. Kriege, Demokratiefeindlichkeit, Antisemitismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit führen zur Spaltung und Polarisierung der Gesellschaft. In einer Zeit, in der die Zusammenhänge in jeder Hinsicht – politisch, ökonomisch, kulturell und sozial – immer komplexer werden, fühlen sich viele verunsichert. Wir haben das Gefühl, von einer Krise in die nächste zu laufen und sehnen uns nach Ruhe und Sicherheit. Museen spielen in solchen Krisenzeiten eine besonders wichtige Rolle. Sie geben Orientierung. Museen bieten Halt, Erklärung, Begleitung und Unterhaltung.

Um als Krisenbegleiter wirken zu können und ihre gesellschaftliche Rolle in all ihren Facetten ausführen zu können, müssen Museen in Krisen selbst handlungssicher sein. Als Deutscher Museumsbund haben wir daher den Schwerpunkt »Orientierung in Krisenzeiten« auf die Agenda gesetzt. Wir beobachten und analysieren den Einfluss der unterschiedlichsten ökologischen, geopolitischen und gesellschaftlichen Krisen auf die Museumslandschaft und bieten Museen strategische Impulse und praktische Lösungsansätze, um Transformationsprozesse anzustoßen und zu begleiten. So stand die Jahrestagung 2024 des Deutschen Museumsbundes in Aschaffenburg unter dem Titel »Museen durch Krisen navigieren«. Ganz konkret, praxisnah und kontrovers widmeten sich rund 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer dem Umgang der Museen mit Krisen.

Dazu gehört auch die Krise der Demokratie. Immer mehr Museen in ganz Deutschland sind unmittelbar mit rechtspopulistischen Anfeindungen konfrontiert – angefangen bei Pöbeleien und demokratiefeindlichen Parolen in den sozialen Medien über gewalttätige Übergriffe bis hin zu politischer Einflussnahme. Fragen nach Handlungsoptionen, nach der richtigen Haltung im Umgang mit Populismus sowie dem Schutz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Besucherinnen und Besuchern treiben die Museen um.

Als Interessenvertretung der Museen und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzt sich der Deutsche Museumsbund intensiv mit der gesellschaftlichen Rolle der Museen auseinander. Für uns ist klar: Es geht dabei um »Demokratie & Bildung«, »Toleranz & Verständigung« sowie »Verantwortung & Diskurs«. Was wir darunter verstehen, haben wir in unseren Werten formuliert:

 

Demokratie und Bildung

Bildung macht Menschen zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern. Bildungsorte wie Museen stärken die Demokratie. Sie vermitteln komplexe Zusammenhänge und bieten Diskursen einen Ort. Dadurch beugen sie polarisierenden Desinformationen vor und tragen zur Prävention von Extremismus und Populismus bei.

 

Toleranz und Verständigung

Museen setzen sich für einen respektvollen Umgang mit allen Menschen ein. Durch Offenheit, Multiperspektivität und Meinungsaustausch fördern Museen Verständigung, Toleranz und Vielfalt. Durch diese Arbeit helfen sie, Unterschiede zu überwinden und Gemeinsamkeiten zu finden.

 

Verantwortung und Diskurs

Museen sind gleichermaßen Orte der Geschichte und der Innovation. Sie übernehmen Verantwortung für Objekte, Geschichten und Erinnerungen und verbinden sie mit gesellschaftlichen Debatten. Sie handeln dabei unabhängig, sensibel und nachhaltig, eröffnen neue Blickwinkel und Zukunftsperspektiven.

 

Diese Werte basieren auf dem Grundgesetz, dem Fundament unseres Zusammenlebens in einem freien und demokratischen Rechtsstaat. Am 23. Mai 2024wurde das Grundgesetz 75 Jahre alt. Das bedeutet: 75 Jahre Frieden und 75 Jahre persönliche und politische Freiheit. Aktuell merken wir, dass all das nicht selbstverständlich ist. Auch Werte, denen wir uns verpflichtet fühlen und die wir als selbstverständlich erachten, gehören nicht mehr zwingend zum gesellschaftlichen Konsens. Der Schutz unserer Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit ist auch eine Aufgabe der Museen.

Wir brauchen öffentliche Streitgespräche, bei denen mehrere Rednerinnen und Redner nach festgelegten Regeln miteinander diskutieren, Argumente und Gegenargumente zu einer Frage oder einem bestimmten Thema austauschen und anhören – mit Respekt. Museen sind wichtige Orte für Debatten und Austausch. Sie setzen sich mit Objekten, Geschichten und Erinnerungen auseinander, vermitteln komplexe Inhalte und kontextualisieren aktuelle Ereignisse. Sie ermöglichen einen künstlerischen sowie wissenschaftlichen Diskurs in einem geschützten Raum. Damit stärken sie die Debattenkultur und sind für eine demokratische Gesellschaft und ihre Themen unverzichtbar. Um diese Rolle ausfüllen zu können, müssen Museen frei über ihre Programme und Inhalte entscheiden können.

Doch viele Museen unterliegen der öffentlichen Hand und stehen damit in der Verwaltung politischer Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger. Sind sie dadurch der verlängerte Arm des jeweiligen politischen Systems? Wieviel Freiheit hat ein Museum und wieviel Einfluss hat und nimmt die Politik auf die Arbeit der Museen? Welche Instrumente stehen Museen zur Verfügung, um umgekehrt auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen? Aktuelle Beispiele aus der Museumlandschaft zeigen, dass es an der Zeit ist, diese Fragen öffentlich zu diskutieren und klare Forderungen zu stellen.

Als Deutscher Museumsbund greifen wir diese Fragen und Diskussionen auf. So widmen wir unsere Jahrestagung 2025 dem Thema »Museen als Macher der Demokratie« und beleuchten die Aufgaben und Grenzen von Museen in und für eine demokratische Gesellschaft. Mit unserem neuen Newsletter Museumspolitik informieren wir über aktuelle museumspolitische Themen und platzieren sie bei unseren Mitgliedern, der Politik, in den führenden Medien und bei Partnerverbänden. Wir beziehen Stellung für die Interessen der Museen und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, veröffentlichen zukunftsorientierte Positionen und formulieren klare Forderungen. Wir sind überzeugt, dass der Museumssektor mit mehr als 7.000 Institutionen in jeder kulturpolitischen Entscheidung berücksichtigt werden muss. Als Orte für Bildung und Austausch stärken Museen die Debattenkultur und sind

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 6/2024.