Die »Ampel-Regierung« ist mit dem Anspruch angetreten, eine wertegebundene Außenpolitik zu vertreten. Insbesondere Bündnis 90/Die Grünen tragen diesen Begriff mitunter wie eine Monstranz vor sich her. Dass auch vorherige Regierungen sich einer wertegebundenen Außenpolitik verpflichtet fühlten, arbeitet Frank Bösch im Buch »Deals mit Diktaturen« heraus. In der Einleitung schreibt er: »Wertebasiert war allerdings bereits die frühe Politik in der Ära Adenauer, die sozialistische Staaten sanktionierte und antikommunistische Autokratien tolerierte oder gar akzeptierte.«

In seinem Buch setzt sich Bösch mit der Außenpolitik gegenüber dem Iran, Francos Spanien und Salazars Portugal, der Sowjetunion, mit der Bedeutung migrantischer Proteste, mit dem Umgang mit den Diktaturen in Griechenland und in Südkorea, mit Lateinamerika und Afrika, Gaddafis Libyen und schließlich der China-Politik auseinander. Gleich zu Beginn unterstreicht er, dass es insbesondere die Diktaturen waren, die der jungen Bundesrepublik Aufmerksamkeit schenkten und bereit für einen Staatsbesuch waren. Der erste Besuch eines US-Präsidenten fand 1959 für einen halben Tag statt, der französische Staatspräsident Charles de Gaulle besuchte die Bundesrepublik erstmals 1961. So waren die Besuche des persischen Schahs oder des äthiopischen Kaisers Haile Selassie Anfang der 1950er Jahre die ersten Staatsbesuche, die mit entsprechendem Prunk begangen wurden. Koordinaten für den Umgang mit Diktaturen waren für die junge Bundesrepublik die Hallstein-Doktrin sowie das Drängen der deutschen exportorientierten Wirtschaft nach Handelsbeziehungen. Ein besonderes Augenmerk richtet Bösch auf das Wirken von Amnesty International. Kenntnisreich, fundiert und sehr gut zu lesen, bietet das Buch einen sehr spannenden Einblick in eine andere wertegeleitete Außenpolitik.

Frank Bösch. Deals mit Diktaturen. Eine andere Geschichte der Bundesrepublik. München 2024

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 6/2024.